Unterbringung von Geflüchteten kurzfristig ermöglichen und für den Standort Berzeliusstraße einen langfristigen Ersatz finden
Letzte Beratung: 23.06.2022 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 3.3
Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 24.03.2022 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion Drs. Nr. 22-2818 einstimmig zugestimmt.
Im Beschluss des Hauptausschusses „Solidarität mit der Ukraine - Unterstützung für Geflüchtete in Hamburg-Mitte“ vom 08. März 2022 haben die Fraktionen der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte den russischen Angriffskrieg verurteilt und ihre breite Solidarität mit dem demokratischen Staat der Ukraine und dessen Bürgerinnen und Bürgern erklärt. Gleichzeitig unterstützten wir die kurzfristigen Bemühungen der Hamburger Fachbehörden zur Aktivierung von Unterbringungsmöglichkeiten für aus der Ukraine geflüchtete Menschen und baten den Bezirksamtsleiter, zusätzliche Flächen zu suchen und bei entsprechender Eignung vorzuschlagen. Diese Flächen sollten bevorzugt in den Stadtteilen gefunden werden, die bisher weniger Beitrag zur Unterbringung von Geflüchteten geleistet haben. Eine weitere Konzentration von Einrichtungen sollte vermieden werden.
Dies wird nun ins Werk gesetzt, neue Flächen und Objekte werden gefunden, auf ihre Eignung bewertet und sukzessive in Betrieb genommen. Zu diesen neuen Standorten kommen jedoch auch Erweiterungen und Verlängerungen von bestehenden Standorten, beispielweise auch an der Berzeliusstraße in Billbrook. Dieser Standort existiert seit nunmehr mehreren Jahrzehnten und hat in dieser Zeit Generationen von Geflüchteten aus den Krisengebieten der Welt in Hamburg eine sichere Unterbringung geboten. 2002 wurde die Berzeliusstraße aufgrund der unhaltbaren Zustände eigentlich für immer geschlossen und alle Häuser abgerissen. Sie galt als Deutschlands schlimmste Unterkunft. Im Jahr 2014 wurde sie entgegen vielen Warnungen wieder eröffnet. Die Lage im Industriegebiet Billbrook war dabei von Beginn an nicht ideal. Es fehlt an einer integrativen Anbindung an die Wohnstandorte Billstedts sowie an hinreichenden sozialen Folgeeinrichtungen in unmittelbarer Nähe. Im selben Quartier und nur rund 50 Meter entfernt existieren noch die Unterkünfte Billstieg und Billbrookdeich. Insgesamt leben hier rund 1.200 Menschen. Dennoch besteht nun aufgrund der aktuellen Ukraine-Krise die Notwendigkeit, diesen Standort für einen Zeitraum von 5 Jahren neu zu aktivieren. Voraussetzung dafür ist eine generelle bauliche und sozial-integrative Ertüchtigung sowie eine klare Perspektive auf die endgültige Schließung dieses Standorts nach Ablauf der 5-Jahresfrist.
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:
1. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, mit den zuständigen Stellen dafür zu sorgen, dass der Standort Berzeliusstraße für den Betrieb in den nächsten 5 Jahren hergerichtet wird. Dazu gehören für die Menschen ordentliche bauliche Zustände, die Zurverfügungstellung von WLAN sowie hinreichende soziale und psychosoziale Betreuungsangebote wie z.B. eine halboffenen Kindertagesbetreuung vor Ort.
2. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, mit den zuständigen Stellen dafür zu sorgen, dass die Einrichtung Berzeliusstraße bei nachlassendem Migrationsdruck prioritär gegenüber anderen Standorten heruntergefahren wird – Altbauten sollten dabei zuerst auslaufen.
