Stellungnahme zum gemeinsamen Antrag der GRÜNEN und SPD Fraktion bezgl. Antrag zur Aufhebung des Bebauungsplanverfahrens Heimfeld 54
Die Daimler AG betreibt im Ortsteil Heimfeld seit 1978 ein Automobilwerk, das aus den 1935 gegründeten Tempowerken hervorgegangen ist. Damit das Hamburger Automobilwerk weiterhin ein wichtiger Bestandteil im konzerninternen Produktionsverbund, insbesondere für Herstellung von Antriebskomponenten der Elektromobilität, Achsen und Achskomponenten, Lenksäulen, Leichtbaustrukturteilen sowie Komponenten der Abgastechnologie bleibt, wurde von Seiten der Konzernleitung im Rahmen einer Zukunftsstrategie entschieden, dass der bestehende Betriebsstandort um ein Plant Consolidation Center (PCC) ergänzt werden soll.
Als geeignete Fläche wurden die unmittelbar nordwestlich des heutigen Werksgeländes der Daimler AG gelegenen Flächen zwischen den Gleisen der Hafenbahn, dem Fürstenmoordamm und der BAB 7 identifiziert. Das PCC sollte nach Angaben des Unternehmens als eine dem eigentlichen Werk vorgeschaltete Lager- und Logistikfläche zur bedarfsgerechten und termingerechten Versorgung mit Produktionsmaterialien dienen.
Um wesentliche Teile der Verkehre über die Bahn abwickeln zu können, sollte das PCC einen Gleisanschluss erhalten, hierzu war ein von den angrenzenden Gleisanlagen der Hamburger Hafenbahn abgehendes Werksgleis vorgesehen. Aufgrund der betrieblichen Abläufe war es nach Angaben des Konzerns erforderlich, dass das Logistikzentrum unmittelbar an das bestehende Werksgelände der Daimler AG angebunden wird. Die Querung der Gleisanlagen der Hafenbahn, die die beiden Betriebsteile trennt, sollte durch eine neu herzustellende Brücke erfolgen.
Das künftige PCC sollte nach den Vorgaben der Daimler AG durch einen externen Projektentwickler umgesetzt werden. Die Grundstücke der Werksergänzung sind derzeit im Besitz der Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG, diese sieht die Bereitstellung der Flächen an einen Projektentwickler über einen Erbbaurechtsvertrag vor.
Im Rahmen vorangegangener Entwicklungsüberlegungen sollten mit dem Bebauungsplan Heimfeld 42 / Moorburg 7 die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erweiterung eines auf südlich an das Plangebiet angrenzenden Flächen geschaffen werden. Von Seiten der Konzernleitung des Automobilwerks wurde eine stetige Erweiterung des Produktionsprogramms in qualitativer und quantitativer Hinsicht geplant. Damit der Hamburger Betriebsstandort an dieser Wachstumsentwicklung teilhaben und weitere Arbeitsplätze zur Verfügung stellen könne, würden Entwicklungsflächen über die bisherigen Werksgrenzen hinaus benötigt. Vor diesem Hintergrund sollte der überwiegende Bereich der Flächen südlich der Straße Fürstenmoordamm - d.h. westlich und östlich vom Werksgelände - als Industrie- bzw. Gewerbegebiet planungsrechtlich gesichert werden.
Das o.g. Bauverfahren wurde durch den Aufstellungsbeschluss H 3 / 03 vom 2. Juli 2003 (Amtl. Anz. S. 2913) formell eingeleitet. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung (d.h. öffentliche Plandiskussion) mit öffentlicher Unterrichtung und Erörterung hat nach der Bekanntmachung vom 1. November 2002 (Amtl. Anz. 2002 S. 4563) am 28. November 2002 stattgefunden. Im Jahr 2004 wurde im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange der Arbeitskreis I durchgeführt. Nach dem Arbeitskreis I wurde das Planverfahren jedoch nicht mehr weitergeführt, da seitens der Daimler AG der Planungsstand zur geplanten Werkserweiterung und die erforderlichen Flächenbedarfe nicht weiter konkretisiert wurden.
In der Sitzung der Bezirksversammlung Harburg vom September 2019 wurde mehrheitlich beschlossen, den damals bestehenden Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2002 formell einzustellen, da das Bebauungsplanverfahren Heimfeld 42 / Moorburg 7 seit 2004 ruhte. Neue Planungen sahen vor, die künftige Erweiterungsfläche zwischen den Gleisen der Hafenbahn, dem Fürstenmoordamm und der BAB 7 deutlich zu reduzierten und die Gemarkung Moorburg nicht mehr zu überplanen. Da zudem sämtliche gutachterliche Untersuchungen veraltet waren und die Planungsziele sowie der Planungsstand zur geplanten Werkerweiterung sich wesentlich geändert sollte ein neues Verfahren eingeleitet werden.
Am 26.11.2019 stimmte die Bezirksversammlung Harburg der Einleitung des neuen Bebauungsplanverfahrens Heimfeld 54 sowie der Durchführung einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung mehrheitlich zu.
