22-0412.1.1

Verbesserung der Verkehrssicherheit durch Beschilderung, insbesondere an Schulen und Kitas (Tempo-30-Strecken) Stellungnahme der Polizei Hamburg

Mitteilungsvorlage vorsitzendes Mitglied

Letzte Beratung: 18.12.2024 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität Ö 7.1

Sachverhalt

 

Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität hat sich in seiner Sitzung am 20.11.2024 mit oben genannter Thematik befasst und einstimmig folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:

 

  1. Prüfauftrag zur Kontrolle und Nachbesserung aller Tempo-30-Strecken im Bezirk: Die Bezirksamtsleitung setzt sich gegenüber der zuständigen Behörde dafür ein, dass alle Tempo-30-Strecken im Bezirk überprüft werden, um sicherzustellen, dass eine ausreichende und konsequente Beschilderung gegeben ist. Dies schließt ein, dass Zufahrtsstraßen zu diesen Bereichen unabhängig von der vorrangigen Nutzung durch ortskundige oder ortsfremde Fahrerinnen und Fahrer mit einer entsprechenden (Tempo-30), eventuell zusätzlichen, Beschilderung ausgestattet werden.

 

  1. Es ist durch die zuständige Stelle zu prüfen, inwiefern flächig auf die Fahrbahn aufgetragene Hinweise mit Bezug auf Schulen und Kitas dem Ziel eines eindeutigen und nachdrücklichen Aufmerksammachens auf geltende Geschwindigkeitsbegrenzung dienlich sein könnten.

 

Hintergrund:

 

Über den gesamten Bezirk verteilt gibt es mehrere Tempo-30-Strecken, die mit Verweis auf Schulen, Altenheime, Krankenhäuser, Lärmschutz und Kitas eingerichtet wurden. In der Regel wird im Bereich von einmündenden Stichstraßen der Hinweis auf diese Tempo-30-Strecken erneuert. Eine kursorische Prüfung hat allerdings ergeben, dass in mindestens drei Fällen in der Alsterdorfer Straße (Baumkamp und Bussestraße sowie etwas weiter nördlich am Wolffsonweg) diese Hinweise in Form von Verkehrszeichen fehlen. Diese fehlenden Hinweise führen dazu, dass Fahrerinnen und Fahrer, die aus den genannten Straßen, die sich in einem Tempo-30-Wohngebiet befinden, in die zeitbezogenen Tempo-30-Strecken einfahren, nicht darauf hingewiesen werden, dass sie ihre Geschwindigkeit beibehalten müssen. Dies stellt ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit aller und insbesondere der durch die Tempo-30-Strecken besondersgeschützten Menschen dar.

 

Nach Aussage der Polizei Hamburg (PK 33 / Straßenverkehrsbehörde, Wiesendamm 133,22303 Hamburg vom 27.04.2023) sieht die Hamburger Richtlinien zur Anordnung vonVerkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen eine Wiederholung der Beschilderung nur dann als erforderlich an, wenn mit Ortsunkundigen zu rechnen ist. Weiterhin verfolge die Stadt das Ziel, den sogenannten „Schilderwald“ zu reduzieren, um die Straßenbeschilderung übersichtlicher zu gestalten.

 

Beide Argumente sind mit Blick auf Verkehrssicherheit, insbesondere in der Nähe von Schulen und Kitas, nicht überzeugend. Vielmehr ergibt sich Handlungsbedarf, wenn eine entsprechende Beschilderung an den beschriebenen Stellen fehlt, da:

 

  1. Die Verkehrssicherheit, insbesondere auf Schulwegen, höchste Priorität haben sollte und im Zweifel über dem Ziel des Abbaus von Verkehrsschildern stehen muss. Gerade in Bereichen, die von Kindern frequentiert werden, ist eine klare und konsequente Geschwindigkeitsregelung unabdingbar, um Risiken und Gefahren präventiv zu minimieren.

 

  1. Eine fehlende Wiederholung der Hinweise auf Geschwindigkeitsbegrenzungen die Ahndung von Verstößen deutlich erschwert. Im Falle eines Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung oder, noch schlimmer, eines Unfalls mit Personenschaden, könnten sich die Verkehrsteilnehmenden, die den Verstoß begangen oder den Unfall verursacht haben darauf berufen, aus einer der genannten Stichstraßen gekommen zu sein und daher nichts von der Geschwindigkeitsbegrenzung gewusst zu haben. Diese rechtliche Unsicherheit sollte durch klare Beschilderung behoben werden.

