21-2169.01

Stellungnahme zum Antrag FDP Fraktion bzgl.: HVV - Pünktlich in Harburg

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

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11.10.2022
Sachverhalt

Der HVV (Hamburger Verkehrsverbund) stellt mit seinem Mobilitätsangebot einen wichtigen Baustein in der Verkehrswende und in der Erreichung der Klimaschutzziele für die Stadt Hamburg und auch für den Bezirk Harburg dar. 

Während immer mehr Harburger durch die Bedienung von Push-Faktoren (Push-Faktoren drängen einen dazu das Auto stehen zu lassen, im Gegensatz dazu ziehen einen die Pull-Faktoren durch attraktive Angebote zum ÖPNV) zur Nutzung des HVV gebracht werden sollen, wird sich aber wenig um die reale Verbesserung der ÖPNV-Angebote (öffentlicher Personennahverkehr) gekümmert. Gerade in Harburg wird sich häufig bei den Bahnlinien über Verspätungen beschwert und der HVV gilt nach wie vor bei vielen Harburgern als ein unzuverlässiges Verkehrsmittel. 

Die Pünktlichkeitsgarantie vom HVV mit einer Geld-zurück-Garantie stellt dabei nur einen kleinen Trost dar, da diese die notwendige Zuverlässigkeit nicht erhöht. Schaut man sich z. B. den Qualitätsbericht vom HVV an, so werden einige wenige Probleme bei der Unterschreitung des vereinbarten Zielkorridors im Bereich der Pünktlichkeit benannt, aber ohne große Beschreibung eines Handlungsbedarfes stehen gelassen. Gerade die Strecke der Harburger S3 wird als Störfallfaktor benannt. Ein Zustand, der für den Bezirk Harburg nicht hinnehmbar sein kann. 

Um den HVV als reale Alternative im täglichen Mobilitätsverhalten vieler Harburger zu integrieren, bedarf es einer Steigerung der Zuverlässigkeit und der Pünktlichkeit. 

Dieses gilt gerade für das wichtigste ÖPNV-Verkehrsmittel, der S-Bahn. 

Um einen Überblick über die bisherigen Maßnahmen im Zusammenhang mit Verspätungen an den Harburger Haltestellen zu bekommen, bedarf es dabei einer umfassenden Auflistung von Verspätungen, den Störungsgründen und den bisherigen und den geplanten Lösungsansätzen. Ziel muss es sein, dass Harburg mindestens bei der S-Bahnstrecke, einen zuverlässigen ÖPNV-Anschluss bekommt, gerade in den Hauptverkehrszeiten.

Petitum/Beschluss

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, bei den Verkehrsbetrieben einen schriftlichen Bericht über die Vorkommnisse und Ursachen von Verspätungen der S-Bahn sowie den bisherigen Lösungsansätzen an Haltestellen im Bezirksamtsbereich Harburg einzuholen.

 

 

 

 

BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG    

Der Vorsitzende        

  09.09.2022

 

Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende nimmt zu dem Antrag wie folgt Stellung:

 

Derzeit wird seitens des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) zusammen mit den Verkehrsunternehmen an dem Aufbau eines Pünktlichkeitsmonitoring gearbeitet. Zum Sachstand wird die zuständige Behörde Ende des Jahres 2022 der Hamburgischen Bürgerschaft berichten.

Die Betrachtung wird dabei auch auf die Gesamtsituation gerichtet; eine Auswertung allein für den Harburger Ast wäre nicht zielführend, weil sich Störungen meist im Gesamtnetz auswirken bzw. deren Ursache auf Streckenabschnitten außerhalb Harburgs liegt.

 

1. Allgemeine Betriebslage

Konkret waren zu Beginn dieses Jahres einzelne Langsamfahrstellen und Signalstörungen Auslöser von unpünktlichen Zugfahrten im Gesamtnetz. Zudem wurde die Pünktlichkeit nach Ostern durch das insgesamt stark ansteigende Fahrgastaufkommen sowie durch das vermehrte Baugeschehen beeinflusst.

Die sehr umfangreichen, lange geplanten, vorrangig während der Ferienzeiten oder am Wochenende durchgeführten Modernisierungs- und Instandhaltungsarbeiten haben zu einer zeitweilig sehr hohen Belastung des Systems geführt, zumal dies zeitweilig auf die erhöhte Nachfrage des kurzfristig eingeführten "9-Euro-Tickets" getroffen ist.

Vollständige Ausfälle von Zugfahrten sind im Gesamtnetz seit Jahresbeginn stark rückläufig. Kam es dennoch zu Ausfällen, so sind etwas mehr als die Hälfte aller Ausfälle auf externe Störungen zurückzuführen (Witterung, behördliche Maßnahmen). Dabei sind die S-Bahn-Äste nach Bergedorf, Eidelstedt und Harburg gleichermaßen betroffen durch Fahndungs- und Ermittlungsarbeiten der Bundespolizei. Rund ein Viertel der Ausfälle resultieren aus Mängeln der Infrastruktur (Signale, Weichen, Bahnübergänge, Oberbau).

