22-0873

Gefährdung durch Kampfdrachen Beschluss der Bezirksversammlung vom 21.11.2024 (Drs. 22-0487.1)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Letzte Beratung: 12.02.2025 Regionalausschuss Rahlstedt Ö 7.1

Sachverhalt

 

Folgender Beschluss wurde gefasst:

 

1. Die zuständige Fachbehörde wird gebeten den Regionalausschuss über die Rechtslage zum Aufsteigen von Kampfdrachen zu informieren. Was ist wo zulässig? Was ist wo verboten?

rfen Kampfdrachen am Ortsrand von Rahlstedt auch mit kurzen Leinen mit dem Ziel andere Drachen vom Himmel zu holen aufsteigen? Welche Rechtsnormen regeln das?

2. Sollte die Rechtslage ein Aufsteigen solcher Drachen mit dem Ziel diese bewusst vom Himmel zu holen nicht vollständig verbieten, wird die zuständige Fachbehörde gebeten zu prüfen wie und ob eine Anpassung der rechtlichen Situation möglich und nötig ist. Es wird darum gebeten über die Ergebnisse im Regionalausschuss zu berichten.

3. Das Bezirksamt wird gebeten die Bevölkerung durch gezielte Pressemitteilungen über das Problem zu informieren und sie zu sensibilisieren, das Kampfdrachenhobby nicht zu betreiben.

4. Die Verwaltung wird gebeten, über das Ehrenamt Kontakt zur afghanischen Community herzustellen, um dort entsprechend aufzuklären.

5. Die Polizei wird gebeten in Kooperation mit der Polizei in Schleswig-Holstein, die Aufstiegsbereiche in und um Rahlstedt bei sonnigem Wetter mit guten thermischen Bedingungen, proaktiv zu beobachten, Drachenpiloten anzusprechen und ggf. auf Basis der Rechtslage einen Aufstieg zu ahnden.

Der Regionalausschuss bittet darum über Ereignisse diesbezüglich regelmäßig zu berichten

bis das Phänomen sich reduziert.

 

 

Stellungnahme der Behörde für Wirtschaft und Innovation:

 

Zu 1.:

Die rechtliche Beurteilung des Aufstiegs von sogenannten Kampfdrachen stützt sich auf verschiedene Regelwerke, die insbesondere die Bereiche Luftverkehrsrecht, Polizei- und Gefahrenabwehrrecht sowie allgemeines Verkehrsrecht betreffen. Die Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) als zuständige Landesluftfahrtbehörde bewertet diese Thematik nach den Vorgaben des Luftverkehrsrechts. Zentrale Rechtsgrundlagen sind in diesem Zusammenhang das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) und die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO). Diese Regelungen beziehen sich allgemein auf „Drachen“ oder „Schirmdrachen“, während der Begriff „Kampfdrache“ im Luftverkehrsrecht nicht verwendet wird.Die BWI bietet auf ihrer Homepage klare und umfassende Informationen zur Rechtslage: Steigenlassen von Drachen in Hamburg: Luftverkehr beachten (letzter Aufruf: 20.12.2024).

Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO ist das Steigenlassen von Drachen innerhalb eines Radius von weniger als 1,5 Kilometern um die Begrenzung eines Flugplatzes verboten. In Hamburg betrifft dieses Verbot insbesondere den Flughafen Hamburg, den Sonderlandeplatz Finkenwerder (Airbus) sowie die Segelfluggende in Boberg und Fischbek.

Nach § 19 Abs. 2 LuftVO kann die zuständige Landesluftfahrtbehörde Ausnahmen von diesem Verbot genehmigen. Voraussetzung hierfür ist, dass von der beantragten Nutzung des Luftraums keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Eine solche Genehmigung unterliegt dem behördlichen Ermessen, wobei ein Anspruch nur auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung besteht.

Im Hamburger Stadtpark gilt seit dem Jahr 2005 eine spezielle Ausnahmegenehmigung der Landesluftfahrtbehörde, die auf Grundlage der früheren Fassung des § 16 Abs. 2 Satz 4 LuftVO als Allgemeinverfügung erlassen wurde. Sie erlaubt das Drachensteigenlassen unter der Bedingung, dass die Drachen eine maximale Leinenlänge von 50 Metern und ein Gesamtgewicht von höchstens einem Kilogramm haben und keine metallischen oder metallisierten Flächen oder Gestänge aufweisen (vgl. Amtlicher Anzeiger Nr. 31 vom 19.04.2005). Diese Ausnahme wurde geschaffen, um den Bürgerinnen und Bürgern das Drachensteigenlassen im Stadtpark trotz der Nähe zum Hamburger Flughafen unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen.

Außerhalb der 1,5-Kilometer-Zone um die Begrenzung eines Flugplatzes ist das Steigenlassen von Drachen mit einer Leinenlänge von maximal 100 Metern aus luftverkehrsrechtlicher Sicht erlaubt. Überschreitet die Leinenlänge 100 Meter, ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO eine Erlaubnis der Landesluftfahrtbehörde erforderlich. Diese wird erteilt, sofern keine Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit besteht (§ 20 Abs. 4 LuftVO). In der Praxis wird eine solche Erlaubnis jedoch häufig nicht beantragt, wahrscheinlich aus Unkenntnis der Vorschriften.

Wer entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO einen Drachen mit einer Leine von über 100 Metern ohne Erlaubnis steigen lässt, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 44 Abs. 1 Nr. 14 LuftVO in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG). Solche Verstöße können von der zuständigen Luftverkehrsbehörde mit einem Bußgeld geahndet werden, sofern die verantwortliche Person von der Polizei oder dem Ordnungsamt eindeutig identifiziert wird. 