 

Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.

 

Die Polizei Hamburg nimmt hierzu wie folgt Stellung:

 

Beschilderung

 

Die Anordnung vom Tempo 30-Strecken gemäß § 45 Absatz 9 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) im unmittelbaren Bereich von Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten-und Pflegeheimen oder Krankenhäusern ist in der Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) und in den Hamburger Richtlinien zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (HRVV) geregelt.

 

r die Beschilderung führen die HRVV aus: „Eine Wiederholung hinter Kreuzungen und Einmündungen mit angepasster Streckenangabe soll dann erfolgen, wenn mit dem Einbiegen ortsunkundiger Kraftfahrer zu rechnen ist. In diesem Fall ist nur VZ 274 und ggf. der zeitlichen Beschränkung und der verbleibenden Streckenlänge aufzustellen. Eine Trägertafel ist nicht erforderlich.“

 

Die Formulierung „soll dann erfolgen“ zeigt, dass diese Maßnahme nur erfolgen darf, wenn die genannten Voraussetzungen hierfür vorliegen. Die örtlichen Straßenverkehrsbehörden prüfen bei der Anordnung von Tempo 30-Strecken stets die Örtlichkeiten. Hierbei werden auch die Verkehrsbeziehungen betrachtet. Wenn davon ausgegangen werden kann, dass nicht mit dem Einbiegen ortsunkundiger Kraftfahrer gerechnet werden kann, hat eine Wiederholung der Beschilderung demnach zu unterbleiben.

 

Inhaltlich lehnen sich die HRVV an den § 45 (9) Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) an. Demnach sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Auch hier wird dem Anspruch ein Erfordernis vorangestellt,ein bloßer Wunsch nach einem Verkehrszeichen, oder die Vermutung, dass sich mit dem Aufstellen eines VZ eine Situation verbessern könnte, reicht hierbei nicht aus. Straßenverkehrsbehördliches Handeln muss justiziabel sein und kann sich daher nur nach Recht und Gesetz, bzw. den einschlägigen Verwaltungsvorschriften begründen. Fehlt eine derartige Begründung, wäre die Anordnung unrechtmäßig und somit nichtig.

 

Bodenmarkierung

 

Unabhängig davon, in welcher Form die auf die Fahrbahn aufgetragenen Hinweise mit Bezug auf Schulen und Kitas dargestellt werden sollen, stellen auf die Fahrbahn aufgetragene Markierungen Piktogramme dar. Piktogramme sind vom ihrem Motiv und ihrer Beschriftung her nicht frei wählbar. Ein Beispiel wären hier das Aufbringen von ,30´auf der Fahrbahn innerhalb von Tempo 30-Zonen. In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) wird zu § 45 „Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen“ im Abschnitt XI „Tempo-30-Zonen“ unter 1.c) u.a. geregelt: „Die Fortdauer der Zonen-Anordnung kann in großen Zonen durch Aufbringung von ‚30 auf der Fahrbahn verdeutlicht werden.“ Die bundesrechtliche Zulässigkeit derartiger Tempo-30-Piktogramme ist damit abschließend geregelt. In der vorliegenden Beschlussempfehlung werden jedoch Piktogramme innerhalb von Tempo 30-Strecken thematisiert. Hierzu sind in der VwV-StVO keine Möglichkeiten genannt. Daher wäre eine derartige Maßnahme rechtlich nicht möglich.

 

Fazit

Die unter Punkt 1 und Punkt 2 geforderten Maßnahmen scheitern in ihrer Umsetzung an den mangelnden rechtlichen Voraussetzungen. In beiden Fällen geben die dafür anzuwendenden Vorschriften und Fachanweisungen nicht die dafür benötigten Voraussetzungen her. Aufgrund mangelnder rechtlicher Voraussetzung kann daher zu beiden Punkten mit straßenverkehrsbehördlichen Mitteln keine Abhilfe geschaffen werden.

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

Isabel Permien

 

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
12.12.2024
Ö 6.3
Anhänge

 

Abbildung: Beispielhafte Darstellung eines auf die Fahrbahn aufgetragenen Hinweises auf eine Schule.             

Lokalisation Beta
Alsterdorfer Str. Baumkamp Baumkamp Bussestraße Wolffsonweg

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