Kleine Anfrage DIE LINKE betr. Geplantes Ausschreibungsverfahren für den Rieckhof
Die Bezirksverwaltung des Sozialraummanagements Harburg kündigte Ende April 2021 an, den Betrieb des Bürgerhauses Rieckhof im Frühjahr 2022 neu ausschreiben zu wollen. Dies setzt eine Beendigung des bestehenden Auftrags an den jetzigen Trägerverein voraus und bedingt eine klare Trennung bestehender Verantwortlichkeiten rechtlicher und finanzieller Art.
Nach wiederholten Aussagen der Bezirksverwaltung übernimmt für diesen landesweit bisher einzigartigen Vorgang alleine die Verwaltung die Verantwortung und verweist auf die Zugehörigkeit des Bürgerhauses in das Verwaltungsvermögen des Bezirksamtes. In der Drs. 21-1392 vom 29.4.2021 sagt die Verwaltung: „Das Gebäude in der Rieckhoffstraße 12 gehört zum Verwaltungsvermögen des Bezirksamts Harburg. Für den Betrieb stehen Mittel aus dem Einzelplan des Bezirksamtes Harburg zur Verfügung, die in Form von Zuwendungen jährlich vergeben werden.“
Eine politische Entscheidung sei hier nicht erforderlich, so lesen sich bisherige Auskünfte.
Das wirft Fragen nach Verantwortlichkeiten, Entscheidungsbefugnissen und ihren Kontrollinstanzen auf.
Wir fragen die Bezirksverwaltung:
Die Bezirksverwaltung Abtlg. Sozialraummanagement teilte am 29. April 2021 in der Drs. 21-1374.01 vom 10. Mai 2021 mit, „das Bezirksamt Harburg prüft seit längerem, ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren zur Suche eines neuen Konzepts für den Betrieb des Harburger Bürgerhauses durchzuführen.“
Auch in der Drs. 21-1392 vom 29.4.2021 teilte die Verwaltung mit, dass sie ein „neues Konzept“ suche. Das bisherige Konzept sei mit Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit abgestimmt gewesen und laufe Ende 2020 aus. Hier wird ebenso festgestellt, es ginge beim geplanten Öffentlichen Interessenbekundungsverfahren um eine Weiterentwicklung des bestehenden Konzeptes.
1. Was wäre nach ihren Kriterien das „Neue“ an einem Konzept laut Drs. 21-1374.01 und was die Weiterentwicklung laut Drs. 21-13392?
2. Welche Kriterien wurden zwischen Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger in der letzten Laufzeit festgelegt und wo sind sie dokumentiert?
3. Welche Kriterien waren strittig und haben die Bezirksverwaltung veranlasst ein „neues“ Konzept zu suchen oder das bestehende weiterzuentwickeln?
In der Drs. 21-1374.01 vom 10. Mai 2021 heißt es:
„Angesichts der Investitionsmittel und der Berichterstattung im Mitteilungsblatt des Museumsverein Harburg e.V. („Die Museums-Achse“, Nr. 60 aus März 2021) über den beabsichtigten zeitnahen Ruhestand des Geschäftsführers des Rieckhofs sind einzelne Mitglieder der Bezirksversammlung Harburg auf die Bezirksverwaltung zugekommen.“
In derselben Drs. heißt es an anderer Stelle (Seite 6):
„Bisher liegt dem Bezirksamt Harburg nur eine E-Mail des Geschäftsführers des Rieckhofs vom 22.11.2017 vor, in der er seine Absicht ankündigt, nach Erreichen seiner persönlichen Regelaltersgrenze im Februar 2022 im Rieckhof weiterarbeiten zu wollen.“
4. Wird das Blatt des Museumsvereins vom März 2021, in dem es wörtlich hieß „Lebensaltersbedingt wird Jörn Hansen die Planungs-, Betriebs-, und Abwicklungsaufgaben am Rieckhof in absehbarer Zeit beenden und die Verantwortung dafür abgeben müssen" vom Bezirksamt als derart zuverlässige Informationsquelle eingestuft, dass seine Aussagen rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können?
