Antwort zur Kleinen Anfrage DIE GRÜNEN gem. § 24 BezVG betr. Mögliche Standorte für städtische Taubenschläge
Das städtische Bild ist auch in Harburg geprägt von Stadttauben. Lokale Taubenvereine berichten schon seit langem über die nicht tierschutzgerechte Situation und das Leid der städtischen Vögel. Eine mögliche Lösung könnten betreute Taubenschläge sein, in denen Taubeneiern durch Attrappen ausgetauscht werden, um so die Population zu kontrollieren. Mit der Bürgerschaftsdrucksache 22/10292 wurden finanzielle Mittel zur Erprobung der Nutzung eines Taubenschlags in Hamburg zur Verfügung gestellt. Der am Barmbeker Bahnhof eingerichtete Taubenschlag wird hierfür wissenschaftlich begleitet.
Sowohl am Harburger Bahnhof, als auch um das ehemalige Karstadtgebäude und in der Nähe des Neugrabener Bahnhof kann man eine Vielzahl an Tauben sehen. Da sie kaum geeignete Nistmöglichkeiten finden, nisten die Gebäudebrüter an privaten und öffentlichen Häusern und Nischen. Oft hinterlassen die Tiere sogenannten „Hungerkot“, der unter anderem unangenehm riecht und für Verschmutzungen sorgt. Das Ziel sollte es daher sein, vor allem um diese Hotspots herum, geeignete Lösungen zu finden, die sowohl personell und finanziell stemmbar sind als auch den Tierschutz in unserer Stadt ernst nehmen.
Wir fragen daher die Verwaltung:
1. Kommt für die Population am Neugrabener Bahnhof das Dach des Neubaus des PK47 als Standort für einen möglichen Taubenschlag infrage?
2. Kommt für die Population rund um das ehemalige Karstadtgebäude im Harburger Kerngebiet das Dach des ehemaligen Karstadtgebäudes infrage?
3. Wie bewertet die Verwaltung die personelle und finanzielle Umsetzbarkeit dieser Standorte?
4. Welche weiteren Standorte im Bezirk Harburg könnten nach Einschätzung der Verwaltung für die Einrichtung eines betreuten Taubenschlags geeignet sein?
FREIE UND HANSESTADT HAMBURG
Bezirksamt Harburg
10.03.2025
Das Bezirksamt Harburg beantwortet die Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung der Verwaltung zur Beantwortung der Anfrage:
Auch anlässlich entsprechender Beschlüsse der BV hat sich die Verwaltung in den vergangenen Jahren mit Ansätzen zur Populationskontrolle von Stadttauben, insbesondere mit dem Konzept betreuter Taubenschläge, befasst. Nach Kenntnis der Verwaltung gibt es bislang keine unabhängigen, wissenschaftlichen Maßstäben gerecht werdenden Studien zur Wirkung derartiger Schläge im Hinblick auf die Populationsgröße und auf das Ziel einer Reduktion der mit großen Taubenpopulationen in innerstädtischen Räumen einhergehenden negativen Effekte wie beispielsweise Verschmutzung durch Taubenkot. Zwar werden von den Betreibern verschiedener Taubenschläge Zahlen zur Menge des in den Schlägen gesammelten Kots und zur Anzahl der in den Schlägen getauschten Eier genannt, doch sind der Verwaltung keine Daten zur Entwicklung der Gesamt-Population, zur Entwicklung der Reinigungskosten im weiteren Umfeld der Schläge und / oder zur Wahrnehmung der Effekte durch Anrainer bekannt.
Die Verwaltung geht derzeit davon aus, dass betreute Taubenschläge positive Effekte auf den Gesundheitszustand der im Schlag gefütterten Tauben haben können, im Hinblick auf die Populationsgröße und die Sauberkeit im öffentlichen Raum von den Schlägen neben den in der Anfrage beschriebenen positiven Effekte aber auch negative Effekte ausgehen können: Da das von den Tierschutz- bzw. Taubenschutzvereinen vorgeschlagene Konzept vorsieht, dass die Tauben regelmäßig im Schlag mit artgerechtem Futter versorgt werden, der Ein- und Ausflug von Tauben aber praktisch nicht auf bestimmte Tauben beschränkt werden kann, steht zu befürchten, dass durch den Schlag auch Tauben ernährt werden, die nicht im Schlag brüten und für deren Gelege entsprechend kein Eiertausch erfolgen kann. Insoweit Brutplätze außerhalb des Schlages nicht umfassend und nachhaltig verwehrt werden können und das Nahrungsangebot außerhalb des bzw. der Schläge nachhaltig und sehr erheblich reduziert werden kann, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der die Population reduzierende Effekt des Eiertausches im Schlag durch den Effekt des zusätzlichen Nahrungsangebotes und die dadurch für alle Tauben im Umfeld des Schlages günstigeren Bedingungen überkompensiert wird.
