Obdachlosigkeit langfristig beenden - Housing First umsetzen! Antrag der Fraktion DIE LINKE
Das Menschenrecht auf Wohnen ist in einem der reichsten Städte Deutschlands für viele nicht gegeben. Die Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft haben im Januar 2020 die Einrichtung eines Housing First-Modellprojekts beschlossen. Passiert ist seither nichts. Die Zahl der wohnungs- und obdachlosen Menschen dürfte seit der letzten Schätzung deutlich gestiegen sein.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist die wesentliche Ursache für die hohe Wohnungslosigkeit. Besonders Menschen mit geringen Einkommen sind praktisch chancenlos auf dem Wohnungsmarkt. Wer einmal wohnungslos geworden ist, hat auf angespannten Wohnungsmärkten kaum eine Chance, eine neue Wohnung zu finden. Gerade Mietschulden als häufigste Ursache des Wohnungsverlusts sind dabei das größte Hindernis bei der Wohnungssuche. Auf der anderen Seite sind die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe häufig unterfinanziert, haben zu geringe Kapazitäten oder sind aus anderen Gründen nicht für alle Betroffenen nutzbar. Für Träger der Wohnungslosen-, Geflüchteten- oder Straffälligenhilfe wird es zunehmend schwieriger, Wohnungen für diese Menschen zu finden.
Der Umgang mit Wohnungslosigkeit ist ein Gradmesser für eine soziale Wohnungspolitik. Ziel muss es sein, Betroffene nicht nur ein vorübergehendes Obdach zu bieten, sondern sie mit angemessenen Wohnungen zu versorgen. Dabei setzten einige Länder seit Jahrzehnten erfolgreich auf wirklich wirksame Konzepte.
Housing-First bedeutet, dass Obdachlose dezentral, ohne Vorbedingungen eine Wohnung (mit eigenem Mietvertrag) erhalten und nach dem Einzug sozialarbeiterische Unterstützung in Anspruch nehmen können, wenn sie das möchten. Im Gegensatz zu anderen betreuten Wohnformen entkoppelt folglich Housing-First das Mietverhältnis vom Unterstützungsangebot und setzt für den Bezug der eigenen Wohnung keine Bewährung in stufenweisen vorangehenden Hilfemaßnahmen oder die Bereitschaft zu Abstinenz, Therapie, beruflicher (Wieder-) Eingliederung oder anderen vereinbarten Hilfezielen voraus. Gleichzeitig macht ein multiprofessionelles Team ein ständiges, offensives und individuelles Unterstützungsangebot. Housing-First gibt es in verschiedenen Konzeptionen und mit verschiedenen Schwerpunkten. Der international erprobte Einsatz verspricht eine deutlich höhere Erfolgsquote in der Bekämpfung von Obdachlosigkeit als herkömmliche Ansätze. Housing-First wird seit den 90er Jahren in verschiedenen Ländern und vor allem großen Städten, wie beispielsweise Wien, erfolgreich zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit eingesetzt. Flächendeckend z.B. in Finnland: Eines der Länder, in denen die Obdachlosigkeit langfristig sinkt. Doch auch in Deutschland gibt es etwa 15-20 Projekte. 78-90 Prozent der Obdachlosen, die die Modellprojekte in Anspruch nahmen, leben nach zwei Jahren weiterhin in der Wohnung und werden auch psychisch stabiler. Belastbare Zahlen zur dauerhaften Finanzierung gibt es hier noch nicht. Doch aus anderen Ländern ist bekannt, dass die Finanzierung von Housing-First Projekten langfristig weniger kostenintensiv als herkömmliche Maßnahmen ist.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere Fragen zu einer Konzeptionierung, möglichen Standorten, notwendigen finanziellen Mitteln sowie die Diskussion um die Notwendigkeit eines Betreibers mit den Fachbehörden, der Wohnungswirtschaft sowie freien Trägern der Obdachlosenhilfe zu erörtern.
Aus diesem Grund möge die Bezirksversammlung Hamburg-Nord beschließen:
DIE LINKE
Rachid Messaoudi, Dino Ramm, Keyvan Taheri, Angelika Traversin, Jonas Wagner
Keine