5. Werden Inhalte eines Museumsblatt-Artikels (in diesem Fall Personen-Porträt) als relevanter eingestuft als die zuvor persönlich abgegebene Erklärung des Rieckhof-Geschäftsführers per Mail?
6. Wurde aufgrund des Artikels bei der Redaktion des Museumsblattes nachgefragt, als wie belastbar die dort veröffentlichten Informationen zu betrachten sind?
7. Haben künftig die Redaktion des Museumsblattes und anderer in Harburg publizierten Medien mit der Einstufung ihrer Inhalte als rechtlich relevant zu rechnen?
8. Wie begründet die Verwaltung die Verwendung solcher Medien als rechtlich relevante Informationsquellen?
9. Ist es richtig, dass es über die vermeintliche Rentenplanung des Geschäftsführers bis dato keinen weiteren Austausch zwischen Zuwendungsgeber und –empfänger gab?
10. Welche „einzelnen Mitglieder“ der Bezirksversammlung haben der Bezirksverwaltung hinreichend Anlass gegeben, ohne Rückversicherung in der demokratisch legitimierten Bezirksversammlung tätig zu werden?
11. Betrachtet die Bezirksverwaltung dies als ein „übliches“ oder „alltägliches“ Vorgehen? Wenn ja, bitte begründen.
Weiter hält die Bezirksverwaltung in der Drs. 21-1374.01 fest: „Dem Geschäftsführer des Rieckhofes wurde am 20. April 2021 in einem vertraulichen Gespräch die Absicht des Bezirksamtes Harburg mitgeteilt, dass ein öffentlichen Interessenbekundungsverfahren für das Harburger Bürgerhaus durchgeführt werden soll.“
12. Wieso ist dies in einem „vertraulichen“ Gespräch erfolgt und welche Punkte machten die Nichtöffentlichkeit notwendig?
13. Sieht die Bezirksverwaltung die Absicht eines neuen Interessenbekundungsverfahrens für die Ausrichtung des Bürgerhauses als ein für die „Öffentlichkeit“ nicht relevantes Thema?
Auch heißt es dort: „Gespräche zwischen Zuwendungsgeber und Zuwendungsnehmer sind regelhaft nicht Gegenstand öffentlicher Diskussion.“
14. Ist dies als nicht-öffentlich oder nicht-relevant zu verstehen und wenn ja, auf welcher Basis?
Ebenso bezieht sich die Bezirksverwaltung auf die „Förderrichtlinie für die Gewährung von Zuwendungen an Bürgerhäuser, Freizeitzentren, Begegnungsstätten u. ä. Einrichtungen“.
Dort heißt es „Bürgerhäuser sind Einrichtungen, die im Auftrag des Bezirksamtes einen besonderen Begegnungsort schaffen, der allen Menschen und Personengruppen offensteht, die kulturell, sozial und/oder stadtteilentwicklungspolitisch aktiv sind oder dies sein möchten.“
15. Welchen Auftrag genau hat die Bezirksverwaltung als Zuwendungsgeberin vergeben und wo ist dies dokumentiert?
16. An welchen Punkten wurde die Nicht- oder unzureichende Erfüllung wann bemängelt und ist wann dem Zuwendungsempfänger mitgeteilt worden?
Laut VV LHO §46 Punkt 13 – auf den die Bezirksverwaltung sich ausdrücklich bezieht - heißt es unter Punkt 2.2: „Für die Gewährung der Zuwendung ist die Bewertung der Zuwendungsempfangenden im Sinne der Punkte 1 und 2 dieser Richtlinie durch die zuwendungsgebende Stelle erforderlich.“
