Beflaggung des Bezirksamts Hamburg-Nord zum 8. Mai Antwort der Senatskanzlei
„Was glauben Sie denn, ist ein Künstler? Er ist gleichzeitig ein hochpolitisches Wesen, das ständig im Bewusstsein der zerstörerischen, brennenden oder beglückenden Weltereignisse lebt und sich ganz und gar nach ihrem Bilde formt. Wie könnte man kein Interesse an den anderen Menschen nehmen und sich in elfenbeinerner Gleichgültigkeit von einem Leben absondern, das einem so überreich entgegengebracht wird?“
Pablo Picasso: Was ist ein Künstler? (1945)
Der 8. Mai wird von vielen zivilgesellschaftlichen Aktiven weltweit als Tag der Befreiung von deutschem Faschismus und der Barbarei des Zweiten Weltkriegs gefeiert. 2023 wird er in Hamburg erstmalig als offizieller Gedenktag anlässlich des Endes des Zweiten Weltkrieges und insbesondere für die Befreienden und Befreiten begangen. Im Beschluss hierüber ruft die Hamburgische Bürgerschaft auf:
„Diesen offiziellen Gedenktag sollten Senat, Bürgerschaft sowie Zivilgesellschaft durch entsprechende Veranstaltungen würdig begehen.“ (Drs. 22/8241 [1])
Eine mögliche Form der öffentlichen Würdigung des Gedenktags ist eine Beflaggung der städtischen Flaggenmasten. Für einzelne öffentliche Gebäude kann diese durch die jeweils Zuständigen angeordnet werden. Stadtweite Beflaggungen bedürfen einer Anordnung des Senats.
Der Künstler Pablo Picasso galt im Dritten Reich als „entartet“. Der Sieg des internationalen Bündnisses über den deutschen Faschismus bedeutete auch die Befreiung der Kunst Picassos. Picasso wird mit der Anteilnahme an der Menschlichkeit in seinen Porträts und dem Anprangern der Vernichtung menschlichen Lebens und menschlicher Kultur in seinem Guernica-Bild verbunden. Noch mehr aber steht er für die Verbreitung der Friedenstaube, die in den Jahren und Jahrzehnten nach der Überwindung des Zweiten Weltkriegs weltweit in verschiedenen Variationen als Symbol der Hoffnung und Völkerverständigung über alle Grenzen hinweg Verbreitung fand.
Für den Weltfriedenskongress 1949 in Paris wurde von Pablo Picasso die Silhouette einer Taube entworfen und lithographiert. 1955 erhielt er für seine Lithographie den Weltfriedenspreis. Seitdem ist die Friedenstaube ein weltweites Symbol für den Frieden und die Friedensbewegung und verbindet damit auch international diejenigen, die an der Befreiung am 8. Mai mitgewirkt haben.
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:
Für die GRÜNE Fraktion Für die SPD-Fraktion
Timo B. Kranz Angelika Bester
Moritz Lamparter
Die Bezirksversammlung beschließt den Antrag.
Die Senatskanzlei nimmt wie folgt Stellung:
Auf die Beantwortung von Punkt 2 wird zwecks mangelnder Zuständigkeit verzichtet. Die
folgende Betrachtung gilt den Ziffern 1 und 3.
a) Grundlage
Der 8. Mai ist als neuer Gedenktag in Hamburg noch nicht Teil der allgemeinen Beflaggung
ohne besondere Anordnung nach Ziffer 6.1 der Anordnung über Wappen, Flaggen und
Siegel der Freien und Hansestadt Hamburg vom 21. Juni 1982 (Amtl. Anz. S. 1278, Anlage
II).
Gemäß Ziffer 6.3 der o. g. Anordnung ist die allgemeine Beflaggung an anderen als den in
Nummer 6. 1 genannten Tagen sowie die begrenzte Beflaggung aus besonderen Anlässen
möglich. Diese Beflaggung ordnet der Senat an. Liegt jedoch ein besonderer Anlass vor, der
nur ein Senatsamt, eine Fachbehörde oder ein Bezirksamt betrifft, kann der Senator,
Staatsrat oder Bezirksamtsleiter die begrenzte Beflaggung anordnen.
Da es sich im vorliegenden Fall um einen hamburgweiten Gedenktag handelt, ist ein
Senatsbeschluss zwingend erforderlich.
b) Allgemeine Beflaggung
Ein durch Bürgerschaft und Senat beschlossener offizieller Gedenktag bildet einen
besonderen Anlass gem. Ziffer 6. 3 der Anordnung über Wappen, Flaggen und Siegel der
Freien und Hansestadt Hamburg vom 21. Juni 1982, der die Anordnung einer (jährlich
wiederkehrenden) allgemeinen Beflaggung rechtfertigt.
Der Senat ist diesem Ansinnen bereits in diesem Jahr gefolgt und hat für den 8. Mai 2023 die
hamburgweite allgemeine Beflaggung angeordnet. Diese Anordnung soll ferner jährlich
erfolgen.
c) Beflaggung der Rathäuser/Bezirksämter mit der Friedenstaube
Gem. Ziffer 6. 7 dürfen andere Flaggen gesetzt werden, sofern der Anlass es rechtfertigt.
Laut vorliegender Anfrage sollen ausschließlich das Rathaus und die Bezirksämter, nicht
aber z. B. die Fachbehörden und die Schulen, mit der Friedenstaube nach Pablo Picasso
geflaggt werden.
Da der Gedenktag zum 8. Mai von der Wertigkeit her den in Ziffer 6.1 der Anordnung über
Wappen, Flaggen und Siegel aufgeführten Beflaggungstagen entspricht, wird empfohlen, der
hier gültigen Beflaggungspraxis zu folgen und keine abweichende Regelung vorzunehmen.
Die allgemeine Beflaggung sieht hier eine einheitliche Beflaggung aller Dienstgebäude
und keine Flaggen Dritter vor. Hinzu kommt, dass es nicht der Staatspraxis entspricht,
einzelne Rathäuser und Bezirksämter anders zu beflaggen als die anderen Dienstgebäude.
Ausgenommen ist hierbei das Hamburger Rathaus.
Ergebnis:
Zu 1): Keine gesonderte Beflaggung der Rathäuser und Bezirksämter mit einer Flagge, die
die Friedenstaube zeigt aus den unter c) genannten Gründen.
Zu 3): Es wurde bereits ein Senatsbeschluss im Verfügungswege mit der Anordnung der
hamburgweiten allgemeinen Beflaggung am 8. Mai 2023 erlassen. Die jährliche Anordnung
der hamburgweiten allgemeinen Beflaggung am 8. Mai ist beabsichtigt
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Isabel Permien
Keine