Stellungnahme zum Antrag DIE LINKE betr.: Harburg für alle! - Impulsgabe und Unterstützung zur Kolonialforschung in Harburgs Geschichte
Letzte Beratung: 28.09.2023 Kulturausschuss Ö 3.1
Auf Einladung des Kulturausschusses hatte Kim Todzi von der Forschungsstelle Kolonialgeschichte Ende 2020 zum Thema Post-Kolonialismus und seinen Umgang dazu referiert. Auch die Harburger Industrie- und Stadtgeschichte zeigt viele Querverbindungen zum deutschen Kolonialismus und Imperialismus samt ihrer vielfältigen Auswirkungen auf und Herr Todzi betonte am Ende seines Referates, dass eine gesonderte Untersuchung des einstigen Harburgs an der Elbe schon deshalb lohnenswert wäre, da die schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestandene Lokalzeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ gut erforschbar sei. Aber, so Todzi, mit Forschungsgeldern in etwa 10.000 Euro sei wohl zu rechnen, die aus dem angestammten Etat nicht zu leisten seien.
Die Bezirksversammlung möge daher beschließen, dass die Bezirksverwaltung proaktiv auf die Forschungsstelle zugeht und erfragt, wie hoch die Kosten genau zu veranschlagen wären, um erste Aspekte der Harburger Geschichte im Zusammenhang mit dem deutschen Kolonialismus und Imperialismus zu erforschen, z.B. anhand des Digital-Archivs der „Harburger Anzeigen und Nachrichten“. Nachfolgend möge dies im Kulturausschuss zeitnah kundgetan werden, so dass eine anteilige oder ggf. komplette Förderung über die Bezirksversammlung diskutiert werden kann.
Bezirksamt Harburg 24. Februar 2022
Dezernat Soziales, Jugend und Gesundheit
Stellungnahme der Verwaltung
Betr: Antrag DIE LINKE betr.: Harburg für alle! - Impulsgabe und Unterstützung zur Kolonialforschung in Harburgs Geschichte (Drucksachen-Nr. 21-1797)
Sachverhalt
Die Verwaltung hat entsprechend des Petitums aus dem Antrag Harburg für alle! - Impulsgabe und Unterstützung zur Kolonialforschung in Harburgs Geschichte (Drs. 21-1797) mit Herrn Todzi von der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ Kontakt aufgenommen und sich hinsichtlich eines Forschungsvorhabens beraten lassen.
Da es bisher nur wenige, vor allem ältere Forschungsarbeiten zu Harburgs Rolle im deutschen Kolonialismus gibt, empfiehlt sich aus Sicht der Forschungsstelle ein umfangreiches Forschungsvorhaben. Um ein solches Forschungsvorhaben zu finanzieren, müssten die notwendigen Mittel für zum Beispiel zwei Stellen eingeworben werden. Das finanzielle Volumen für eine Post-Doc-Stelle und eine Promotionsstelle für drei Jahre inkl. Sachkosten, Reisekosten und Gemeinkostenpauschale beträgt rd. 600 Tsd. Euro. Hierfür müsste ein ausführlicher Antrag erarbeitet werden. Während dieser bis zu 18 Monate dauernden Antragsstellung würde das Erkenntnisinteresse definiert und in das Forschungsfeld eingebettet werden.
Aufgrund knapper Personalressourcen sei es der Forschungsstelle momentan nicht möglich, ein solches, umfangreiches Forschungsvorhaben durchzuführen oder selbst zu beantragen. Würden jedoch hierfür Drittmittel in Höhe von 15.000 Euro für die Vorbereitung und Einreichung eines Antrags bereitgestellt werden, würde die Forschungsstelle die Antragstellung begleiten und einen entsprechenden Werkvertrag hierfür ausschreiben.[1]
Mit Einreichung eines Antrags, beispielsweise bei der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG), sei jedoch noch keine Bewilligungsgarantie gegeben. Finanzierungsanträge für Forschungsvorhaben hätten hier eine Bewilligungschance von 30-40%.
Um sicherzustellen, dass Personen, insbesondere auch geeignete Personen, sich um einen solchen Auftrag bemühen, wäre es zielführender, eine befristete Teilzeitstelle (0,65 E-13) auszuschreiben. Die Kosten hierfür würden rund 73 Tsd. Euro jährlich betragen.
Bewertung des Bezirksamtes Harburg
Die Verwaltung hat sich ergänzend mit der zuständigen Behörde für Kultur und Medien (BKM) beraten, um in Erfahrung zu bringen, inwiefern eine finanzielle Unterstützung eines solchen Vorhabens durch ebendiese möglich ist. Die BKM hat hierzu jedoch keinen gesonderten finanziellen Mittel zur Verfügung.
Damit bleibt als eine Möglichkeit, die Beantragung von Forschungsgeldern durch einen Werkvertrag zu unterstützen. Dazu hat Herr Todzi in den Vorgesprächen explizit darauf hingewiesen, dass mit der Finanzierung eines Werkvertrages weder eine Garantie zur Entstehung eines Antrags noch zur Bewilligung oder Bearbeitung eines solches Projekts gegeben werden kann.
Alternativ besteht die Möglichkeit, die nötigen Mittel über Stiftungen zu akquirieren. Auch hierfür wäre die Finanzierung der Antragstellung, z.B. durch einen Werkvertrag oder die Schaffung einer befristeten Stelle, erforderlich.
Ergänzend kann die Idee, ortsansässige Firmen anzusprechen, die möglicherweise in den Kolonialismus und dessen Strukturen involviert waren, und diese um finanzielle Beteiligung in der Aufarbeitung anzufragen, diskutiert und von der Bezirksversammlung als Arbeitsauftrag formuliert werden.
Petitum
Der Ausschuss wird um eine Beschlussempfehlung für das weitere Vorgehen gebeten.
gez. Dr. Jobmann
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