Gem. Antrag der GRÜNE-Fraktion betr. Umsetzung des Schwammstraßen-Prinzips bei der Neu- und Nachpflanzung von Straßenbäumen im Bezirk
Letzte Beratung: 20.06.2023 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz Ö 1
Hamburg zählt zu den grünsten Städten Europas. Aber trotz der vielen Parks und Grünanlagen verschwinden immer mehr Flächen bei einem Versiegelungsgrad von 39% unter Asphalt und Beton. Während der Regen also immer seltener natürlich versickern und verdunsten kann, werden gleichzeitig die Folgen des Klimawandels spürbarer. Mit dem Schwammstadt-Prinzip soll der natürliche Wasserkreislauf in die Stadtgestaltung integriert werden. Eine Schwammstadt will anfallendes Regenwasser nicht einfach über die Kanalisation ableiten, sondern es lokal aufnehmen und speichern – sich damit also vollsaugen wie ein Schwamm. Ein modernes Regenwassermanagement zielt darauf ab, Flächen zu schaffen, die große Mengen an Wasser aufnehmen und bei Trockenheit und Hitze wieder abgeben können..
Stadtbäume werden im verbauten Gebiet im Schnitt nur etwa 20 bis 25 Jahre alt. Unter den derzeitigen Bedingungen können sie ihr Potential, das Klima durch Beschattung und Verdunstung lokal zu puffern, nicht annähernd ausschöpfen. Ein herkömmlicher Stadtbaum hat wenig Platz für Wurzeln und Krone, steht auf verdichteten Böden, hält Streusalz im Winter stand, erträgt und filtert verschmutzte Luft und verliert Niederschlagswasser, das in den Kanal abgeleitet wird. Das Schwammstraßen-Prinzip für Baumpflanzungen ist ein innovatives System, das die Entwicklung großkroniger Bäume im Stadtraum noch ermöglicht und hierfür unterirdische Retentionsräume für Niederschlagswasser schafft.
Dazu wird unterhalb der befestigten Oberflächen im Straßenraum eine Schicht aus grobkörnigem Schotter sowie feineren, wasserspeichernden Materialien angelegt. Diese Schicht hält das Wasser wie ein Schwamm zurück. Der Wurzelraum von Bäumen kann, ohne Schäden zu verursachen, unter befestigten Flächen (Gehwege, Parkplätze, Straßen) liegen. Dafür muss der Straßenunterbau eine geeignete Struktur aufweisen, die sowohl den technischen Anforderungen des Straßenbaus als auch den biologischen Ansprüchen von Bäumen gerecht wird. Entwickelt wurde das Schwammstraßen-Prinzip in Skandinavien. Stockholm und viele andere Städte setzen es bereits seit Jahrzehnten erfolgreich ein.
Beim Stockholmer Baumpflanzsystem wird die Erhaltung der Straßenbäume als systemische Infrastruktur bei der Gestaltung von Straßen mitgedacht. Der gesamte Raum unter der Straße wird zum Schwammkörper, der von den Bäumen als Wurzelraum genutzt werden kann. Dazu wird unter der Straße eine dicke Schicht Drainageschotter eingebracht, die mit einem Substrat versetzt wird. Diese Schicht ist für eine Durchwurzelung geeignet. Ebenso kann über die Drainage das Niederschlagswasser optimal versickern. Über Schächte und Versickerungsbeete wird das Wasser von der versiegelten Straßenoderfläche direkt in die Drainageschicht geleitet. Damit die Baumwurzeln nicht den Straßenaufbau beschädigen, wird oberhalb der Drainageschicht eine Trennschicht eingebaut, die nicht von Wurzeln durchwachsen werden kann. Darüber hinaus werden Leitungen und Leitungsschächte möglichst außerhalb der Drainageschicht verlegt.
Eine multifunktionale Straßenraumgestaltung steht auch im Zentrum eines Harburger Pilotprojektes nach dem Schwammstadt-Prinzip in der Hölertwiete. Die “multifunktionalen Klima-Baumstandorte” sind das Ergebnis eines Planungsprozesses unter der Zusammenarbeit der Abteilung Stadtgrün des Bezirksamtes Harburg, der HafenCity Universität Hamburg (HCU) und der Universität Hamburg (UHH). Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) und Mitteln der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) gefördert. .Ziel ist es, technische Lösungen zur Vergrößerung des Wasserspeichervolumens der Pflanzgruben und gleichzeitig zur Verbesserung der Vitalität und Wasserverfügbarkeit für Bäume in Trockenzeiten zu finden. Die entwickelte Lösung nutzt das Dachwasser der benachbarten Gebäude zur Bewässerung der Bäume durch Rigolen zur Regenwasserspeicherung. Bei den im März 2020 neu gebauten Baumgruben werden neben der Erfassung des Unterhaltungsaufwands auch ein Monitoring des Wasser- und Bodenlufthaushalts betrieben um die Funktionalität hinsichtlich Regenwasserversickerung und Baumvitalität zu bewerten. Das Harburger Pilotprojekt wurde 2020 mit dem Bundespreis Stadtgrün ausgezeichnet.
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, Vertreter:innen der Bezirksverwaltung und der Fachbehörde in den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (KUV) einzuladen, um über das Harburger Pilotprojekt „Multifunktionale Klima-Baumstandorte“ zu berichten. Insbesondere sollen die Umsetzung der Projektziele, die Kosten und die Übertragbarkeit auf andere Standorte berücksichtigt werden.
Außerdem sollen Möglichkeiten der Umsetzung von Ansätzen und Ideen des Stockholmer Schwamm-Straßenprinzips bei Neu-und Nachpflanzungen von Straßenbäumen im Bezirk berichtet und bewertet werden. Hierbei ist auf Einzelpflanzungen und die Gestaltung von für Baumpflanzungen geeignete Infrastrukturen ganzer Straßen einzugehen.
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