Gemeinsamer Antrag der GRÜNE und SPD Fraktion betr. sichere, gesunde und umweltfreundliche Beleuchtung in den Fischbeker Reethen
Die künstliche Außenbeleuchtung im privaten und öffentlichen Raum ist ein wichtiger Aspekt für Sicherheit und Wohlbefinden. Mit zunehmender Bebauung insbesondere in den Städten ergibt sich ein erhöhter Beleuchtungsbedarf auf vergleichsweise dichtem Raum. Mit Beleuchtung (egal ob privaten oder öffentlichen Ursprungs) gehen stets auch ungewünschte Emissionen (Lichtverschmutzung) einher, zum Beispiel in öffentliche Grünflächen und Gärten, in Innenräume von Gebäuden und in den Nachthimmel. Diese Lichtverschmutzung schädigt nachweislich Flora und Fauna, Mensch und Natur.
Viele Lebewesen sind auf Dunkelheit angewiesen, die Nacht ist ihr Lebensraum. Beispielsweise sind über 63% der Säugetier-Arten nachtaktiv, 100% der Fledermaus-Arten, 93% der Amphibienarten, fast 20% der Vogelarten, über 49% der Insektenarten und knapp 78% der Schmetterlingsarten. Daher geht mit der Planung und Umsetzung von Beleuchtungsmaßnahmen eine besondere ökologische Verantwortung einher.
Auch für den Menschen ist die Ausgestaltung der Beleuchtung wesentlich. Richtig eingesetzt, steht Licht für Wärme, Sicherheit und Wohlbefinden. Genauso wichtig ist jedoch die Dunkelheit, sie ist für die natürliche Schwankung des Melatonin-Levels wesentlich und damit für einen gesunden Wach-Schlaf-Rhythmus. Nicht zu vernachlässigen sind die Auswirkungen von Lichtverschmutzung mit Blick auf den Sternenhimmel.
Es geht also darum, Licht gewinnbringend einzusetzen. Es soll Sicherheit in Quartieren, auf Fuß- und Radwegen bieten und auch eine angenehme Atmosphäre schaffen, in der wir uns wohlfühlen. Daneben sollen unerwünschte Emissionen vermieden werden. Dies lässt sich mit recht einfachen Mitteln erreichen: Erstens sollte die Anzahl der Lichtquellen auf ein sinnvolles Maß reduziert werden. Zweitens ist dabei falsch ausgerichtetes Licht zu vermeiden. Beispielsweise sollte der Abstrahlwinkel von Laternen sich auf den zu beleuchtenden Weg beschränken, also nach unten weisen. Das schützt auch Insekten. Drittens ist die richtige Lichtfarbe entscheidend, wobei auf einen geringen Blauanteil mit niedriger Farbtemperatur zu achten ist. Auch die Wellenlänge spielt ein Rolle. Warmes Licht wird nicht nur als angenehmer und „schöner“ empfunden, es verursacht auch geringere Beeinträchtigungen für Tiere und Menschen.
Viertens steht die Frage der Beleuchtungsintensität. Hier ist wichtig zu wissen, dass für das Erkennen der Umwelt nicht die absolute Lichtstärke relevant ist, sondern die Kontraste. Helleres Licht bedeutet also gerade nicht automatisch besseres Sehen. Das menschliche Auge kann sich gut an geringere Lichtstärken anpassen, wenn es nicht durch blendende Lichtquellen gestört wird. Fünftens ist der Unterschied zwischen Effizienz und Sparsamkeit zu beachten. Da moderne LED-Leuchten einen verhältnismäßig geringen Stromverbrauch verursachen, wird mit Licht häufig verschwenderisch umgegangen, mit den genannten negativen Folgen auf Menschen und Natur. Richtig wäre ein sparsamer Umgang mit Beleuchtung, ohne dabei auf Sicherheit im öffentlichen Raum zu verzichten.
Als sechster und letzter Aspekt sei der Einsatz von bedarfsorientiertem Licht genannt. So kann etwa mit radargestützter Bewegungssteuerung die Beleuchtung auf einem Fuß- oder Radweg angeschaltet oder auch hochgedimmt werden, wenn sich dort eine Person bewegt, auch vorausschauend in Richtung der Bewegung, damit man nicht ins Dunkle läuft oder fährt. Auf diese innovative Weise wird beispielsweise ein Radschnellweg durch einen Wald in Kelsterbach bei Frankfurt beleuchtet. So können die Lichtemissionen in die Natur effektiv reduziert werden.
Insbesondere eine moderne Stadt wie Hamburg ist aufgefordert, eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet einzunehmen und bezgl. der Beleuchtung Maßnahmen zu ergreifen, die dem aktuellen Forschungsstand und den Empfehlungen kundiger Fachleute entsprechen. Die Fischbeker Reethen als eins der letzten großen Neubaugebiete in Hamburg mit seiner direkten Nähe zu geschützten Gebieten sind dabei prädestiniert für eine modell- und vorbildhafte Beleuchtung. Das neue Quartier soll sich als Vorbild für nachhaltige, ökologische, ökonomische, mensch- und naturfreundliche Beleuchtung für ganz Hamburg und darüber hinaus hervortun.
Die Bezirksverwaltung Harburg wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der IBA und der BUKEA im Neubaugebiet Fischbeker Reethen ein Modellprojekt für die Beleuchtung der Zukunft zu konzeptionieren und umzusetzen. Hierbei ist der Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen des Bundesamtes für Naturschutz (https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/Skript543.pdf) zu berücksichtigen. Zudem sollten Experten hinzugezogen werden, etwa der Hamburger Lichtbeirat, der NABU (Referat Energiepolitik und Klimaschutz) und die Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde e. V. Über den Fortschritt der Planung ist im Ausschuss für Stadtentwicklung regelmäßig (mindestens einmal jährlich) zu berichten, der Ausschuss für Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz soll hinzugeladen werden.
Oberstes Ziel des Modellprojektes soll sein, so viel Beleuchtung wie nötig und so wenig wie möglich einzusetzen. Dabei ist auf die besonderen Erfordernisse des neuen Wohngebiets Rücksicht zu nehmen: So soll die Beleuchtung für Sicherheit und Wohlbefinden der sich im Quartier bewegenden Menschen sorgen, sie soll nicht primär auf den Verkehr ausgerichtet sein. Der gezielte und sparsame Einsatz hat Priorität. Die Beleuchtung soll weder die Bewohner:innen stören, noch die Tier- und Pflanzenwelt. Es sollen sämtliche Möglichkeiten moderner Beleuchtung ausgeschöpft werden, dazu zählen beispielsweise die maximale Reduzierung von Streulicht oder der Einsatz von Dimmern und Bewegungsmeldern für Straßenleuchten. Private Außenbeleuchtung soll ebenfalls im Sinne des Naturschutzes reguliert werden (z. B. Einschränkung von nach oben gerichteter Beleuchtung und Vorgaben hinsichtlich der Farbtemperatur).