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Obdachlosigkeit effektiv beenden! Housing-First-Modellprojekt unterstützen Stellungnahme der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration

Mitteilungsvorlage vorsitzendes Mitglied

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19.08.2021
17.08.2021
Sachverhalt

 

Der Ausschuss für Soziales hat sich in seiner Sitzung am 03.06.2021 mit der o.g. Thematik befasst und mehrheitlich die folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:

 

„1. Das Bezirksamt wird gebeten, eine*n Vertreter*in der Fachstelle aus HH-Nord in den Sozialausschuss einzuladen, um darzulegen, wie mit und für wohnungslose (oder von Wohnungslosigkeit bedrohte) Menschen in Hamburg-Nord aktuell gearbeitet wird. Hier soll auch auf die Situation von

  • Frauen* mit und ohne Kinder,
  • jungen Menschen sowie
  • Menschen mit Migrationsgeschichte

      eingegangen werden.

 

  1. Unter Berücksichtigung, dass der Bezirk Hamburg-Mitte für alle obdachlosen Menschen in Hamburg zuständig ist, bitten wir die*den zuständige*n Vertreter*in um eine fachliche Einschätzung, wie wir als Bezirk die hamburgweite Umsetzung des Housing-First-Konzeptes unterstützen können.

 

  1. Weiterhin bitten wir das Bezirksamt, die Landesregierung auf die Notwendigkeit sowie Dringlichkeit einer erfolgreichen, hamburgweiten Umsetzung des Housing-First-Konzeptes hinzuweisen“

 

Begründung:

Wie in allen Großstädten ist das Thema Obdachlosigkeit auch in Hamburg weiterhin präsent. Neben Hilfsangeboten wie „Visite Sozial“, welches vor allem aufsuchende Sozialarbeit anbietet, oder das „Herz As“, wo Menschen warme Mahlzeiten erhalten können, ist vor allem das Winternotprogramm zu nennen. Dieses bietet obdachlosen Menschen durch die kostenlose Nutzung der Übernachtungsstätten im Winter Schutz vor dem Erfrieren. Das letzte Jahr hat jedoch gezeigt, dass es in der momentanen Krise an seine Grenzen stößt. Viele haben sich aufgrund der Ansteckungsgefahr durch das Covid-19-Virus nicht getraut, dieses Programm in Anspruch zu nehmen [1]. Zudem bietet das Winternotprogramm Nutzer*innen auch keine langfristige Perspektive aus der Obdachlosigkeit und erschwert durch Bedingungen den Übergang in ein geregeltes Wohnverhältnis.

Das Housing-First-Modell setzt genau hier an! Menschen erhalten, unabhängig von individuellen Gegebenheiten, eine Wohnunterkunft mit einem eigenen Mietvertrag. Nach Einzug in die eigene Wohnung haben die Menschen die Wahl, ob sie Unterstützung von Sozialarbeiter*innen in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Finnland zeigt, wie effektiv das Housing-First-Konzept ist. Von 2010 bis 2018 konnte die Anzahl der obdachlosen Menschen in dem EU-Land um fast 40% gesenkt werden [2]. Seit 2018 wird Housing First auch in Berlin mit großem Erfolg erprobt [3].

Trotz alledem verharrt die Anzahl obdachloser Menschen in Deutschland auf hohem Niveau. Zudem sind immer mehr Frauen* mit und ohne Kinder, junge Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte von Obdachlosigkeit betroffen [4], [5]. Um Obdachlosigkeit langfristig zu verhindern, ist das Housing-First-Modell ein effektives Konzept.

Die rot-grüne Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, ein Housing-First-Modellprojekt für wohnungs- und obdachlose Menschen aufzulegen. Wir begrüßen diesen Beschluss und möchten als Bezirk unseren Beitrag leisten.

 

Die Bezirksversammlung folgt der Beschlussempfehlung.

 

Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) zu Ziffer 3 wie folgt Stellung:

 

Die Sozialbehörde prüft kontinuierlich die bestehenden Konzepte im Bereich der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe und passt diese fortlaufend bedarfsgerecht an. Dabei erfolgt eine enge und erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Fachstellen für Wohnungsnotfälle, den Trägern der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe sowie der Wohnungswirtschaft. Die Sozialbehörde begrüßt das Interesse der Bezirksversammlung an der Entwicklung des Hilfe­systems.

 

Zur Überwindung von Wohnungslosigkeit hat die Sozialbehörde ein vielfältiges Hilfesystem entwickelt, das insbesondere seit Einführung des Fachstellenkonzeptes stetig fortentwickelt und weiter ausgeprägt wurde. Neben präventiven Angeboten zur Abwendung von Wohnungsverlust, der verbesserten Wohnraumversorgung unterschiedlicher Zielgruppen sowohl über die Kooperationsverträge mit der Wohnungswirtschaft bzw. durch das Gewährleistungspaket für Kleinvermieterinnen und Kleinvermieter als auch durch Angebote freier Träger im Rahmen der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten spielt auch der Wohnungsbau für Personen mit Marktzugangsschwierigkeiten eine bedeutende Rolle.

 

Erfolgreiche Konzepte werden verstetigt und ausgeweitet. So ist nunmehr z. B. die Verdoppelung des Angebotes der Stufe 3 geplant.

 

Housing-First wird ein weiteres ergänzendes Angebot darstellen, welches den Fokus auf langzeitwohnungs- bzw. obdachlose Menschen mit multiplen Problemlagen legt. Ziel dieses Projektes ist es, die Klientel direkt in unbefristete Wohn- und Mietverhältnisse zu vermitteln, um Wohnstabilität, Gesundheit und Wohlbefinden sowie soziale Inklusion zu gewährleisten.

 

Die Sozialbehörde nimmt den Hinweis der Bezirksversammlung Hamburg Nord auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Housing-Frist-Konzeptes zur Kenntnis. Die Sozialbehörde beabsichtigt den Entwurf eines Housing-First-Konzeptes demnächst vorzustellen. Der Entwurf soll sich an bereits erfolgreichen Modellprojekten anderer Städte orientieren und die hamburgischen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Maßgebend ist der von den Regierungsfraktionen gestellte Zusatzantrag zum Haushaltsplanentwurf 2021/2022 (Drs. 22/4444), dem die Bürgerschaft am 03.06.2021 durch Beschluss zugestimmt hat.

 

Petitum/Beschluss
Anhänge

Keine