20-3554.01

Stellungnahme zum Antrag CDU betr. Erhalt der Katholischen Schulen in Harburg I

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

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14.04.2020
Sachverhalt


"Mehr als 9.000 Schülerinnen und Schüler von der Vorschulklasse bis zum 12. Jahrgang haben sich für den größten privaten Schulanbieter in der Hansestadt, das Erzbistum Hamburg, entschieden. Und das aus gutem Grund. Denn nicht nur die Zahlen sprechen für sich. 45 % aller Privatschüler in Hamburg besuchen eine katholische Bildungseinrichtung. Kinder und Jugendliche genießen an unseren Standorten eine exzellente Ausbildung, mit der sie auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt optimal vorbereitet werden. Und das in einer Atmosphäre der Geborgenheit, des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts. ... Wir eröffnen den jungen Menschen zudem neue Zugänge zum Glauben, stärken ihr Verantwortungsbewusstsein und fördern das solidarische Handeln. So dienen unsere Schulen der Lebensorientierung und Persönlichkeitsentwicklung. ... Dieses Privatschulsystem gehört nicht nur zu den anspruchsvollsten, sondern auch zum günstigsten in der Stadt." (Dr. Christopher Haep, Leiter Abteilung Schule und Hochschule Erzbistum Hamburg in Schulen im Erzbistum Hamburg, Ausgabe 2018). 

Die katholischen Schulen im Bezirk Harburg leisten seit vielen Jahrzehnten eine hervorragende und aus dem Bildungswesen nicht wegzudenkende Arbeit. Mit den katholischen Schulen nimmt die Kirche ihre Erziehungs- und Bildungsverantwortung wahr und trägt zur Vielfalt des Schulangebotes bei.

Die Nachfrage nach einem Platz an einer katholischen Schule ist sowohl in Hamburg, als auch insbesondere in Harburg hoch, obgleich es ausreichende staatliche oder sonstige private Angebote gibt und bei den meisten Eltern der an katholischen Schulen angemeldeten Kinder und Jugendlichen nicht die konfessionelle Bindung im Vordergrund steht. Der überwiegende Teil der Eltern schickt die Kinder auf katholische Schulen, weil er hofft, dass der Nachwuchs hier besser und geborgener, als an anderen Schulen unterrichtet wird. Dieses gilt insbesondere, weil die katholischen Schulen zahlenmäßig kleiner, überschaubarer, familiärer sind und die Schülerinnen und Schüler mehr zu ethischer Reflektion, wertorientierter Haltung und verantwortlicher Weltgestaltung befähigen.

Leider ist der Erhalt der Angebotsvielfalt gerade in dem vergleichsweise schwierigen Sozialraum Harburg nunmehr offenbar durch jahrelange Misswirtschaft des Erzbistums Hamburg stark gefährdet. Vertreter des Bistums haben öffentlich erklärt, die wirtschaftliche Lage hätte bei einer GmbH zwingend ein Insolvenzverfahren bedeutet. In diesem Zusammenhang ist bedauerlich, dass das Erzbistum nicht alle Kraft in den Erhalt der katholischen Schulen im Bezirk Harburg einbringt, sondern lediglich zu der auch noch miserabel kommunizierten Entscheidung gelangt ist, die drei Harburger Schulen zu schließen. Üblicherweise dient ein Insolvenzverfahren in der Regel dazu, ein Unternehmen zu sanieren und im Interesse der Betroffenen weiterzuführen.

Darüber hinaus sind die vom Erzbistum vorgelegten Zahlen weitgehend nicht nachvollziehbar und offenbar lediglich so abgestimmt, dass man die Notwendigkeit von Schließungen in irgendeiner Weise begründen kann. Die vom Erzbistum vorgelegten wirtschaftlichen Bedingungen und die Entwicklungsfähigkeit der zu schließenden Standorte sind widersprüchlich und offenbar nur zielorientiert auf Schließung abgestimmt. Dabei ist beispielsweise für den Bereich im Kerngebiet Harburg in keiner Weise berücksichtigt, dass seitens Gebäude- und Grundstücksvermieter seit geraumer Zeit dem Erzbistum ein neuer modifizierter Mietvertrag zu günstigeren Konditionen in Aussicht gestellt worden ist. Eine Reaktion des Erzbistums Hamburg darauf hat es nicht gegeben, vielmehr wird das Argument des alsbald auslaufenden Mietvertrages als zusätzlicher Schließungsgrund herangezogen.

