Dringlichkeitsantrag DIE LINKE - Grüne - SPD - CDU - FDP betr.: Harburg für alle! - Wir brauchen eine regionale und sozial ausgewogene Schulentwicklungsplanung in gemeinsamer Verantwortung
Im Jahr 2019 hat der Hamburger Senat bzw. die Behörde für Schule und Berufsbildung einen Schulentwicklungsplan entworfen und verabschiedet, in dessen Erstellung die Hamburger Schulgemeinschaften nicht eingebunden gewesen sind. Seitdem findet immer noch keine systematische Planung der Schulentwicklung und Weiterentwicklung des Bildungsangebots vor Ort statt. Angesichts stetig ansteigender Schüler*innenzahlen wird seither seitens der zuständigen Behörde kontinuierlich geplant, erweitert und gebaut, doch immer nur in bilateralen Gesprächen mit den betroffenen Schulen, nie im regionalen Verbund oder gar in kooperativer Form.
Unter vielen Beispielen können die negativen Auswirkungen dieses isolierten Top-Down Vorgehens an die Schulentwicklung aktuell und dringlich am Schulcampus Wilstorf (Hanhoopsfeld) erkennbar werden.
Die derzeitigen behördlichen Pläne für die Weiterentwicklung des „Schulcampus Wilstorf“, auf dem die Lessing-Stadtteilschule und das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium (AvH) samt einer Zweigstelle der Grundschule Kapellenweg zusammengefasst werden sollen, sorgen für großen Unmut in der Schulregion 21. Denn das neue Schulgebäude für eine zusätzliche Grundschule soll auf den Sportplatz der Stadtteilschule gesetzt werden, der einen agonalen und doch sportlich-verbindenden Begegnungsraum zwischen Stadtteilschul- und Gymnasialschüler*innen geschaffen hat. Anscheinend sorgt die räumliche Verdichtung auch dazu, dass die Pausenfläche auf ungefähr 11,5 Quadratmeter pro Schüler*in schrumpft, obgleich das behördliche Musterflächenprogramm 15 bis 17 Quadratmeter empfiehlt (Hamburger Abendblatt, 22.4.24). In Drs. 22/13908 stellt der Senat fest, es sei der Sportplatz der Stadtteilschule als Baufläche für einen der neuen Grundschulstandorte festgelegt worden. Im Schulentwicklungsplan 2019 stand noch in Aussicht, eine der geschlossenen Katholischen Schulen zu übernehmen. Nun antwortet der Senat auf Nachfrage, dass er in fünf Jahren nur zwei Standorte (Kapellenweg und die ehemalige Katholische Schule am Reeseberg) geprüft hat, was wenig überzeugend erscheint (Drs. 22/14679). Ein weiteres Argument der Schulbehörde ist, dass der Sportplatz nicht für den Schulsport genutzt werde, sondern dieser in der Sporthalle stattfände. Ein funktionalistisches Argument, welches die Wirklichkeit des Schullebens von AvH und Lessing-STS ignoriert, wie durch die kritischen Reaktionen der Elternräte deutlich wird. Zudem scheint es so, dass das Planungsverfahren der neuen Grundschule an den Schulgemeinschaften vorbei stattgefunden hat, von einer Kooperation und vertrauensvollen Zusammenarbeit scheint das behördliche Vorgehen weit entfernt zu sein.
Diese beiden jüngsten Beispiele zeigen deutlich, dass es in der Schulentwicklungsplanung gravierende Mängel gibt. Der erste ist, dass Schulentwicklungsplanung rein quantitativ auf die Schüler*innenzahlen reagiert, nicht auch qualitativ die pädagogische Methodik und Didaktik im Hamburger Schulwesen weiterentwickelt.
Im zweiten Mangel zeigt sich, dass die Vernachlässigung der Regionalen Bildungskonferenzen, die im § 86 des Hamburgischen Schulgesetzes immerhin zu einer Empfehlung zur Schulentwicklungsplanung vorgesehen sind, die Lage der Schulen verschlechtert. Sie sind in beständige Konkurrenz zueinander gesetzt, ringen um Schüler*innen und um Flächen, nicht zuletzt auch darum, motivierte und qualifizierte Lehrkräfte für ihre (selbstverantworteten) Schulen zu finden und zu halten. Nicht zuletzt stellen die Umsetzung von Inklusion und Integration und die Gestaltung des schulischen Ganztages die Schulen vor große pädagogische Herausforderungen, zu deren Realisierung sie eine vorausschauende Schulentwicklungsplanung benötigen, nicht bloß reaktive behördliche Nachsteuerung.
Eine gemeinsame Planung des schulischen Bildungsangebots aller Schulen der Region wäre ein erster Schritt dahin, ein qualitativ hochwertiges Bildungsangebot im Wohn- und Sozialraum der schulpflichtigen Hamburger*innen zu schaffen.
In der Folge wäre es ein Gewinn für ein demokratisches Gemein- und Schulwesen, wenn die Schulentwicklung von unten her, aus den Schulregionen, von den Schulgemeinschaften her, in gemeinsamer Verantwortung aller Beteiligten im Stadtteil entwickelt werden würde.
Die Bezirksversammlung Harburg möge vor diesem Hintergrund beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
1. Ein Moratorium bis zu den Sommerferien einzuleiten, zu organisieren und alle Beteiligten einer Schulregion zu den Beratungen umgehend einzuladen;
2. Bis dahin alle laufenden Vorgänge am Hanhoopsfeld zu stoppen und in diesen neuen Prozess aufgehen zu lassen;
3. Den Bezirksversammlungen ihr Recht auf Anhörung nach §28 BezVG-Schulorganisationsverordnung innerhalb der gesetzlich festgelegten Fristen verbindlich sicherzustellen und zu gewähren;
4. Zum 2. Halbjahr 2024 der Bezirksversammlung Harburg zu berichten.