Die Bebauung der Fläche war umstritten, da es sich bei der Erweiterungsfläche ca. 21 ha großen Gebiet handelt, auf dem sich heute sehr wertvolle Niedermoorböden von hohen ökologischen Wertigkeiten, die besonders streng geschützte Tier- und Pflanzenarten und gesetzlich geschützte Biotoptypen beherbergen. Moore sind überaus wichtige CO2 Speicher die vor dem Hintergrund der Klimakrise und der Einhaltung des Paris Abkommens als absolut schützenswert gelten.
Die Zustimmung der Fraktionen der Grünen und der SPD erfolgte deshalb nur unter sehr strengen Auflagen.
Im November 2020 wurde bekannt, dass Daimler die Erweiterungspläne vorerst nicht weiterverfolgen würde. Grund waren nach Angaben von Daimler, der derzeit Corona-bedingt schwächelnde Markt für Automobile.
Die Bezirksversammlung fordert die Verwaltung auf, das Bebauungsplanverfahrens Heimfeld 54 einzustellen.
Die Bezirksversammlung fordert den Senat auf, die Fläche die im Portfolio der Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG für die Vermarktung bereitsteht bis auf weiteres nicht mehr zu vermarkten.
BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG
Der Vorsitzende
01.04.2021
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen nimmt zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Anlass
Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Harburg hat in seiner Sitzung am 09.02.2021 den Antrag der GRÜNEN und SPD-Fraktion zur Aufhebung des Bebauungs-planverfahrens Heimfeld 54 (Drs. 21.1187) einstimmig beschlossen und empfiehlt der BSW gemäß § 27 BezVG, die im Petitum dargestellten Forderungen umzusetzen. Es wird um Stellungahme gebeten.
Die Bezirksversammlung Harburg fordert die Harburger Verwaltung auf, das Bebauungs-planverfahren einzustellen. Die Bezirksversammlung Harburg fordert den Senat auf, die Fläche die im Portfolio der Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG für die Vermarktung bereitsteht bis auf weiteres nicht mehr zu vermarkten.
Empfehlung
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) empfiehlt nach vorheriger Abstim-mung mit der Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) das Bebauungsplanverfahren nicht einzustellen, sondern stattdessen zunächst ruhen zu lassen.
Hintergrund
Die für die Erweiterung vorgesehenen Flächen im Bebauungsplanentwurf Heimfeld 54 sind im Flächennutzungsplan als „Gewerbliche Bauflächen“ dargestellt. Die „Fläche mit Klä-rungsbedarf“ im Landschaftsprogramm soll parallel zum Bebauungsplanverfahren in das Milieu „Gewerbe/Industrie und Hafen“ geändert werden. Auf der Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung ist somit eine gewerbliche Nutzung für diesen Bereich vorgesehen. Dieses Ziel soll aus Sicht der BSW auch nicht geändert werden.
Aus Sicht der BWI ist es nicht ausgeschlossen, dass die Erweiterungspläne der Mercedes Benz AG (MBAG) bald wieder aufgenommen werden könnten. Ein Ruhen des Verfahrens wäre ein positives Signal an die MBAG, dass die Stadt gegenüber einer möglichen Erwei-terung zur Sicherung des Standorts und seiner vielen Arbeitsplätze weiterhin und jederzeit offen gegenüber steht. Dies ist vor dem Hintergrund der derzeitigen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft von besonderer Bedeutung.
Dieses Signal wäre insofern von großer Bedeutung, da die Automobilwirtschaft insgesamt sowie auch die MBAG sich durch die aktuelle Mobilitätswende in einem tiefgreifenden Wandel befinden, der für alle Standorte Folgen haben kann. Diese Transformation ist zu-dem von sich laufend weiter entwickelnden oder sich auch ggf. wieder ändernden strategi-schen Entscheidungen geprägt. Der Standort Hamburg der MBAG hat grundsätzlich in dieser Transformationsphase aufgrund seiner Ausrichtung für eine elektromobile Zukunft gute Chancen, die es zu wahren gilt.
Aus wirtschaftspolitischer Sicht soll das Werk Hamburg nicht nur Bestand haben, sondern sich auch jederzeit unter Wieder-aufnahme der Planungen weiterentwickeln. Da die öffent-liche Kommunikation des Unternehmens aus Sicht der BWI hinsichtlich der Frage, inwie-weit die aktuellen Pläne nur bis auf weiteres oder längerfristig zurückgestellt werden, nicht eindeutig genug war, steht die BWI inzwischen in direkten Gesprächen mit der MBAG, um die Perspektiven für das Werk in Heimfeld, die potenzielle Erweiterung und die zeitliche Planung zu erörtern. Zudem hat die BWI die Harburger Mehrheitsfraktion (SPD und GRÜNE) zu einem Abstimmungsgespräch in die Behörde für Wirtschaft und Innovation eingeladen.
Bis zur Klärung der Erweiterungsperspektive für das Werk kann das vom Bezirksamt Har-burg geführte Bebauungsplanverfahren Heimfeld 54 ruhend gestellt werden. Hierfür sind keine formalen Verfahrensschritte notwendig. Bei der Wiederaufnahme des Verfahrens kann das Bezirksamt sodann an den bisherigen Verfahrensverlauf anknüpfen. Eine Wie-derholung von Verfahrensschritten ist in der Regel nicht erforderlich. .
gez. Heimath
f.d.R.
Riechers