21-4494.1

Ein Platz für alle: Parklets für Hamburg-Nord Stellungnahme des Bezirksamtes

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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17.04.2024
Ö 4.4
11.04.2024
Sachverhalt

 

Der Straßenraum ist öffentlich und damit ein wichtiger Teil des für alle zugänglichen Stadtgebiets. Der öffentliche Raum gehört allen Menschen und soll deren Bedürfnissen gleichermaßen dienen. Er sollte daher möglichst vielfältig genutzt und gestaltet werden. Aufgrund der hohen Dichte der Quartiere besonders in der inneren Stadt herrscht dabei eine starke Konkurrenz der verschiedenen Nutzungsansprüche.

Ein großer Anteil des öffentlichen Straßenraums ist derzeit einer ausschließlichen Nutzung als Parkraum vorbehalten. Parkende Autos belegen öffentliche Flächen, die dadurch für nachhaltigere Nutzungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie dienen damit vielfach nur noch genau der Person, die das Fahrzeug nutzt, nicht aber allen anderen. Erwiesen ist, dass die privaten Pkw im Durchschnitt täglich nur etwa eine von 24 Stunden genutzt werden. Den Rest der Zeit parkt das Fahrzeug.

Auch die Funktion des öffentlichen Raums für den Aufenthalt und als Ort der Begegnung leidet unter der aktuellen Bevorzugung des ruhenden Autoverkehrs. Woh­nungs­nahe Freiräume und Erholungsbereiche sind aber in vielen Quartieren knapp. Nicht zuletzt Corona hat aber gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach kleinen Freiräumen und Erholungsinseln ist.

Eine gute Möglichkeit, zumindest temporär solche Orte zu schaffen, sind sogenannte Parklets. Hier werden Autoparkflächen für eine begrenzte Zeit genutzt, um attraktive Sitzgelegenheiten direkt im Wohnumfeld zu schaffen. Auf der Fläche eines Parkplatzes, die rund zwölf Quadratmetern umfasst, können sich Menschen begegnen, relaxen oder auf ihren Wegen notwendige Ruhepausen verbringen. Werden diese Flächen auch noch mit einer ansprechenden Begrünung versehen, entstehen hochattraktive Nachbarschafts-Inseln, die die Lebensqualität der Anwohnerschaft ebenso wie die der Passant*innen erhöht.

Wichtig für die Akzeptanz eines Parklets ist dabei, dass es Menschen vor Ort gibt, die es nicht nur nutzen wollen, sondern sich auch dafür verantwortlich fühlen. Daher sollten Parklets nur dann eingerichtet werden, wenn es ein entsprechendes Interesse aus der Nachbarschaft gibt. Die Gestaltung des einzelnen Parklets kann dann individuell so erfolgen, wie es den jeweiligen Standorten und Bedürfnissen entspricht.

Der Bezirk Eimsbüttel hat in den vergangenen Jahren schon einige Erfahrungen mit Parklets gemacht. Beispielsweise am Eppendorfer Weg ist eine attraktive Sitzlandschaft, ergänzt um eine bienenfreundliche Bepflanzung, entstanden, die rege von der Anwohnerschaft genutzt wird (s. Foto). Hamburg-Nord sollte an die im Nachbarbezirk gemachten Erkenntnisse und Erfahrungen anknüpfen und seinen Bürger*innen ebenfalls die Möglichkeit geben, sich „ihren“ Raum zurück zu erobern.

 

  1. Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord richtet mit bezirklichen Mitteln einen Fonds „Lebenswerter öffentlicher Raum“ ein und stattet diesen mit 20.000 Euro aus.  rger*innen und Organisationen, die in ihrer Nachbarschaft Parklets einrichten wollen, können daraus je Parklet eine Förderung von bis zu 1.000 Euro der Kosten für Anschaffung und Aufbau erfolgen. Für Doppel-Parklets können bis zu 2.000 Euro beantragt werden. Über die Förderung entscheidet der Hauptausschuss nach Empfehlung der Verwaltung.
  2. Das Bezirksamt wird gebeten, über die für die Genehmigung und eine Förderung notwendigen Angaben sowie Empfehlungen zur Beantragung, bspw. in Form einer Checkliste, auf seiner Website zu informieren. Zudem macht das Bezirksamt Öffentlichkeitsarbeit zum Fonds.

