21-5146.1

Temporäre Autofreiheit im Rathausquartier

Mitteilung öffentlich

Letzte Beratung: 07.05.2019 Hauptausschuss Ö 3.12

Sachverhalt

Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 21.03.2019 dem Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion Drs. Nr. 21-5146 in der nachfolgend aufgeführten Fassung mehrheitlich - gegen die Stimmen der CDU-Fraktion - zugestimmt.

 

 

Das Rathausquartier ist für Hamburg und die Innenstadt von Bedeutung. Zwischen Großer Johannisstraße, Domstraße und Nikolaifleet tummeln sich Geschäfte, Restaurants und Büros. Die Straßen sind überwiegend klein und fast vollkommen dem motorisierten Individualverkehr im Sinne von Parkraum und Fahrstreifen vorbehalten. Im Vergleich zu anderen deutschen Städten ist die Fläche von Fußgängerzonen in der Hamburger Innenstadt sehr gering (lediglich die Spitalerstraße bietet eine große Fußgängerzone). Seit längerem setzt sich die Initiative „Altstadt für Alle“ dafür ein, weitere Bereiche autofrei zu gestalten und will ein Modellprojekt im Rathausquartier durchführen, um eine wissenschaftliche Grundlage zu erhalten. Dies wollen wir unterstützen.

 

Das Viertel ist relativ klein und kann einfach mit ÖPNV, Fahrrad und zu Fuß erreicht und durchquert werden, wodurch es sich perfekt für einen Modellversuch eignet. Forschung zu Projekten und Umgestaltungen in anderen Städten haben gezeigt, dass autofreie Zonen den Besucher*innenstrom anregen können, Menschen dort länger verweilen und auch der Umsatz gesteigert werden kann. Gerade auch Kinder sowie ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen profitieren von Autofreiheit, da sie - geschützt vor Verkehr - nicht befürchten müssen, überfahren zu werden.

 

Nicht immer ist Autofreiheit automatisch besser, weshalb diese temporär im Rathausquartier - als Pilotprojekt für die Hamburger Altstadt - ausprobiert werden soll. Kombiniert mit einer Steigerung der Aufenthaltsqualität durch Sitzmöglichkeiten, Fahrradabstellmöglichkeiten, Grün und Flächen für spielende Kinder kann getestet werden, wie die Hamburger*innen und Besucher*innen dieser Stadt auf einen Teil autofreie Innenstadt reagieren. Damit die Erkenntnisse daraus gut aufbereitet werden und für andere Viertel verwendbar sind, soll eine wissenschaftliche Begleitforschung unter Beteiligung des Institut für Verkehrsplanung und Logistik der TUHH erfolgen. Ein mögliches Mess- und Erfolgskriterium wäre Aufenthaltsqualität, welche nach den Methoden des dänischen Stadtplaners Jan Gehl bewertet werden kann. Die Initiative hat schon Vorschläge erarbeitet, die noch diesen Sommer umgesetzt werden können. Diese sind genauer in der Projektskizze „Temporäre Autofreiheit“ beschrieben. Vorher durchgeführte Umfragen unter Anlieger*innen des Viertels ergaben Zustimmung zu der Idee von 87%  unter Gastronom*innen und 59%  von allen Befragten (Quelle: Altstadt für Alle/D-Plan).

 

Demnach möge die Bezirksversammlung beschließen:

 

Die Verwaltung wird gebeten,

1. nach Vorlage eines abgestimmten Konzepts eine temporäre autofreie Zone in der Innenstadt zwischen Großer Johannisstraße, Rathausstraße und Domstraße zwischen 11:00 und 23:00 täglich für den Sommer 2019 (für drei Monate im Zeitraum Juni bis September) einzurichten.

2. Dem Radverkehr die Durchfahrt des Bereichs weiterhin zu gestatten.

3. Der Initiative „Altstadt für Alle“, vertreten durch die Patriotische Gesellschaft von 1765 e.V., werden für Sachkosten 60.000€ aus dem Förderfonds Bezirke zur Verfügung gestellt.

4. Der Bezirksversammlung zu berichten.

 

Der Bezirksamtsleiter wird gebeten:

5. sich bei Bürgerschaft und Grundeigentümer*innen dafür einzusetzen, sich finanziell an dem Projekt zu beteiligen.

 

 

 

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nimmt zu dem Beschluss mit Schreiben vom 16.04.2019 wie folgt Stellung:

 

Zu 1.:

Bei den Straßen im vorgelegten Konzept zur temporär autofreien Zone im Rathausviertel (Stand 21. Februar 2019) handelt es sich um Bezirksstraßen mit geringer Bedeutung für die Abwicklung des übergeordneten Verkehrs. Die Straßen Schauenburgerstraße, Kleine Johannisstraße, Gr. Bäckerstraße, Börsenbrücke, Neß, Trostbrücke und Neue Burg – welche die Zone bilden – wickeln relativ geringe Verkehrsmengen ab und dienen vorwiegend der Erschließung des Gebietes. Es handelt sich um ein Quartier mit vorwiegend gewerblicher Nutzung und nur vereinzelter Wohnnutzung in den oberen Stockwerken.

