Hebammenversorgung in Wandsbek flächendeckend sicherstellen Beschluss der Bezirksversammlung vom 20.02.2025 (Drs. 22-1085)
Letzte Beratung: 15.05.2025 Bezirksversammlung Wandsbek Ö 14.38
Folgender Beschluss wurde gefasst:
1. Bedarfsermittlung: Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, eine aktualisierte Liste mit allen aktiven Hebammen zu erstellen, sowie eine detaillierte Analyse der aktuellen Hebammenversorgung in den einzelnen Stadtteilen des Bezirks durchzuführen, um unterversorgte Gebiete zu identifizieren und diese dem Ausschuss für Soziales mitzuteilen.
2. Referentenvortrag: Das Bezirksamt Wandsbek wird gebeten, einen Referentenvortag des Pilotprojekts „Hebammenzentrum Harburg“ für einen der nächsten Ausschüsse für Soziales zu organisieren.
3. Förderung der Vernetzung: Die Fachbehörde und die Verwaltung werden gebeten, die Vernetzung zwischen Hebammen, medizinischen Einrichtungen und sozialen Diensten insbesondere im Bezirk Wandsbek zu stärken, um eine ganzheitliche Betreuung von Schwangeren und
jungen Familien zu gewährleisten.
4. Einrichtung eines Hebammenzentrums: In Zusammenarbeit mit dem Hamburger Hebammenverband und lokalen Hebammen soll die Möglichkeit geprüft werden, ein Hebammenzentrum im Bezirk Wandsbek zu etablieren, nach dem Vorbild der "Hebammenzentrum Harburg", das umfassende Leistungen rund um Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit anbietet.
5. Öffentlichkeitsarbeit: Die Fachbehörde wird gebeten eine Informationskampagnen zu initiieren, um werdende Eltern über die verfügbaren Hebammenleistungen und Unterstützungsangebote zu informieren und so die Inanspruchnahme zu erhöhen.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:
Vorbemerkung
Die bestmögliche gesundheitliche Versorgung in allen Lebensphasen ist ein zentrales Ziel der Sozialbehörde. Insbesondere die Versorgung rund um Schwangerschaft, Geburt und die Zeit mit dem neugeborenen Kind steht dabei im Fokus, da sie den Grundstein für einen gesunden Lebensstart legt. Diese Versorgung erfolgt in Hamburg durch ein Zusammenspiel verschiedener Angebote, von medizinischer Betreuung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte (Frauen- und Kinderärztinnen und -ärzte) über Hebammen bis hin zu ergänzenden Angeboten wie den Frühen Hilfen, Babylotsen, Mütterberatungsstellen und Eltern-Kind-Zentren.
Die Bedarfe junger Familien sind dabei sehr unterschiedlich. Nicht alle benötigen oder wünschen eine lückenlose Hebammenbegleitung – insbesondere erfahrene Eltern oder Familien mit einem stabilen sozialen Umfeld greifen häufig auf andere etablierte Unterstützungsformen zurück. Die Versorgung ist daher nicht ausschließlich an eine einzelne Berufsgruppe oder Struktur geknüpft, sondern vielmehr als vielfältiges, vernetztes System angelegt. Die Hebammenhilfe stellt darin einen sehr wichtigen, aber nicht alleinigen Baustein dar.
Vor diesem Hintergrund kann weder eine flächendeckende Nachfrage nach durchgehender Hebammenbegleitung noch eine 100%ige Versorgung aller Familien mit Neugeborenen als sinnvolles Ziel angenommen werden. Ziel muss es vielmehr sein, ein bedarfsgerechtes, ineinandergreifendes und gut abgestimmtes Versorgungsnetz zu schaffen, das den individuellen Lebensrealitäten der Familien gerecht wird. Das geplante Hebammenzentrum Harburg ist Teil dieses Ansatzes: Es ist nicht als Geburtshaus konzipiert, sondern als koordinierende, beratende und begleitende Einrichtung, die vor allem die außerklinische Versorgung stärkt, Angebote bündelt und vorhandene Strukturen ergänzt. Es kann damit einen wichtigen Beitrag leisten, um Versorgungslücken zu schließen – ohne dabei zu suggerieren, dass jede Familie zwingend eine vollständige Hebammenbegleitung benötigt. Damit kann das Hebammenzentrum durchaus Modellfunktion entwickeln für die Planung weiterer Hebammenzentren in den einzelnen Bezirken, es sollte jedoch zuerst nach erfolgreichem Start eine Evaluierung erfolgen.