    r die Förderung und die Beantragung einer Genehmigung gelten folgende Regelungen:
     
  3. Ein Parklet (ca. 12 qm) oder ein zusammenhängendes Doppel-Parklet (ca. 24 qm), im Folgenden ebenfalls als Parklet bezeichnet, darf beantragen, wer
    1. juristische Person oder Privatperson ist,
    2. in unmittelbarer Nähe zum geplanten Parklet-Standort wohnt oder einen Gewerberaum nutzt,
    3. mindestens eine verantwortliche Person für Bau, Unter­halt, Pflege, Abbau und Verkehrssicherung des Parklets gewinnen und nachweisen kann. Dieser Nachweis gilt als Pflegeverpflichtung für die beantra­gende Person, das gesamte Projekt und seine gesamte Dauer. Übertragungen dieser Pflege­verpflichtung sind in begründeten Ausnahmefällen möglich und im Vorfeld schriftlich abzustimmen.
  4. Das Parklet dient ausschließlich der nicht-gewerblichen Nutzung, muss frei zugänglich und kostenfrei von allen genutzt werden können. Werbeschilder, die Verteilung von Werbematerialien sowie das Werben für kommerzielle oder nicht-kommerzielle Institutionen, Vereine etc. sind ausgeschlossen.
  5. Mindestens 25 % der Parklet-Grundfläche soll der Begrünung mit einheimischen Pflan­zen, Blumen, Gemüse, Obst etc. vorbehalten sein. Die Bepflanzung muss über die Standdauer des Parklets erhalten werden.
  6. Das Parklet soll möglichst frei von Kunststoffen (Blumenkübel, Folien etc.) errichtet werden.
  7. Mindestens 50 % der Parklet-Grundfläche sollen als Frei- und Begegnungsfläche nutzbar sein. Barrierefreiheit, mindestens aber Barrierearmut ist anzustreben.
  8. r das Parklet muss eine Sondernutzung für minimal 6 Monate und für maximal 12 Monate beantragt werden. Eine gewünschte Verlängerung muss zwei Monate vor Ablauf der Sondernutzungsgenehmigung gestellt werden. Sondernutzungsgebühren werden, sofern rechtlich möglich, nicht erhoben. Wird keine Verlängerung beantragt oder gewährt, ist die antragstellende Person zum Rückbau verpflichtet.
  9. Das Parklet muss so aufgebaut sein, dass die Verkehrssicherung gewährleistet ist und insbesondere bei der Nutzung eine Gefährdung durch den fließenden Verkehr auf der Fahrbahn minimiert wird (bspw. durch einen Zugang nicht direkt von der Fahrbahn aus). Es darf keine sicht- oder verkehrsbehindernden Bauformen bzw. Dimensionen aufweisen.
  10. Das Bezirksamt stellt im Sondernutzungsverfahren sicher, dass bei der Wahl der Fläche keine zu starke Beeinträchtigung anderer erfolgt. Daher sind beispielsweise die Inanspruchnahme von Behindertenparkplätze oder Parkplätzen mit öffentlichen Lade­stationen etc. für eine Parklet-Nutzung ausgeschlossen.
  11. Nach Genehmigung eines Parklets wird der zuständige Regionalausschuss in Kenntnis gesetzt.
  12. Ein Jahr nach Errichtung des ersten Parklets informiert die Verwaltung im Mobilitätsausschuss über die bis dahin gemachten Erfahrungen. Zu diesem Termin werden alle Antragstellenden eingeladen.

 

r die GRÜNE Fraktion r die SPD-Fraktion 
Timo B. Kranz Angelika Bester  

Nadja Grichisch diger Wendt

Christoph Reiffert Thomas Domres

 Martina Schenkewitz

Das Bezirksamt beschließt den Antrag.