 

Das Gebiet ist durch die U-Bahn-Haltestelle Rathaus und zahlreiche Metro-/Stadtbuslinien hervorragend erschlossen. Die vorgeschlagene temporäre autofreie Zone würde keine dieser Buslinien negativ beeinträchtigen, da diese über die Straßenzüge Großer Burstah/Große Johannisstraße/Mönckebergstraße und Bergstraße/Schmiedestraße/Alter Fischmarkt abgewickelt werden (Abb. 1).

 

Abb. 1: HVV Buslinien im Umfeld der geplanten temporär autofreien Zone (Quelle: FHH-Atlas)

 

 

 

Zu 2.:

In der temporär autofreien Zone soll dem Radverkehr die Durchfahrt weiterhin gestattet bleiben. Die straßenverkehrsbehördliche Anordnung hierüber wird durch die Behörde für Inneres und Sport vorgenommen.“

 

 

Das Polizeikommissariat (PK) 14 und die Verkehrsdirektion (VD) nehmen zu dem Beschluss mit Schreiben vom 29.04.2019 wie folgt Stellung:

 

„Das in Rede stehende Projekt „Temporäre Autofreiheit im Rathausquartier“ wurde von der Firma db plan Stadtentwicklung GmbH gemeinsam mit der Patriotischen Gesellschaft von 1756 e.V. und der „Initiative Altstadt für Alle“ seit Mai 2018 ausgearbeitet und am 08.03.2019 sowie 24.04.2019 behördenübergreifend vorgestellt. Neben Angehörigen des BA Mitte, A3, BSW, VD 5 nahmen auch Vertreter der hiesigen Dienststelle an den Besprechungen teil.

 

Es ist beabsichtigt, zunächst für einen Probezeitraum von 3 Monaten ab dem 01.07.2019 insgesamt sieben Straßen täglich in der Zeit von 11:00 h – 23:00 h für den motorisierten Individualverkehr kostengünstig zu sperren (z.B. mit gusseisernen Pflanzentrögen, Parkbänken u.a.).

 

Die in der o.a. Besprechung vertretenen Institutionen stehen dem Projekt aufgeschlossen gegenüber.

 

Seitens VD 52 und PK 143 wurden dabei nachstehende Aspekte aufgeführt, welche berücksichtigt und gelöst werden müssen:

 

-          Rettungswege sind vorzusehen und mit der Feuerwehr abzusprechen

-          Die Tiefgaragen mit angegebenen Zufahrten ,Große Bäckerstraße‘ (3), ,Schauenburger Straße‘ (2), Börsenbrücke (1), Neß (1), Rolandsbrücke (1) und Dornbusch müssen erreichbar bleiben. Die Beschilderung ,Zufahrt zu den Tiefgaragen frei‘ ist einer Anliegerregelung wegen der besseren Kontrolle vorzuziehen

-          Die Signalisierung von zwei am Rand des Gebietes befindlicher LZA ist ggf. anzupassen bzw. Signalgeber sind abzudecken.

-          die temporär aufgestellten Absperreinrichtungen sind Verkehrshindernisse müssen in Beschaffenheit und Ausgestaltung den gesetzlichen Standards entsprechen

-          innerhalb des Gebietes aufgestellte Einrichtungen wie z.B. Fahrradbügel oder Stadtmöblierung dürfen nur dort aufgestellt werden, wo diese den Verkehrsraum außerhalb des Sperrzeitraumes nicht beeinträchtigen. Denkbar sind mobile Lösungen mit Auf- und Abbau und platzsparender Lagerung an einem geeigneten Ort

-          die Abwicklung der Verkehre in Zusammenhang mit zwei Bauvorhaben in der Straße Neue Burg wird durch die geplante temporäre Sperrung vor dem Hintergrund andauernder archäologischer Arbeiten im Straßenraum unmöglich

-          Die Einrichtung eines Übergabepunktes für Paketlogistiker in der Domstraße wird zu Behinderungen des fließenden Verkehrs auf dieser Hauptverkehrsstraße führen

 

Die geplante Einrichtung spezieller Stellflächen für diese Fahrzeuge stellt eine rechtlich zu prüfende Privilegierung dar und ließe sich nur mit hohem Überwachungsaufwand durchsetzen. Über das Vorhaben sollte die Paketzustellungsbranche rechtzeitig informiert werden.

 

Darüber hinaus ist ein erhöhtes Aufkommen von Abschleppvorgängen für solche Fahrzeuge zu prognostizieren, die vor Beginn des Sperrzeitraumes abgestellt und nicht rechtzeitig aus dem Gebiet herausgefahren werden. Diese Abschleppvorgänge wären durch die Polizei zu veranlassen.

 

Der avisierte Probezeitraum von Juli 2019 bis September 2019 ist aus hiesiger Sicht vor dem Hintergrund der noch offenen Fragen nicht einzuhalten, da ein prüfungsfähiges Konzept bislang nicht vorliegt.“

 

 

Das Bezirksamt teilt zu dem Beschluss Folgendes mit:

 

Das dem Bezirksamt vorliegende Konzept hat noch keine Entscheidungsreife erlangt. Es besteht noch diverser Abstimmungsbedarf insbesondere auch innerhalb der Anlieger. Eine belastbare Aussage zur Umsetzungsmöglichkeit kann daher derzeit noch nicht getroffen werden.

 

 

Petitum/Beschluss

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

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