3. Der Bezirksamtsleiter wird aufgefordert, die Genehmigung für den Standort Berzeliusstraße nunmehr letztmalig für weitere 5 Jahre zu erteilen und in dieser Periode verbindlich einen oder mehrere Ersatzstandorte (Flächen oder auch Bestandsobjekte) für diese Einrichtung zu finden. Diese Alternativen sollen bevorzugt in Stadtteilen gefunden werden, die bisher weniger Beitrag zur Unterbringung von Geflüchteten geleistet haben.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt unter Beteiligung von Fördern und Wohnen AöR (F&W) zu dem Beschluss mit Schreiben vom 16.05.2022 wie folgt Stellung:
„Vorbemerkung:
Sowohl dem Bezirksamt als auch der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte gilt großer Dank für die Solidarität mit den Schutzsuchenden aus der Ukraine und anderen Ländern und für die Unterstützung bei der Erweiterung des Standortes der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU) Berzeliusstraße. Damit leistet der Bezirk Hamburg-Mitte einen wichtigen Beitrag, dass es Hamburg gelingt, neben den mit Stand 8. Mai 2022 insgesamt bereits rund 9.000 zusätzlich geschaffenen Plätzen weitere erforderliche Kapazitäten zu realisieren und den Schutzsuchenden einen sicheren Aufenthalt zu ermöglichen. Die Sozialbehörde wird in enger Abstimmung und mit Unterstützung der weiteren beteiligten Fachbehörden und des Bezirksamtes Hamburg-Mitte dafür Sorge tragen, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, dass sich die Menschen in der Unterkunft gut aufgenommen fühlen können und diese gut an die soziale Infrastruktur angebunden ist.
Um für steigende Zugangszahlen von Schutzsuchenden gerüstet zu sein, hat die Sozialbehörde bereits in der Vergangenheit Planungen aufgestellt, um in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen Flächen für Unterkünfte herrichten zu können. Neben der Verlängerung von Standorten werden Teile der Reserveplanung nunmehr umgesetzt. Im Zuge dessen ist im Bezirk Hamburg-Mitte geplant, auf einem freien Grundstück des bereits bestehenden örU-Standorts Berzeliusstraße mit aktuell 600 Plätzen zusätzliche 260 Plätze zu errichten. Die Beteiligungsverfahren für die Verlängerung und die Erweiterung unter Einbeziehung des Bezirksamtes wurden am 6. April 2022 eingeleitet.
Hamburg informiert im Übrigen ausführlich auf https://www.hamburg.de/ukraine zum Thema Geflüchtete aus der Ukraine. Diesbezüglich siehe auch https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/16053156/2022-04-04-sozialbehoerde-weitere-unterkuenfte/.
Zu 1:
Es wird grundsätzlich, wie bei allen anderen Standorten auch, laufend in den Erhalt der Einrichtungen investiert. Am bestehenden Standort Berzeliusstraße gibt es aktuell in den Sanitärbereichen einen Instandsetzungsbedarf. Die Planungen für die Instandsetzungsmaßnahmen laufen bereits.
Darüber hinaus plant F&W für den Standort Berzeliusstraße bereits eine hochwertige Internetversorgung über das WLAN-Voucher-Modell, siehe hierzu auch Drs. 22/7432.
Auf dem Gelände des Standorts Berzeliusstraße befindet sich die Kita Berzeliusstraße des Trägers Elbkinder-Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH. Die Kita verfügt über eine pädagogisch nutzbare Fläche von 438 m² für die Betreuung von Krippen- und Elementarkindern. Aktuell verfügt die Kita noch über Freikapazitäten zur Aufnahme weiterer Kinder.
Darüber hinaus ist die Sozialbehörde auch mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte im Hinblick auf die Stärkung der sozialen Infrastruktur im Umfeld von Unterkünften im Austausch (z.B. Spielmobile, Sozialräumliche Integrationsnetzwerke, Frühe Hilfen und Familienförderung, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Sozialräumliche Angebote der Jugend- und Familienförderung). Konkret zum Standort Berzeliusstraße siehe auch die BV-Drs. 22-2863 und 22-2864.
Zu 2:
Die Planung der Kapazitäten der Flüchtlingsunterbringung wird von der Sozialbehörde laufend fortgeschrieben, siehe hierzu auch Drs. 22/7938.
Die Sozialbehörde befürwortet den Beschluss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und unterstützt das Ansinnen, dass sofern und sobald es die Bedarfslage zulässt, die Kapazitäten nach unten angepasst werden. Große Standorte wie der Standort Berzeliusstraße werden hierbei prioritär behandelt und im konkreten Fall der alte Standort zuerst heruntergefahren.
Zu 3:
Die Sozialbehörde begrüßt es, die in Hamburg-Mitte besonders betroffenen Stadtteile perspektivisch zu entlasten und mittelfristig Alternativen in weniger belasteten Stadtteilen des Bezirkes zu suchen.“
Das Bezirksamt teilt zu Punkt 3 des Beschlusses Folgendes mit:
Die entsprechende Genehmigung wird unter der Federführung des Fachamtes Bauprüfung vorgenommen und die Alternativ-Standortsuche wird federführend durch das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung unter Beteiligung der relevanten bezirklichen Dienststellen/Fachämter und unter Zuhilfenahme der Sprinkenhof AG in die Wege geleitet.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.