Das Bezirksamt nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Dem Beschluss der Bezirksversammlung Hamburg-Nord (Drs. 21-4494) folgend hat das Bezirksamt die Voraussetzungen für die Einreichung von Anträgen auf Errichtung eines Parklets durch natürliche und juristische Personen geschaffen.

 

Antragsstellende können ab sofort die notwendigen Anträge auf Sondernutzung stellen. Dazu werden auf der Homepage des Bezirksamtes eine Schritt-für-Schritt-Anleitung sowie eine ausführliche Checkliste (beide sind hier zur Info beigefügt) hinterlegt, die alle notwendigen Informationen liefern. Die dort genannten Voraussetzungen zur Antragsstellung sowie die auf Basis der Drs. 21-4494 und bestehender Richtlinien und Vorschriften formulierten Vorgaben hinsichtlich Standort, Größe und Gestaltung des Parklets sind zu erfüllen. Die Genehmigung der Sondernutzung erfolgt nach Einzelfallprüfung in Abstimmung mit den zuständigen Behörden. Hierfür wird von einer Bearbeitungsdauer von mindestens vier Wochen ausgegangen.

 

Da die Erfahrung u.a. im Bezirk Eimsbüttel zeigt, dass die Nutzung der Parklets in den Wintermonaten deutlich abnimmt und die Belegung des öffentlichen Raumes durch vernachlässigte Parklets in öffentliche Kritik gerät, wird die Genehmigung zunächst für sechs Monate bzw. maximal Ende Oktober erteilt. Eine Verlängerung für weitere 6 Monate muss anschließend neu beantragt werden und ein auf die Wintermonate abgestimmtes Nutzungskonzept enthalten.

 

Gemäß BV-Beschluss werden bewilligte Anträge dem Hauptausschuss vorgelegt, um über die Erstattung der Kosten für Anschaffung und Aufbau in Höhe von maximal 1.000 Euro pro Parklet bzw. 2.000 Euro pro Doppelparklet aus dem in Drs. 21-4494 aufgelegten Fonds „Lebendiger öffentlicher Raum“ zu entscheiden. Abgelehnte Anträge werden dem Ausschuss zusätzlich zur Info gegeben.

 

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die von der Bezirksversammlung gewünschte Befreiung von Gebühren im Zusammenhang mit dem Sondernutzungsantrag nicht möglich. Die Bezirksversammlung wird gebeten zu entscheiden, ob sich die antragsstellende Person auch eine eventuell anfallende Gebühr (voraussichtliche Höhe rd. 100 Euro) zusätzlich aus dem Fonds „Lebendiger öffentlicher Raum“ erstatten lassen kann.

 

Des Weiteren schlägt das Bezirksamt vor, die Parklets mit einer Holzplakette zu kennzeichnen. Dies wird bereits in anderen Kommunen wie Berlin oder München praktiziert, und informiert Interessierte über das Format „Parklet“ sowie die Förderungsmöglichkeit durch die Bezirksversammlung. Gleichzeitig soll darauf ein Kontakt zu der antragstellenden Person enthalten sein. Die Bezirksversammlung wird um einen Beschluss gebeten, dass die Finanzierung dieser Holzplaketten (voraussichtliche Kosten rd. 70 Euro) ebenfalls aus dem Fonds „Lebendiger öffentlicher Raum“ erfolgen kann.

 

Um auch für 2024 noch den Fonds zur Förderung von Anträgen nutzen zu können und damit den gewünschten Anreiz zur Aufstellung von Parklets zu gewähren, wird die Bezirksversammlung darüber hinaus gebeten, bei der Sitzung des Hauptausschusses am 14.05.2024 für die bis dahin eingegangenen Anträge vorbehaltlich der Sondernutzungsgenehmigung die Finanzierung zu beschließen. Die folgende Sitzung im September käme für die Antragsstellenden zu spät. Dort würde der Ausschuss dann über die Ergebnisse der jeweiligen Sondernutzungsanträge in Kenntnis gesetzt.

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme und entsprechende Beschlussfassung wird gebeten.

 

Michael Werner-Boelz

 

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