In Hamburg leitet die BWI bei Bekanntwerden von Verstößen gegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO regelmäßig und konsequent Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Im Jahr 2023 wurden fünf Verfahren wegen unerlaubten Drachenaufstiegs eröffnet, von denen vier mit einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid über jeweils 150 Euro abgeschlossen wurden.

Im Jahr 2024 (Stand: 20.12.2024) wurden bislang vier Verfahren eingeleitet. Zwei davon wurden bereits rechtskräftig abgeschlossen: Ein Verfahren endete mit einem Bußgeld von 150 Euro, ein weiteres mit einem Bußgeld von 300 Euro. Die meisten Verfahren betrafen unerlaubtes Steigenlassen von Drachen im Öjendorfer Park. In einem Fall ging es um einen Verstoß inRahlstedt (Victoriaallee), dessen Verfahren derzeit noch nicht abgeschlossen ist.

Unabhängig von den genannten luftverkehrsrechtlichen Vorschriften ist das Steigenlassen von Drachen grundsätzlich auf öffentlichen oder privaten Flächen gestattet, sofern keine örtlichen Verbote etwa durch Satzungen, Landschafts- oder Naturschutzverordnungen oder spezielle Regelungen, wie solche des Gefahrenabwehrrechts oder des Verkehrsrechts, entgegenstehen.

 

Zu 2.:

Die Gesetzgebungskompetenz für das gesamte deutsche Luftverkehrsrecht liegt gemäß Artikel 73 Nr. 6 Grundgesetz (GG) in der ausschließlichen Zuständigkeit des Bundes. Die Länder dürfen daher keine eigenen Regelungen im Bereich des Luftverkehrs erlassen. Nach Ansicht der zuständigen Fachbehörde sind Anpassungender bestehenden Vorschriften hinsichtlich des Aufstiegs sogenannter Kampfdrachen nicht notwendig. Die geltenden Regelungen, insbesondere das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) sowie Bestimmungen des Polizei- und Strafrechts, bieten bereits ausreichende und umfassende Möglichkeiten, solche Aktivitäten zu überwachen, zu untersagen und gegebenenfalls zu sanktionieren.

Das Luftverkehrsrecht legt klare Vorgaben für das Steigenlassen von Drachen und anderen Flugkörpern fest. Insbesondere § 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO erfordert eine Genehmigung der Luftverkehrsbehörde, wenn Drachen mit einer Leinenlänge von mehr als 100 Metern gehalten werden, was bereits als Sicherheitsmaßnahme zum Schutz vor Gefährdungen des Luftverkehrs sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient. Darüber hinaus ist nach § 19 Abs. 1 LuftVO das Steigenlassen von Drachen in der Nähe von Flugplätzen verboten, was ebenfalls sicherheitsrelevante Aspekte berücksichtigt. Verstöße gegen diese Regelungen werden von der BWI konsequent mit Bußgeldern geahndet.

Die geltende Rechtslage gewährleistet, dass das Steigenlassen von Drachen insbesondere solchen mit gefährlichen Schnüren oder in der Nähe von Umspannwerken, Bahntrassen oder Autobahnen im Einklang mit der allgemeinen Gefahrenabwehr erfolgt. Verstöße wie die Gefährdung von Personen oder Sachgütern können durch präventive Maßnahmen wie Sicherstellungen oder durch nachträgliche Sanktionen geahndet werden, was die Wirksamkeit der Vorschriften unterstreicht.

Ergänzende Aufklärungs- und Informationsangebote der Bezirke hält die BWI zudem für ein geeignetes Mittel, um auf die Gefahren des Aufstiegs sogenannter Kampfdrachen an konkreten Orten aufmerksam zu machen. Nach vorliegenden Informationen hat zum Beispiel der Bezirk Mitte Maßnahmen wie mehrsprachige Flyer geprüft, um über das Drachensteigenlassen im Öjendorfer Park aufzuklären.

 

 

Stellungnahme der Behörde für Inneres und Sport zu 5.:

 

Statistische Daten zu Vorfällen mit Flugdrachen werden von der Polizei nicht erhoben. Entsprechende Feststellungen sind von der Polizei im Bereich des Polizeikommissariats 38 in Einzelfällen gemacht worden. Dabei befanden sich die Flugdrachenlenker überwiegend auf Schleswig-Holsteiner Gebiet.

Die Polizei trifft alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen, um Gefahren und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen sowie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Dabei setzt sie ihre zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen auf Grundlage aktueller Lageerkenntnisse und unter Berücksichtigung polizeilicher Prioritätensetzungen ein.

Die Polizei Schleswig-Holstein hat Kenntnis und ergreift Maßnahmen in eigener Zuständigkeit.

Die Polizei unterliegt nicht der parlamentarischen Kontrolle der Bezirksversammlungen. Von einer regelmäßigen Berichterstattung durch die Polizei wird daher abgesehen.

 

 

Das Bezirksamt nimmt wie folgt Stellung:

 

Zu 3.

Die anliegende Pressemitteilung wurde am 2. Januar versendet.

 

Zu 4.

Die Recherche (in Stadtteilbüros, Flüchtlingsunterkünften, Stadtteilarbeitskreisen etc.) im Umfeld der Fundorte und die Auskunft des PK 38 ergaben, dass bisher nur Einzelpersonen vom PK 38 identifiziert werden konnten. Die Polizei ist sensibilisiert und erarbeitet zurzeit einen neuen Informationsflyer. Es ist daher derzeit nicht zielführend, eine Ansprache über die „afghanische Community“ zu planen, da die Zielgruppe für eine solche Veranstaltung nicht erkennbar ist.  

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.   

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
30.01.2025
Ö 14.23
Lokalisation Beta
Stadtpark Öjendorfer Park

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