Antrag der GRÜNE-Fraktion betr. Klimafreundliches Bauen durch nachhaltige Baustoffe
Die neue Bundesregierung will bundesweit jährlich 400.000 Wohnungen bauen lassen. Im Vertrag für Hamburg haben sich der Senat und die sieben Bezirke Hamburgs bereits dazu verpflichtet, die Voraussetzungen für den Bau von mindestens 10.000 Wohnungen pro Jahr in der Freien und Hansestadt zu schaffen. Der Bezirk Harburg wird zu diesem Ziel einen Anteil von mindestens 800 Wohnungen pro Jahr beitragen. Doch in Hamburg bekommt der Bauwille nun eine bemerkenswerte Kritik. Der wissenschaftliche Klimabeirat des Senats fordert diesen angesichts der Klimapolitik der Bundesregierung 2021 zum Umdenken auf. Er begründet seine Forderung zur Reduzierung der Bautätigkeit damit, dass die vom Senat selbstgesteckten Klimaziele anders kaum zu erreichen seien. Mit jedem Neubau, so der Beirat, gehe ein massiver Material-, Energie- und Flächenverbrauch einher – der wiederum die Hamburger Klimaziele torpediere.
Die Treibhausgas-Emissionen aus der Herstellung von Baumaterialien wie Beton, Dämmstoffe, Fenstern, Türen und technische Geräte - sogenannte graue Emissionen, und der zugehörige Energieverbrauch – graue Energie – sind eine wesentliche Stellschraube für den Klimaschutz bei Neubau und Sanierung. Weltweit verursacht allein die Baustoffherstellung etwa elf Prozent der CO2-Emissionen. Aus der Herstellung des später zu Beton und Mörtel vermischten Zementes gelangen jedes Jahr etwa 2,8 Mrd. t CO2 in die Atmosphäre, 2-3 Mal so viel, wie der gesamte Luftverkehr emittiert.
Für die Herstellung von Beton werden Kies, Sand, Wasser und Zement verwendet, wobei die Zementproduktion die meisten Emissionen verursacht. Das liegt vor allem am Calciumoxid, das dafür benötigt wird. Gewonnen wird es aus Kalkstein, der im Wesentlichen aus Calciumkarbonat besteht. Dieser wird gebrannt, wodurch CO2 frei wird und das benötigte Calciumoxid übrigbleibt. Doch das ist nur ein Teil der Emissionen. Bei dem Prozess werden der Kalkstein und weitere Inhaltsstoffe gemahlen und auf mehr als 1400 Grad Celsius erhitzt. Die dabei entstehenden Zementklinker werden erneut zerrieben und beispielsweise mit Gips versetzt. Um diese hohen Temperaturen zu erreichen, werden meist fossile Rohstoffe verbrannt, was die negative Klimawirkung verstärkt.
Als klimafreundliche Alternativen für Baustoffe bieten sich an:
Ein Ersatz von Beton und ähnlichen Baustoffen durch Holz. Holzbau schützt als nachwachsender Rohstoff das Klima. Jeder Kubikmeter verbautes Holz bindet langfristig eine Tonne Kohlenstoff, jeder gefällte Baum schafft Platz für neue Bäume, die der Luft wiederum aktiv CO2 entziehen. Allerdings gilt auch das nur, wenn das Holz aus nachhaltiger Forstproduktion kommt.
Eine klimafreundlichere Produktion von Zement, durch Verringerung der CO2-Emissionen: Eine Option besteht darin, den Anteil an der klimaschädlichen Umwandlung von Calciumkarbonat zu verringern und etwa Gesteinsmehl, Vulkanasche oder Flugasche beizumengen und fossile Brennstoffe beim Erhitzen zu ersetzen, z.B. durch grünen Wasserstoff. Der Baustoffproduzent Holcim mit Hauptsitz in Hamburg hat mit EcoPact Zero den „bundesweit ersten CO2-neutralen Beton EcoPact Zero“ entwickelt. Hier spielt der Einsatz klinkerreduzierter Zemente und die Optimierung der Bindemittel-Gehalte eine zentrale Rolle. Der hierbei noch unvermeidbare CO2-Fußabdruck wird bei EcoPact Zero durch die Unterstützung verschiedener zertifizierter Umweltprojekte vollständig kompensiert, beispielsweise durch den Erwerb von „MoorFutures“-Zertifikaten.
Ein verstärktes Recycling von Beton. Zwar wird das zum Teil bereits gemacht, allerdings ergeben sich dabei auch neue Probleme: Altbauten, in denen Asbest enthalten ist, müssen speziell behandelt und entsorgt werden. Auch die Akzeptanz, Recyclingbeton wieder in der Baubranche einzusetzen, ist noch nicht sehr groß.
Die Bezirksversammlung möge beschließen: Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, Vertreter:innen der Fachbehörde BUKEA in den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (KUV) einzuladen. Sie sollen über negative Auswirkungen der „grauen Emissionen“ von öffentlichen und privaten Bauvorhaben in Hamburg und im Bezirk Harburg auf die erfolgreiche Umsetzung der Ziele des Hamburger Klimaplans berichten. Insbesondere soll auf folgende Aspekte eingegangen werden:
Einschätzung der Stellungnahme des Klimabeirates bezüglich der Konterkarierung der Hamburger Klimaziele durch den Wohnungsbau in den nächsten Jahren.
Vorstellung von Bau-Pilotprojekte bei denen die grauen Emissionen ermittelt wurden sowie die Frage, inwiefern eine solche Ermittlung grundsätzlich befürwortet wird.
Einschätzungen zur Größenordnung der grauen Emissionen aus der Verwendung von Betonbaustoffen und aktuelle und potenzielle Möglichkeiten deren Reduzierung durch andere Baustoffe und technische Verfahren beim Gebäudebau.
Möglichkeiten der Steuerung einer stärkeren Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien durch Anreizsysteme und Übernahme des Aspektes der Ermittlung und Reduzierung von „Grauen Emissionen“ in die Baugenehmigungsverfahren. Kurzer Exkurs zu ggf höheren Kosten von klimafreundlichen Baumaterialien.
Bewertung und Realisierung alternativer „grüner Zementproduktionen“ (z.B. der Firma Holcim) und einer stärkeren Umsetzung von Betonrecycling.