Mitbenennung von Lachnerstraße, Rümkerstraße, Marschnerstraße und Marschnerstieg nach den ebenso bedeutenden weiblichen Angehörigen selben Nachnamens - Beschlussempfehlung des Regionalausschusses BUHD
Letzte Beratung: 03.12.2024 Hauptausschuss Ö 7.14
Der Regionalausschuss Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg hat sich in seiner Sitzung
am 02.12.2024 mit oben genannter Thematik auseinandergesetzt und einstimmig folgende Beschlussempfehlung formuliert:
Lachnerstraße
Nach den Brüdern Franz (1803-1890), Komponist, Kapellmeister, Ignaz (1807-1895) und Vinzenz L. (1811-1893), Musiker, und ihren Schwestern Thekla (1801-1869), Organistin, Klavierlehrerin und Christina (1805-1858), Organistin
Rümkerstraße
Nach den Astronomen und Direktoren der Hamburger Sternwarte Charles (1788-1862) und Georg R. (1832-1900) sowie der Ehefrau von Charles, Mary Hannah R. geb. Crockford, (1809-1889), Entdeckerin eines Kometen
Marschnerstraße und Marschnerstieg
Nach Heinrich August M. (1795-1861), Komponist, Kapellmeister, seiner dritten Ehefrau, der Sängerin Marianne M., geb. Wohlbrück (1806-1854) sowie seiner vierten Ehefrau, der Sängerin Therese M., geb. Janda (1827-1884)
Da auf den Erläuterungsschildern immer nur wenig Platz vorhanden ist, möge das Staatsarchiv zudem gebeten werden zu prüfen, ob QR-Codes an den Erläuterungsschildern angebracht werden könnten, um so mehr Informationen zu den Namensgeber*innen zu vermitteln. Diese Codes könnten z.B. mit einer Datenbank verlinkt werden, die auf die Namensgeber*innen und ihre Leistungen hinweist.
Begründung:
Der GRÜNEN Fraktion Hamburg-Nord sind die Gleichstellung und die Sichtbarmachung der gesellschaftlichen oder künstlerischen Leistungen von Frauen ein besonderes Anliegen. Bei der Befassung mit den Biografien dieser Frauen wird deutlich, dass sie keineswegs eine unbedeutende Rolle an der Seite des berühmten Ehemannes spielten, sondern vielmehr auf hohem Niveau eine eigenständige künstlerische oder wissenschaftliche Karriere vorweisen und oftmals den Lebensunterhalt der Familien sichern konnten. In den vergangenen Jahrzehnten haben sie geringe bis gar keine Beachtung bekommen, mit Straßennamen wurden stets die Leistungen von Männern gewürdigt. Wir greifen darum gerne die Eingabe [1] an die Bezirksversammlung auf, die die Aufmerksamkeit auf vier Straßen im Regionalgebiet richtet: Lachnerstraße, Rümkerstraße, Marschnerstraße sowie Marschnerstieg. Diese Straßen sind nach Männern benannt, deren weibliche Verwandte ebenfalls respektable Leistungen vollbracht haben und erfolgreich tätig waren, aber bis jetzt unerwähnt geblieben sind:
Ergänzung um die beiden Schwestern dieser drei Brüder: Thekla Lachner (22.9.1801 Rain – 24.5.1869 Augsburg), verwitwete Ritter, verheiratete Wurst, Organistin und Klavierlehrerin, sowie Maria Anna Christina Lachner (28.7.1805 Rain - 29.5.1858 Vohburg (Donau)), verheiratete Mühlbauer, Organistin.
Auch die beiden Schwestern der drei Lachner-Brüder waren Musikerinnen, und zwar Organistinnen. Schon als Kinder traten die Geschwister gemeinsam in Konzerten öffentlich auf und trugen damit zum Lebensunterhalt der Familie bei.
Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1820 mussten die damals 19 und 15 Jahre alten Töchter eine Anstellung als Organistinnen annehmen, Thekla bekam eine Festanstellung in der St. Georgskirche in Augsburg, Christina wurde 15-jährig nach ihrer bestandenen Orgelprüfung „einstimmig von Stadtrat und Gemeindebevollmächtigten zur Nachfolgerin ihres Vaters gewählt“ und übernahm das Organistenamt an der Stadtpfarrkirche in Rain. Beide Frauen behaupteten sich erfolgreich in Stellen, die traditionell Männern vorbehalten waren, und sicherten damit den Lebensunterhalt ihrer Familien. [2]
Ergänzung um die Ehefrau von Charles R., Mary Hannah Rümker, geborene Crockford (1809 Clerkenwill/England - 24.3.1889 Hamburg).
Sie war die zweite Ehefrau von Karl Ludwig Christian (Charles) Rümker und entdeckte in Berlin am 11. Oktober 1847 einen Kometen. Dieser war wenige Tage zuvor auch von der amerikanischen Astronomin Maria Mitchell und von dem römischen Astronomen Pietro Angelo Secchi (1818-1878) beobachtet worden (Bezeichnung des Kometen: C/1847 T1). Als es darum ging, wer dafür anerkannt und die vom dänischen König verliehene goldene Kometennadel für die Entdeckung von Kometen mit einem Teleskop erhalten sollte, entschied sich der König für Maria Mitchell, die den Kometen zuerst entdeckt hatte. Nichtsdestotrotz hatte auch Mary Hannah Rümker unabhängig von Maria Mitchell den Kometen entdeckt. [3]
Marschner ging 1826 seine dritte Ehe mit der Sängerin Marianne M. (1806 – 7.2.1854) ein. Mit ihr bekam Marschner sieben Söhne und vier Töchter. Marianne Wohlbrück begann ihre Karriere als Sopransängerin schon im jugendlichen Alter und wurde u.a. an das Deutsche Theater Prag, an das Hoftheater von Darmstadt und das Opernhaus von Leipzig engagiert. Sie unterstützte das Schaffen ihres Ehemannes, sicherte aber auch immer wieder den Lebensunterhalt der Familie durch ihre Auftritte. Sie verstarb im Alter von 48 Jahren an Brustkrebs.
Ein Jahr nach dem Tod seiner dritten Ehefrau heiratete der damals 60-jährige Marschner 1855 die damals 28-jährige Therese Janda (29.9.1827 Wien – 2.10.1884 Wien). Sie war Sängerin (Altistin) u.a. an der Hofoper Wien, am Hoftheater in Hannover und in London. Nach dem Tod Marschners ging Therese M. eine zweite Ehe mit dem Dirigenten Otto Bach ein und gastierte an mehreren Bühnen in Deutschland, Österreich und Böhmen. Nach ihrem Bühnenabschied verstärkte sie ihre Auftritte als Konzert- und Liedersängerin. 1861 kehrte sie nach Wien zurück und war dort ab 1863 als Pädagogin an der Gesangsschule der Wiener Hofoper tätig. [4]
Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.
[1] http://sitzungsdienst-hamburg-nord.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1014532
[2]
1) Chantal Möller, Hanna Bergmann, Christiane Barlag: Lachner, Tekla, in: Instrumentalistinnen-Lexikon des Sophie-Drinker-Instituts
unter: https://www.sophie-drinker-institut.de/lachner-thekla
2) Chantal Möller, Hanna Bergmann, Christiane Barlag: Lachner, Christina
unter: https://www.sophie-drinker-institut.de/lachner-christina
[3] Gudrun Wolfschmidt: Einleitung – Uhren und Zeitmessungen in der Hamburger Sternwarte, in: Prignitz, Chr., hg. von G. Wolfschmidt: Zeit für Hamburg. Hamburg 2021, S. 15.
[4] 1) https://web.operissimo.com/triboni/exec?method=com.operissimo.artist.webDisplay&xsl=webDisplay&searchString=2023&id=ffcyoieagxaaaaabcmsk
2) Uwe Harten, Art. „Janda (eig. Jander), Therese‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.4.2003, abgerufen am 19.3.2024), https://dx.doi.org/10.1553/0x000268a7
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