Dies vorausgeschickt beantwortet die Sozialbehörde die einzelnen Fragen wie folgt:
1. Bedarfsermittlung: Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, eine aktualisierte Liste mit allen aktiven Hebammen zu erstellen, sowie eine detaillierte Analyse der aktuellen Hebammenversorgung in den einzelnen Stadtteilen des Bezirks durchzuführen, um unterversorgte Gebiete zu identifizieren und diese dem Ausschuss für Soziales mitzuteilen.
Eine aktualisierte Liste mit allen aktiven Hebammen liegt der Sozialbehörde nicht vor. Die geforderte Liste wird im Gesundheitsamt des Bezirksamtes Wandsbek geführt.
Zur aktuellen Erfassung und Vergleichbarkeit der freiberuflichen Tätigkeit der Hebammen in Hamburg führte die Sozialbehörde nach der letzten Erhebung 2018 im Jahr 2022 eine erneute Erhebung durch. Angaben zu durchgeführten Leistungen wie Schwangerschaftsvorsorge (vorgeburtliche Betreuung) und Wochenbettvorsorge (nachgeburtliche Betreuung) liegen auf Stadtteil-/ Stadtteilclusterebene des Bezirks Wandsbek vor (Tabellen 1 und 2). Sie wurden in Beziehung gesetzt zur Zahl der Geburten mit Meldeadresse in dem betreffenden Stadtteil bzw. Stadtteilcluster, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die in Anspruch genommenen Leistungen der Schwangeren und Mütter in einem anderen Stadtteil wahrgenommen wurden. Wegen der teilweise sehr kleinen Zahl an Geburten in den Stadtteilen unterliegen diese Auswertungen deutlichen statistischen Schwankungen.
Es gibt viele Faktoren, die die Teilnahme an Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen und die Vorbereitung auf die nachgeburtliche Betreuung beeinflussen (siehe Vorbemerkung). Neben persönlichen Faktoren, wie z. B. der individuellen Gesundheitskompetenz oder auch einer Bindung an die betreuende Gynäkologin oder den betreuenden Gynäkologen, hat auch die soziale Situation der Schwangeren einen Einfluss. Da keine Individualdaten der Schwangeren in dieser Erhebung vorliegen, dient die soziale Lage auf Ebene der Stadtteile bzw. Stadtteilcluster[1] als Hintergrundinformation (Tabellen 1 und 2).
Vorgeburtliche Betreuung
Tabelle 1: Anzahl Geburten und Anteil vorgeburtlicher Betreuung durch Hebammen im Bezirk Wandsbek nach Stadtteil/Stadtteilcluster im zeitlichen Vergleich
2018 |
2022 |
||||
Stadtteil |
Anzahl Geburten |
Zahl der durchgeführten vorgeburtlichen Betreuungen durch Hebammen, je 100 Geburten |
Anzahl Geburten |
Zahl der durchgeführten vorgeburtlichen Betreuungen durch Hebammen, je 100 Geburten |
Soziale Lage** |
Wellingsbüttel |
82 |
100 |
108 |
42 |
+ |
Hummelsbüttel |
177 |
50 |
172 |
37 |
0 |
Bramfeld |
517 |
30 |
493 |
18 |
0 |
Steilshoop |
210 |
23 |
222 |
17 |
- |
Rahlstedt |
939 |
29 |
948 |
25 |
0 |
Jenfeld |
285 |
28 |
301 |
25 |
- |
Farmsen-Berne |
360 |
27 |
340 |
25 |
0 |
Marienthal |
141 |
34 |
127 |
33 |
+ |
Eilbek |
289 |
23 |
261 |
23 |
0 |
Cluster Wohldorf-Ohlstedt, Bergstedt |
125 |
48 |
97 |
48 |
+ |
Poppenbüttel |
204 |
51 |
168 |
52 |
+ |
Sasel |
172 |
43 |
143 |
46 |
+ |
Tonndorf |
