22-1902.1

Trinkwasserversorgung für Wohnungs- und Obdachlose

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27.05.2021
Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat den nachstehenden Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE, Drs. 22-1902,   in ihrer Sitzung am 22.04.2021 einstimmig als Empfehlung gem. § 27 BezVG beschlossen.

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Die Qualität des Wassers ist in Hamburg so gut, dass man es bedenkenlos aus dem Hahn trinken kann – wenn ein solcher zur Verfügung steht. In den vergangenen Jahren sind in der Stadt zahlreiche Trinkwassersäulen aufgestellt worden, die für alle Menschen frei zugänglich sind. Bedingt durch die seit über einem Jahr anhaltende Corona-Pandemie wurden diese Säulen verständlicherweise abgestellt, um die Gesundheit der Menschen nicht zu gefährden, da eine der Eindämmungsverordnung gerechte hygienische Säuberung nach jeder Benutzung nicht möglich ist.

 

Auch können wohnungs- oder obdachlose Menschen zurzeit keine gastronomischen Betriebe aufsuchen und an deren Hilfsbereitschaft appellieren, um Wasserspenden zu erhalten. Gerade im Hinblick auf die kommenden warmen Sommermonate und nicht wissend, wie es mit der Ausbreitung von Covid-19 in unserer Stadt weitergeht, möchten wir das Bezirksamt bitten, schon jetzt Möglichkeiten abzuwägen, wie eine Wasserversorgung von Menschen ohne Zugang zu Wasserhähnen oder anderen Möglichkeiten bereitgestellt werden kann.

 

Petitum/Beschluss

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:

 

Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen:

1. Eine coronakonforme Einzelwasserflaschenversorgung für Menschen, die sonst keinen Zugang zu Frischwasser haben, einzurichten.

2. Gegebenenfalls eine Möglichkeit der selbstständigen Wasserabfüllung zu prüfen. Beispielsweise eine kontrollierte Abfüllung an selbst mitgebrachte Behälter mit vorheriger Reinigungsmöglichkeit.

3. Dem Sozialraumentwicklungsausschuss davon zu berichten

 

 

 

 

Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:

 

 

Die Frage der Essensversorgung, einschließlich der Versorgung mit Getränken bzw. Wasser, für wohn- und obdachlose Menschen nimmt einen wichtigen Stellenwert im umfangreichen und ausdifferenzierten Hamburger Hilfesystem ein. Dies gilt umso mehr unter den gegenwärtig aufgrund der Pandemielage zusätzlich erschwerten Lebensbedingungen für die betroffenen Zielgruppen.

 

Die im Rahmen des vorliegenden Antrags der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte in zutreffender Weise geschilderten, sehr wesentlichen Herausforderungen sind aufgrund dessen bereits frühzeitig und unter erheblichem Mittelaufwand seitens der Sozialbehörde mit entsprechenden Maßnahmen aufgegriffen worden.

 

So wurde etwa die Essens- und Getränkeversorgung innerhalb des städtischen Winternotprogramms (WNP) deutlich ausgebaut. Zu den zusätzlichen Maßnahmen gehört unter anderem die Finanzierung von Lebensmittelpauschalen für die dezentralen Containerschlafplätze der am WNP partizipierenden Kirchengemeinden und Hochschulen.         

 

Neben den Verpflegungsangeboten an allen Standorten des Winternotprogramms kommt im Besonderen auch den Hamburger Tagesaufenthaltsstätten eine zentrale Rolle bei der Essens- und Getränkeversorgung für obdachlose Menschen zu. Einige dieser Einrichtungen in freier Trägerschaft hatten im Zuge der neuen, pandemiebedingten Hygieneauflagen ihre Angebote vorübergehend erheblich eingeschränkt. Dies betraf sowohl die Möglichkeiten des Aufenthalts von Klientinnen und Klienten im Innenbereich als auch der Essenszubereitung in eigenen Küchenräumen.

 

Eine hierdurch drohende, für das Hilfesystem sehr wesentliche Versorgungslücke konnte mithilfe umgehend eingeleiteter Maßnahmen aus öffentlicher Hand abgewendet werden. Neben der Beauftragung einer städtisch finanzierten Essens- und Getränkeversorgung für viele der Tagesaufenthaltsstätten konnte auch die zeitlich befristete Inbetriebnahme einer neuen, durch F&W Fördern und Wohnen AöR betriebenen Tagesaufenthaltsstätte für (zeitgleich) bis zu 199 Personen in der „Markthalle“ weitgehend die genannten Ausfälle kompensieren.    

 

Durch die vorgenannten Maßnahmen konnte insgesamt die Essensversorgung (einschließlich der Versorgung mit Getränken bzw. Wasser) für die betroffenen Zielgruppen auch unter den gegenwärtig deutlich erschwerten Pandemiebedingungen aufrechterhalten werden.  

 

Aktuell ist darüber hinaus positiv festzustellen, dass viele der Einrichtungen mit zwischenzeitlich eingeschränkten Tagesaufenthaltsangeboten stufenweise wieder in den Regelbetrieb zurückkehren, einschließlich Angeboten der Essens- und damit auch der Getränkeversorgung. Diese erfreuliche Entwicklung ist insbesondere auf das zuletzt sehr erfolgreiche und weiter anziehende Impfgeschehen zurückzuführen. Die in der Obdachlosenhilfe tätigen Personen, einschließlich der Ehrenamtlichen, sind im Rahmen der Impfpriorität der Kategorie 2 bereits Anfang April zur Impfung aufgerufen worden. Die Inanspruchnahme kann aus Sicht der Sozialbehörde aufgrund der regelmäßigen Gespräche mit den Träger als sehr gut bezeichnet werden.

 

Seitdem der nur einmal zu verimpfende Impfstoff von Johnsons & Johnson zur Verfügung steht, ist es im Rahmen der Impfkampagne (u.a. mit mobilen Impfteams) zudem gelungen, bereits deutlich mehr als 1.100 obdachlose Menschen mit einem wirksamen Schutz gegen das Covid-19-Virus zu versorgen (Stand 22.05.2021). Gleich mehrere Impfrunden wurden und werden hierbei beispielsweise an den Standorten des Winternotprogramms sowie in der TAS Markthalle durchgeführt. Weitere Durchgänge folgen noch. Auch die Tagesaufenthaltsstätten konnten bereits mithilfe mobiler Impfteams adäquat versorgt werden. Hier ist mittlerweile ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenfalls geimpft.    

 

Das gegenwärtig anhaltend positive Impfgeschehen, flankiert mit kontinuierlich sinkenden Inzidenzen in der Stadt, trägt wesentlich dazu bei, dass das soziale Hilfesystem für wohn- und obdachlose Menschen sich mittlerweile in vielen Bereichen wieder dem Angebotsniveau pandemiefreier Zeiten annähert. Die Mehrzahl der zuvor erwähnten Einrichtungen hält regelhaft auch Getränke für ihre Gäste vor bzw. ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

 

Hinzu kommt, dass auch in den ganzjährigen Notübernachtungsstätten von F&W (ebenso wie im Winternotprogramm) die Ausgabe von Trinkwasser möglich ist. Zu nennen sind hier insbesondere die Notübernachtungsstätte für Männer Pik As in der Neustädter Straße sowie die Frauenübernachtung in der Hinrichsenstraße.

 

Die Sozialbehörde wird die Entwicklung weiter sehr genau beobachten, geht aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass eine Ausweitung der Angebote, wie sie im hier vorliegenden Antrag angeregt wird, nicht mehr notwendig sein wird.

 

 

Petitum/Beschluss:

Um Kenntnisnahme wird gebeten