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung beschließt:

Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, dem Erzbistum Hamburg unmissverständlich mitzuteilen, dass die Bezirksversammlung Harburg im Interesse der vielen betroffenen Schüler, Eltern und Lehrer und im Hinblick auf die Beibehaltung einer Angebotsvielfalt im Bildungsbereich den Erhalt aller drei katholischen Schulen in Harburg erwartet.

Dabei möge das Erzbistum alle Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Konsolidierung gegebenenfalls mit staatlichen Stellen, engagierten Bürgern und anderen Erzbistümern oder kirchlichen Einrichtungen prüfen und zielgerichtet Vorschläge erarbeiten, die den vollständigen Erhalt des Harburger Schulangebotes ermöglichen. Dabei ist der schulischen Bildung Priorität vor anderen Angeboten einzuräumen. In Betracht kommen kann auch die Herauslösung der Harburger Schulen, die bis zur Gründung des Erzbistums Hamburg dem Erzbistum Hildesheim unterstellt waren und beispielsweise die Rückführung, zumal das Erzbistum Hildesheim derzeit 39 katholische Schulen entsprechend dem kirchlichen Bildungsauftrag unterhält und diese wirtschaftlich gesund betrieben werden.

Die Vertreter des Erzbistums mögen die von ihnen angedachte Zeit eines Moratoriums für die Schulen in Harburg und Neugraben so nutzen, dass nicht wieder Jahre für die Neuordnung vertan werden, wie dieses offenbar der Fall war, nachdem der Standort der Stadtteilschule Neugraben-Fischbek 2013 aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben worden ist, ohne dass dieses zu einer Konsolidierung bei den anderen Schulen beigetragen hätte.

Ferner möge das Erzbistum die Bezirksversammlung Harburg regelmäßig über Zwischenergebnisse von Verhandlungen und Bemühungen unterrichten.

Hamburg, am 12.02.2018

Ralf-Dieter Fischer                                           Uwe Schneider
Fraktionsvorsitzender                                       Brit-Meike Fischer-Pinz
                                                                         Dr. Antje Jaeger

 

 

 

 

Bezirksversammlung Harburg15.05.2018

Die Vorsitzende

 

 

Das Erzbistum Hamburg nimmt zu dem Antrag der CDU Drs. 20-3554 wie folgt Stellung:

 

Wie Ihnen bekannt ist, haben das Erzbistum Hamburg und der Initiativkreis der Hamburger Schulgenossenschaftsinitiative (HSGI) am vergangenen Samstag, 05.05.18, miteinander beraten, ob und ggf. wie der Weg einer Kooperation zum Erhalt und zur Weiterentwicklung des katholischen Schulwesens in Hamburg ("Übernahme gemeinsamer Verantwortung") beschritten werden kann. Prozessbeobachter und -begleiter war Pater Dr. Langendörfer SJ (Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz). Außerdem nahmen je zwei Vertreter der schulischen Bezugsgruppen, d.h. der Schulleiterkonferenz, der Gesamtelternvertretung, der Gesamtschülervertretung und der Gesamt-MAV der katholischen Schulen als Prozessbeobachter teil.

 

Im Wesentlichen wurden folgende Punkte gemeinsam festgehalten:

 

oDas Erzbistum Hamburg und die HSGI haben vereinbart, ein innovatives Pilotprojekt auf den Weg zu bringen, um weiterhin das größtmögliche katholische Schulwesen in Hamburg anbieten zu können. Die Qualität des katholischen Schulwesens in Hamburg soll erhalten und weiterentwickelt werden.