164 |
23 |
160 |
32 |
0 |
Cluster Lemsahl-Mellingstedt, Duvenstedt |
106 |
46 |
81 |
59 |
+ |
Wandsbek |
406 |
24 |
391 |
50 |
0 |
Volksdorf |
128 |
60 |
115 |
94 |
+ |
Gesamt |
4305 |
34 |
4127 |
29 |
k. A. möglich |
*Angaben in Prozent
**Soziale Lage (2018): + = bessere soziale Lage; 0 = mittlere soziale Lage; - = schlechtere soziale Lage
Nachgeburtliche Betreuung
Tabelle 2: Anzahl Geburten und Anteil nachgeburtlicher Betreuung im Bezirk Wandsbek nach Stadtteil/Stadtteilcluster im zeitlichen Vergleich
2018 |
2022 |
||||
Stadtteil |
Anzahl Geburten |
Zahl der durchgeführten nachgeburtlichen Betreuungen durch Hebammen, Anteil*je 100 Geburten |
Anzahl Geburten |
Zahl der durchgeführten nachgeburtlichen Betreuungen durch Hebammen, Anteil*je 100 Geburten |
Soziale Lage** |
Wellingsbüttel |
82 |
100 |
108 |
52 |
+ |
Hummelsbüttel |
177 |
71 |
172 |
36 |
0 |
Bramfeld |
517 |
29 |
493 |
19 |
0 |
Steilshoop |
210 |
34 |
222 |
23 |
- |
Rahlstedt |
939 |
36 |
948 |
37 |
0 |
Jenfeld |
285 |
36 |
301 |
29 |
- |
Farmsen-Berne |
360 |
29 |
340 |
29 |
0 |
Marienthal |
141 |
38 |
127 |
37 |
+ |
Eilbek |
289 |
31 |
261 |
29 |
0 |
Cluster Wohldorf-Ohlstedt, Bergstedt |
125 |
65 |
97 |
47 |
+ |
Poppenbüttel |
204 |
66 |
168 |
55 |
+ |
Sasel |
172 |
74 |
143 |
45 |
+ |
Tonndorf |
164 |
33 |
160 |
36 |
0 |
Cluster Lemsahl-Mellingstedt, Duvenstedt |
106 |
52 |
81 |
56 |
+ |
Wandsbek |
406 |
35 |
391 |
52 |
0 |
Volksdorf |
128 |
84 |
115 |
85 |
+ |
Gesamt |
4305 |
43 |
4127 |
34 |
k. A. möglich |
*Angaben in Prozent
**Soziale Lage (2018): + = bessere soziale Lage; 0 = mittlere soziale Lage; - = schlechtere soziale Lage
Die nachgeburtliche Betreuung ist das Alleinstellungsmerkmal der Hebammen, ihnen kommt in dieser Zeit eine besondere Bedeutung zu.Ob die Frauen trotz Bemühungen keine Hebamme finden konnten, nicht über ihren Anspruch auf eine Hebamme Bescheid wissen oder von vorherein kein Interesse daran haben von einer Hebamme betreut zu werden, kann mit Hilfe der Daten nicht analysiert und beantwortet werden.
Die regionalisierte Analyse der vor- und nachgeburtlichen Versorgung durch Hebammen bestätigt auch für das Jahr 2022 eine sehr heterogene Versorgungslage innerhalb des Bezirks Wandsbek und auch stadtweit. Es zeigt sich, dass besser gestellte Stadtteile voneiner besseren Versorgung durch Hebammen profitieren, dagegen ist der Anteil betreuter Schwangeren und Mütter mit Säuglingen in den eher schlechter gestellten Stadtteilen tendenziell weiterhin niedriger. Dies liegt unter anderem jedoch auch daran, dass die freiberuflich und außerklinisch tätigen Hebammen sich nicht unbedingt in diesen Stadtteilen niederlassen und üblicherweise nur in einem für sie gut erreichbarem Umfeld tätig sein können. Für eine räumliche Bedarfsplanungder Hebammenversorgung gibt es keine Rechtsgrundlage.
2. Referentenvortrag: Das Bezirksamt Wandsbek wird gebeten, einen Referentenvortag des Pilotprojekts „Hebammenzentrum Harburg“ für einen der nächsten Ausschüsse für Soziales zu organisieren.