Generell ist die Pünktlichkeit der S3/S31 gegenüber dem Restnetz regelmäßig leicht unterdurchschnittlich. Dies resultiert insbesondere aus dem Mischverkehr mit dem Regionalverkehr zwischen Stade und Neugraben und der sogenannten Zugbehandlung, d.h. dem An- und Abkoppeln von Wagen im Verlauf der Fahrten der S3 in Neugraben und an der Elbgaustraße. Möglichkeiten, Verspätungen im Verlauf der Strecke abzubauen, existieren ebenfalls nicht.

Infrastrukturelle Störungen auf dem Stader und Harburger Abschnitt haben seit Jahresbeginn jedoch deutlich abgenommen. Es erfolgte aber eine Zunahme an Verspätungen aufgrund behördlicher Maßnahmen (Betriebseinstellungen durch (Bundes-)Polizei u.ä). Hierzu ist die S-Bahn Hamburg GmbH im Austausch mit der Bundespolizei, um in solchen Fällen die Abstimmung mit dem Betrieb zu verbessern und so die Verspätungen oder Ausfälle zu minimieren.

Die Effekte des Brückenschadens an der Haltestelle Elbbrücken infolge eines LKW-Brandes brachten jüngst dann nochmals sehr erhebliche negative Auswirkungen auf die Betriebsabwicklung der Harburger S-Bahn und werden voraussichtlich bis 18. September 2022 für eine besondere Situation sorgen. Hierbei handelt es sich aber um ein gesondert zu bewertendes Einzelereignis.

 

2. Maßnahmen

Folgende Lösungsansätze und Maßnahmen für eine grundlegende Verbesserung der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit werden derzeit verfolgt:

Seit längerer Zeit laufen diverse Gegenmaßnahmen, um die erkannten Schwächen abzustellen. Zur Qualitätssicherung und zur schnellstmöglichen Betriebsstabilisierung der S-Bahn Hamburg hat die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende neben verkehrsvertraglichen Maßnahmen einen regelmäßig tagenden, hochrangig besetzten Runden Tisch "Qualität und Pünktlichkeit" mit den Betreibern der Infrastruktur eingerichtet.

Neben dem Vorantreiben des kapazitätssteigernden digitalisierten Betriebes zur mittelfristigen Ertüchtigung des S-Bahnnetzes wurden beispielsweise als kurzfristig wirksame Maßnahme Zäune an Gleisanlagen entlang der Strecken Bergedorf und Harburg errichtet, um betriebsfremde Personen vom Betreten der Gleisanlagen abzuhalten. Erkenntnisse aus Bergedorf zeigen, dass sich die Zahl von Personen im/ am Gleis mit Auswirkung auf den Zugbetrieb im Jahresvergleich 2021 zu 2020 halbiert haben. Des Weiteren sind Bahnsteigabschlusstore angebracht worden, um das zunehmende Eindringen von Personen an ausgewählten Stationen im City-Tunnel zu erschweren. Weiterhin ist eine Modernisierung der Fahrgastinformationssysteme (u.a. Zugzielanzeiger) in der Umsetzung. Ergänzend wurde zur Reduzierung von Sturmschäden eine umfangreiche Vegetationskontrolle begonnen. Zudem werden höhere Ressourcen (Personal- und Finanzmittel) in die präventive Instandhaltung eingebracht.

Ebenfalls zeigen sich die seit Ende 2018 eingesetzten Neufahrzeuge zunehmend stabil, so dass die störanfälligen Altfahrzeuge komplett ersetzt werden konnten. All diese bereits ergriffenen Maßnahmen werden nicht unmittelbar wirksam, sondern zeigen ihre Wirkung erst nach und nach. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende erkennt jedoch bereits erste Tendenzen einer Entspannung im S-Bahnverkehr, auch wenn diese noch durch andere Einschränkungen überlagert werden.

Am 28. Juni 2022 wurde zudem bekannt gegeben, dass zum Dezember 2023 das S-Bahnnetz in seiner Linienführung neu strukturiert wird. Durch die Neustrukturierung sowie Zusammenlegung bisheriger Linienführungen werden unter anderem die Auswirkungen von Störungen innerhalb des Streckennetzes reduziert werden. Pünktlichere Züge, weniger Zugausfälle sowie eine eindeutige Linienführung gehören darüber hinaus zu den gesetzten Zielen. Auf der S3 werden von morgens bis abends Langzüge mit neun Wagen fahren.

Für eine grundlegende und absehbare Erhöhung der Kapazität ist ein Ausbau der bereits bestehenden S-Bahn-Strecke Hauptbahnhof - Harburg Rathaus - Neugraben mit drei Linien in den Hauptverkehrszeiten in vertiefter Planung. Ziel ist es, sowohl die Fahrplanstabilität zu stärken als auch das Angebot an Zügen und Sitzplätzen um bis zu 30 % zu erhöhen.

Eine Ausweitung der Kapazität erhöht den Energiebedarf auf der Strecke. Hierfür ist die Strecke energieversorgungstechnisch und bzgl. der Leit- und Sicherungstechnik (Stellwerke, Signale) zwischen Hauptbahnhof und Neugraben zu ertüchtigen. Derzeit laufen neben vertieften Planungen Abstimmungen zur Finanzierung.

 

Im Übrigen siehe Drs. 22/7178.

 

 

gez. Heimath

 

 

 

f.d.R.

Riechers