21-4792.1

Sozialen Strukturen und Arbeitsgelegenheiten retten! Stellungnahme der Sozialbehörde

Mitteilungsvorlage vorsitzendes Mitglied

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
14.12.2023
Sachverhalt

 

Infolge von Kürzungen und Umschichtungen von Fördermitteln im Bundeshaushalt sowie daraus folgenden Kürzungen plant das Jobcenter team.arbeit.hamburg die Zuschüsse zu sogenannten AGH-Plätzen (Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose) so zu kürzen, dass von aktuell etwa 1.460 besetzten Stellen nur noch mindestens 800 garantiert werden können. Wenn dies so umgesetzt wird, könnten gleich mehrere etablierte Projekte in Hamburg-Nord in Gefahr geraten. Betroffen wären insbesondere:

  • Der VFE-Verein zur Förderung des Einzelhandels mit Nahrungs- und Genussmitteln e. V. betreibt ein Sozialkaufhaus zur Unterstützung junger bedürftiger Familien und Alleinerziehenden mit Artikeln von Babykleidung, Umstandsmode bis hin zu Kinderkleidung- und Spielzeug. Darüber hinaus betreibt der VFE einen Leihbetrieb mit Kinderkostümen, Dekoration und Zubehör für Geburtstager finanzschwache Familien in Langenhorn.
  • Die Jugendberufshilfe (JBH) ist ebenfalls betroffen.
  •  Der Träger ausblick“ organisiert  die Begleitung und Unterstützung von Menschen mit Unterstützungsbedarf ohne Pflegegrad sowie das Sichtbarmachen von Einschränkungen der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.
  • Schließlich könnten 2024 auch Plätze bei der  Naturwerkstatt Nord der „einfal GmbH“ gestrichen werden. Am Standort Fuhlsbüttler Straße 416 werden im Sozialkaufhaus Spenda Bel Textilspenden an Menschen mit geringem Einkommen verkauft und in einem langjährig etablierten Ladengeschäft Upcycling-Produkte aus Textilien, Holz u.a. angeboten.

Die LAG Arbeit Hamburg e.V. (Landesarbeitsgemeinschaft der Beschäftigungsträger in Hamburg) schreibt zu den Projekten:

Dabei leisten AGH-Projekte einen wichtigen Beitrag für die soziale Infrastruktur: Mit ihren Dienstleistungen und Produkten verbessern sie die Teilhabe für Menschen mit geringem Einkommen: Stadtteilcafés, Sozialkaufhäuser, Fahrrad- und Holzwerkstätten, Naturschutz, Schreibbüros, etc. sind nur einige Bespiele. Mit dem Wegfall verliert Hamburg viele tolle Projekte gerade in Armutsregionen.“

Zu berücksichtigen ist, dass nicht nur die Personen, die eine AGH-Stelle innehaben, von einer Streichung betroffen sind. Diese wirkt sich auch auf die Anleiter*innen in den Projekten, die Familien der Beschäftigten und nicht zuletzt auf das gesamte soziale Umfeld der Projekte aus.

So nutzen das Sozialkaufhaus Spenda Bel in Barmbek täglich 50 Kund*innen, weitere besuchen den Laden, ohne etwas zu kaufen. Für diese Menschen bräche nicht nur eine für sie erschwingliche Einkaufsmöglichkeit weg, sie verlieren auch einen sozialen Ankerpunkt in der Nähe ihres Quartiers.

Die sinnvolle und notwendige Weiterentwicklung der eingeführten AGH-Maßnahmen für Langzeitarbeitslose mit Vermittlungshemmnissen in den Arbeitsmarkt darf nicht dazu führen, dass viele Menschen am Ende ohne auch für sie persönlich wichtige Beschäftigung dastehen.

Die Sozialbehörde muss nach Wegen suchen, um eine auskömmliche übergangslose Weiterförderung bei gleichzeitiger Weiterentwicklung der bereits bestehenden AGH-Maßnahmen zum Wohle der Beschäftigten und der Quartiere zu erreichen.  Dies ist genauso im Interesse der Menschen, die sich bereits in einer laufenden AGH-Maßnahme befinden wie auch insgesamt im Interesse der Stadtteile, zu deren elementarer sozialer Infrastruktur die Einrichtungen gehören.

Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:

 

Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord fordert die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration auf,

  1. ihren Einfluss als eine der Träger*innen und Auftraggeber*innen des Jobcenters team.arbeit.hamburg so weit wie möglich dahingehend auszuüben, dass möglichst viele der bestehenden AGH-Maßnahmen für  Langzeitarbeitslose mit Integrationsschwierigkeiten in den Arbeitsmarkt auskömmlich und übergangslos weiter gefördert werden, so dass der soziale Arbeitsmarkt für die große Gruppe der langzeitarbeitslosen Bürger*innen nicht weiter beschnitten wird;
  2. gegebenenfalls auch nach alternativen Möglichkeiten zu suchen, die wertvolle Arbeit der quartiersbezogenen Einrichtungen, die derzeit AGH-Plätze anbieten, zu finanzieren und langfristig zu sichern;
  3. die Sozialträger*innen aktiv zu beraten, welche sonstigen Möglichkeiten der aktiven Arbeitsmarktförderung genutzt werden können, um den betroffenen Langzeitarbeitslosen eine Perspektive aufzeigen zu können, sollten deren AGH-Stellen nicht durch Bundesmittel gerettet werden können;
  4. regelmäßig im Sozialausschuss über die Entwicklung der AGH-Maßnahmen zu berichten.

 

r die GRÜNE Fraktion: Timo B. Kranz, Dr. Anıl Kaputanoğlu

r die SPD-Fraktion: Angelika Bester, Martina Schenkewitz

r die CDU-Fraktion: Dr. Andreas Schott, Gunther Herwig

r die Fraktion DIE LINKE: Angelika Traversin, Dino Ramm

r die FDP-Fraktion: Claus-Joachim Dickow, Dr. Wieland Schinnenburg

 

Die Bezirksversammlung beschließt den Antrag einstimmig.

Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt hierzu wie folgt Stellung:

 

Arbeitsgelegenheiten nach § 16 d SGB II, die neben der öffentlich geförderten Beschäftigung nach § 16 i SGB II ein wichtiges Instrument des Sozialen Arbeitsmarktes sind, werden ausschließlich aus Bundesmitteln (SGB II) in alleiniger Verantwortung von Jobcenter team.arbeit.hamburg finanziert. In welchem Umfang diese Instrumente in 2024 eingesetzt werden können, hängt daher entscheidend vom Budget ab, das Jobcenter seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) r das kommende Jahr zugewiesen wird.

Um vor dem Hintergrund der angekündigten Einsparungen im SGB II den Trägern von AGH frühzeitig ein Höchstmaß an Planungssicherheit für das kommende Jahr zu geben, hat Jobcenter team.arbeit.hamburg entschieden, ab 01. Februar 2024 die Absicherung von 800 AGH-Plätzen zu garantieren und das Antragsverfahren einzuleiten. Damit kann die rechtzeitige Besetzung dieser 800 Plätze durch Zuweisung von Jobcenter team.arbeit.hamburg nach eingehender individueller Beratung der Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger gewährleistet werden. In Abhängigkeit von der tatsächlichen Budgetzuteilung, soll dann geprüft werden, ob weitere AGH realisiert werden können.

 

Die durch das Bundesministerium der Finanzen angekündigte Haushaltssperre ist für Förderleistungen nach dem SGB II aufgehoben. Trotz Aufhebung der Haushaltssperre steht die endgültige Verabschiedung des Bundeshaushaltes weiterhin aus, sodass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine belastbare Aussage durch die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter zur tatsächlichen Mittelausstattung getroffen werden können.

 

Daher ist es zum aktuellen Zeitpunkt auch nach wie vor noch nicht möglich, Festlegungen zur genauen Zahl der für 2024 möglichen weiteren AGH bzw. Aussagen über die Fortführung der hier in Rede stehenden AGH-Plätze zu treffen. Es ist jedoch weiterhin vorgesehen, bis zu 25 % des Eingliederungsbudgets für die Maßnahmen des sozialen Arbeitsmarktes bereitzustellen.

 

Auf Grund der Fokussierung auf das arbeitsmarktpolitisch wirksamere und für die Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld sowie für die Arbeitgeber attraktivere Instrument Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16 i SGB II und der allgemeinen Kostenentwicklung im Bereich des SGB II wird es jedoch voraussichtlich nicht möglich sein, dass alle bestehenden 1.600 AGH-Plätzte fortgeführt werden können.

 

Jobcenter team.arbeit.hamburg steht zu den weiteren Entwicklungen in einem engen Austausch mit der Sozialbehörde und der Agentur für Arbeit.

 

Sobald die Rahmenbedingungen zuverlässig vorliegen, werden die betroffenen Träger kurzfristig informiert.

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

Isabel Permien

 

Anhänge

 

Keine