 

oDas Pilotprojekt soll für eine zunächst kleine Anzahl katholischer Schulen (z.B. ein bis drei Schulen) ein Modell gemeinsamer Verantwortung in Träger- und Betreiberschaft auf den Weg bringen. Das Pilotprojekt bezieht sich also nicht auf das Gesamt (oder den größten Teil) der 21 katholischen Schulen. Das Erzbistum Hamburg bleibt Träger und Betreiber aller katholischen Schulen, die nicht Bestandteil des Pilotprojektes werden. Nur für die Schulen des Pilotprojektes soll ein Modell gemeinsamer (Träger-/Betreiber-) Verantwortung zwischen Erzbistum Hamburg und HSGI auf den Weg gebracht werden.

 

oDas Pilotprojekt wird im Verlauf von z.B. drei Jahren evaluiert und auf seine Belastbarkeit und Zukunftsfähigkeit hin überprüft. Sollte sich das Projekt bewähren, ist eine Ausweitung auf eine größere Anzahl von katholischen Schulen nicht ausgeschlossen. Für den Fall eines Scheiterns des Projektes wird eine Exitstrategie vereinbart.

 

oBis zum 05.07.18 werden Arbeitsgruppen, die paritätisch aus Vertretern des Erzbistums Hamburg und der HSGI zusammengesetzt sind, das Modell erarbeiten.

 

oEs ist zwischen dem Erzbistum Hamburg und der HSGI vereinbart, dass bis zum 05.07.18 strategische Entscheidungen von größerer Tragweite für das katholische Schulwesen nur in Abstimmung mit der HSGI getroffen werden.

 

oDas Erzbistum Hamburg und die HSGI haben zur Ermöglichung dieses Prozesses vereinbart, dass keine weiteren Moratorien für die zur Schließung vorgesehenen Schulen eingeräumt werden. Es bleibt also insofern (zunächst) bei der Entscheidungslage des Erzbistums vom 19.01.18. Andererseits verzichtet das Erzbistum Hamburg zunächst auf die eigentlich für Mitte Mai vorgesehene Veröffentlichung der Schließungsentscheidungen im Kirchlichen Amtsblatt. Damit werden die Entscheidungen noch nicht rechtskräftig. Etwaige Veränderungen in der Entscheidungslage von Mitte Januar bleiben also möglich, werden aber nicht präjudiziert. Für die Sophienschule, die Katholischen Stadtteilschulen Harburg und Neugraben bleiben die Moratorien bestehen und die dort angestrengten Standortentwicklungsprozesse werden weiter vorangetrieben; für das Niels-Stensen-Gymnasium in Harburg, die Domschule, die Grund- und Stadtteilschule Altona, die Stadtteilschule Franz von Assisi und die Grundschule St. Marien (Eulenstraße) werden wie beschlossen keine Schülerinnen und Schüler zum Schuljahr 2018/2019 in die Eingangsklassen aufgenommen.

 

oEs ist noch nicht beraten worden, welche Schulen ggf. als Pilotschulen für das Projekt identifiziert werden. Dies wird Gegenstand der Beratungen bis zum 05.07.18 sein. Die Schulen und ihre Gremien werden in diesen Prozess in notwendiger und angemessener Weise einbezogen.

 

oDas Gesamtprojekt steht unter dem Vorbehalt, dass sich eine Hamburger Schulgenossenschaft zunächst noch gründen muss - bislang existiert nur eine Initiative. Das Gesamtprojekt steht aber auch unter dem kirchlichen Gremienvorbehalt: Die diözesanen Gremien ebenso wie die schulischen Gremien werden in den kommenden Wochen in der notwendigen und angemessenen Weise einbezogen werden.

 

Wir sehen in diesem Projekt ein innovatives Potential - einerseits weil ein Modell der hier möglichen Größenordnung im Bereich privater Schulträger- und

-betreiberschaften bislang deutschlandweit einzigartig wäre, andererseits weil hier ein Zukunftsmodell im kirchlichen Kontext erprobt werden kann, das zukunftsweisenden Charakter haben könnte.

 

Sehr gerne steht Herr Dr. Haep Ihnen  jederzeit für weitere Auskünfte und Klärungen zur Verfügung. Darüber hinaus werden wir Sie in den kommenden Wochen über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

 

gez. Rajski

 

f.d.R.

Riechers