3. Förderung der Vernetzung: Die Fachbehörde und die Verwaltung werden gebeten, die Vernetzung zwischen Hebammen, medizinischen Einrichtungen und sozialen Diensten insbesondere im Bezirk Wandsbek zu stärken, um eine ganzheitliche Betreuung von Schwangeren und jungen Familien zu gewährleisten.
4. Einrichtung eines Hebammenzentrums: In Zusammenarbeit mit dem Hamburger Hebammenverband und lokalen Hebammen soll die Möglichkeit geprüft werden, ein Hebammenzentrum im Bezirk Wandsbek zu etablieren, nach dem Vorbild der "Hebammenzentrum Harburg", das umfassende Leistungen rund um Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit anbietet.
Die Fragen 2., 3. und 4. sind vom Bezirksamt zu beantworten. Für einen Referentinnen- bzw. Referentenvortrag des unter 2. genannten Pilotprojektes könnte beim Hebammenverband angefragt werden. Die Förderung der Vernetzung der diversen Versorgungsstrukturen kann tatsächlich im Zuge der Etablierung von Hebammenzentren erfolgen: die Fachbehörde bietet an, die Prüfung nach Ziffer 4 fachlich zu unterstützen.
5. Öffentlichkeitsarbeit: Die Fachbehörde wird gebeten eine Informationskampagnen zu initiieren, um werdende Eltern über die verfügbaren Hebammenleistungen und Unterstützungsangebote zu informieren und so die Inanspruchnahme zu erhöhen.
In Hamburg gibt es bereits eine Vielzahl von Möglichkeiten, um sich über Hebammenleistungen und Unterstützungsangebote zu informieren, und auf die Krankenkassen, Berufsverband, Fachbehörde und Bezirksämter hinweisen.
DKSB_RuW_Broschuere_LesePDF.pdf
Hebammenliste - GKV-Spitzenverband
Schwangerschaft und Geburt: Informationen zu Hilfen und Beratung in Hamburg
Übersicht: Was ist "Guter Start für Hamburgs Kinder?"
Hebammenhilfe beantragen - Hebammen Verband Hamburg e.V. - hamburg.de
25 Dienstleistungen für Mütterberatungsstelle - hamburg.de
Hilfen für Schwangere & Eltern mit Kindern bis 3 Jahre | Familienportal des Bundes
Um Frauen und Familien die Suche und Hebammen die Arbeit zu erleichtern, hat der Deutsche Hebammenverband e.V. in Zusammenarbeit mit Keleya die Vermittlungsplattform Ammely entwickelt. Ammely fügt den Betreuungsbedarf der Frau mit dem Leistungsangebot undden zeitlichen Kapazitäten der Hebamme passgenau und ohne weitere Zwischenschritte zusammen. Ammely ist unter dem folgenden Link zu erreichen: https://ammely.de/ .
Darüber hinaus haben viele Hebammen eigene Webseiten, auf denen sie ihre Dienstleistungen, Kurse und Kontaktdaten anbieten. Die meisten Krankenkassen bieten Informationen über Hebammen und deren Leistungen. Elternforen und -gruppen bieten auch Informationen an.
Das Bezirksamt nimmt wie folgt Stellung:
Das Fachamt Gesundheit des BA Wandsbek nimmt in Bezug auf die o.g. Fragen und die Stellungnahme der Sozialbehörde wie folgt Stellung:
Der letzte Stand stammt von 2023 und umfasst insgesamt 83 im Gesundheitsamt Wandsbek gemeldete Hebammen.
Das Gesundheitsamt registriert den Wohnort der Hebammen, aber nicht deren Arbeitsstätte, schwerpunktmäßige Stadtteile, oder ob sie auch in anderen Bezirken oder außerhalb Hamburgs tätig sind. Daher ist eine detaillierte Analyse der Hebammenversorgung in den einzelnen Stadtteilen auf der vorhandenen Datenbasis im Gesundheitsamt nicht möglich. Die Sozialbehörde hat im Jahr 2018 eine Umfrage unter freiberuflichen Hebammen durchgeführt und darauf basierend einen Bericht zur Hebammenversorgung in Hamburg herausgegeben, in diesem ist die vor- und nachgeburtliche Versorgung in allen Hamburger Stadtteilen detailliert aufgelistet. Im Jahr 2022 wurde diese Umfrage aktualisiert, die Ergebnisse sind in der Stellungnahme der Sozialbehörde angeführt.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
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