Vor diesem Hintergrund hält es die Verwaltung für zweckmäßig, die Ergebnisse der Evaluation des in Barmbek durch das Bezirksamt HH-Nord errichteten Schlages abzuwarten und diese dann für Harburg zu bewerten, bevor Entscheidungen über den Einsatz dieses Instruments in Harburg getroffen werden bzw. Ressourcen für die Entwicklung enstprechender Standorte aufgewendet werden.
Aus Sicht der Verwaltung wären bei derartigen Projekten außerdem weitere Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen. Diese wären insbesondere, dass die Kapazität des bzw. der Schläge ausreichend ist, um die vorhandene Population aufzunehmen; dass im Umfeld des bzw. der Schläge andere Nistplätze nachhaltig verwehrt werden können und dass in einem weiten Umfeld um den bzw. die Schläge ein sonstiges Nahrungsangebot dauerhaft unterbunden wird.
Unabhängig von der Anerkennung der mit lokal konzentrierten großen Taubenpopulationen in urbanen Räumen einhergehenden Problemlagen weist die Verwaltung darauf hin, dass eine tierschutzrechtliche Fürsorgepflicht für frei lebende Tauben – wie auch für andere wild lebende Tiere - rechtlich nicht gegeben ist.
Insoweit Belange des gesetzlichen Artenschutzes nach dem BNatSchG betroffen sein sollten, wäre die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrar (BUKEA) einzubeziehen.
Dies vorwegggeschickt beantwortet die Verwaltung die Fragen wie folgt:
Da das Gebäude weder in Verwaltung noch in Eigentum des Bezirksamtes steht, sind der Verwaltung keine Daten zur Tragfähigkeit des Daches oder andere etwaige bauliche oder sich ggf. aus der Nutzung heraus ergebende Einschränkungen bekannt. Die Eignung des Daches kann insoweit durch die Verwaltung nicht beurteilt werden.
Zur Beurteilung erforderliche baustatische Prüfungen sind der Verwaltung nicht bekannt. Entsprechende Aussagen können daher durch die Verwaltung nicht getroffen werden.
Hinsichtlich des ehemaligen Karstadt-Gebäudes ist die Verwaltung in einem andauernden Prozess mit diversen Beteiligten hauptsächlich damit befasst, Konzepte für eine umfängliche Zwischennutzung und Belebung des Gebäudes sowie für eine langfristige Entwicklung dieses für die Harburger Innenstadt besonders bedeutsamen Standortes zu entwickeln. Eine Befassung mit der Frage, ob an diesem Standort auch ein Taubenschlag realisiert werden kann und soll, sollte aus Sicht der Verwaltung zweckmäßiger Weise erst in Abhängigkeit von den entwickelten Konzepten zur Nutzung und baulichen Veränderung des Standortes erfolgen.
Die Verwaltung weist darauf hin, dass Außerbetriebnahmen eines einmal betriebenen Schlages auch tierschutzrechtliche Relevanz haben können.
Derzeit sind im Haushaltsplan des Bezirksamtes weder die finanziellen Mittel zur Errichtung und Betrieb eines oder mehrerer Taubenschläge vorgesehen, noch sind die damit verbundenen Aufgaben in der bestehenden Stellenausstattung berücksichtigt. Stand jetzt wäre daher die Umsetzbarkeit von Taubenschlägen an den in der Anfrage benannten Standorten nicht gesichert.
Seitens der Verwaltung wurden vor einigen Jahren vorsorglich an mehreren Standorten in der Innenstadt, an denen stetig ein umfangreiches Auftreten von Tauben festzustellen ist, Gebäudeeigentümer (z. B. von Parkhäusern) hinsichtlich Ihrer Bereitschaft zur Errichtung von Taubenschlägen abgefragt. Hierzu hatte die Verwaltung im Ergebnis nur ablehende Rückmeldung erhalten.
Vorbehaltlich der in der Vorbemerkung dargestellten Bedenken und der dort benannten Erfolgsfaktoren sowie der ungeklärten Frage, wie der Betrieb eines Schlages dauerhaft gesichert werden könnte, werden seitens der Verwaltung Flächen im Umfeld des Seeveplatzes und des Bahnhofs Harburg als potenziell geeignet zur Errichtung von Taubenschlägen angesehen.
gez. i.V. Trispel
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