17. Ist das Sozialraummanagement die zuwendungsgebende Stelle? Wenn nein, wer dann?
18. Wann wurde die letzte Bewertung der „zuwendungsgebenden Stelle“ vorgenommen? Wo ist sie dokumentiert?
Unter Punkt 13.2. wird präzisiert: „Die Bewilligungsbehörde soll die Kriterien für die Auswahl der Verwendungsnachweise sowie den Umfang der Prüfung regeln und dies z.B. in internen Richtlinien bzw. Handlungsanweisungen dokumentieren.“
Unter Punkt 13.4. wird bestimmt: „Prüfungsumfang und Prüfungsfeststellungen sind in einem Prüfungsvermerk zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht gilt auch für die Entscheidung, warum von einer weitergehenden Prüfung abgesehen wird.“
19. Welche Regeln, Richtlinie und Handlungsanweisungen wurden aufgestellt und sind wo und wann dokumentiert?
Auch wird unter Punkt 18.9 festgelegt: „Alle Zuwendungsfälle sind im Datenbankverfahren INEZ (Integrierte Erfassung und Bearbeitung von Zuwendungen) in allen wesentlichen Teilen abzubilden. Wenn zwingende Gründe vorliegen, Zuwendungsfälle nicht unmittelbar in INEZ abzubilden, ist eine unverzügliche Nacherfassung zu gewährleisten.“
20. Unter welcher INEZ-Nummer wird der Rieckhof geführt?
21. Welche Bewertung nach welchen Kriterien erfolgte durch die Zuwendungsgeberin Bezirksverwaltung und ist wo und wann dokumentiert?
Punkt 2.5. besagt: „Zuwendungsempfangende sind verpflichtet, die nach dem Bewilligungsbescheid zu erhebenden Kennzahlen bereit zu stellen und, im Einvernehmen mit der Bewilligungsbehörde, Bestandteile der Erfolgskontrolle festzulegen.“
22. Welche Kennzahlen als Bestandteil der Erfolgskontrolle wurden genau festgelegt?
23. Geschah dies im Einvernehmen und wenn nicht, wurde es wo und womit begründet?
Unter Punkt 4.2.2 der LHO wird bestimmt, dass Kriterien beim Bewilligungsbescheid gemeinsam von Verwaltung und Zuwendungsempfänger festgelegt werden und nachfolgend einer „Erfolgskontrolle gem. VV § 46 Nr. 13 - Überprüfung messbarer Ziele aus dem Zuwendungsbescheid“ unterworfen werden.
24. Welche messbaren Ziele also wurden erfüllt, welche nicht?
Unter Punkt 1.6 werden 7 mögliche Ziele benannt, von denen mindestens eines erfüllt sein müsse.
25. Welche Ziele wurden nicht erfüllt? Bitte benennen.
In der Drs. 21.1374-01 besagt die Bezirksverwaltung unter Punkt 17: „Es (ist) ständige Praxis der Bezirksverwaltung, anstehende Veränderungen zunächst im vertraulichen Rahmen mit den Betroffenen zu erörtern, bevor die Bezirksversammlung und ihre zuständigen Ausschüsse informiert werden.“
26. Sind demnach für die Bezirksverwaltung politische Entscheidungen des Bezirksparlaments nicht von Relevanz?
27. Auf welcher Rechtsgrundlage hält die Verwaltung es für gängig, die Bezirksversammlung lediglich zu informieren?
28. Da laut Punkt 15 die Finanzverwaltung „keine Zuständigkeit“ hat, trägt folglich die Bezirksverwaltung allein und in vollem Umfang die Verantwortung? Wenn nein, wer sonst noch?
In der Drs. 21.1374-01 verweist die Verwaltung auf die Frage nach Anregungen zu Veränderungen des Betreiberkonzepts auf den „Runden Tisch Kulturpolitik“ (Drs. 21-0476).
29. Wie oft tagte der Runde Tisch Kulturpolitik?
30. Welche Impulse bzgl. des Betriebskonzepts des Rieckhofs gingen von ihm aus, dass auf ihn eindeutig verwiesen wird?
31. Warum sind in der Drs. selbst keinerlei Bezüge zum Runden Tisch zu finden?
32. Wo ist die nötige Dokumentation zum Runden Tisch einzusehen?