22-0465.01

Stellungnahme zum NEU Antrag der GRÜNE-Fraktion betr. Obdachlosen-Schlafplätze

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Letzte Beratung: 08.09.2025 Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion Ö 6.1

Sachverhalt

In Gesprächen mit diversen Trägern und Ehrenamtliche hat sich ergeben, dass die Zahl der Obdachlosen in unserem Bezirk weiterhin steigt. In ganz Hamburg sind es weit über 3.000 Menschen, die auf der Straße leben.

Die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig. Der Weg zurück in ein geregeltes Leben ist in der Regel nicht so einfach zu bewältigen und ist selten aus eigenen Kräften machbar. In Hamburg ist kürzlich das vielversprechende Projekt Housing First mit einer ersten positiven Bilanz gestartet.

In Hamburg gibt es zwar einige wenige Übernachtungsstätten für Obdachlose in Harburg jedoch aktuell nur das Harburg Huus mit 12 Schlafplätzen, hiervon ein Zimmer exklusiv r Frauen.

Es ist davon auszugehen, dass auch nach dem Umzug und der Vergrößerung des Harburg Huus nicht mit ausreichend Schlafplätzen insbesondere für Frauen sowie LGBTQIA+-Plätzen zu rechnen ist. Gleichzeitig benötigen wir im Bezirk auch konsumtolerierende Schlafplätze sowie weitere haustierfreundliche Plätze. Der Weg über die Elbe zu weiteren Schlafplätzen vor allem auch zum Winternotprogramm - ist selten auf legalem Wege zu bewältigen und somit keine Alternative.

Petitum/Beschluss

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, eine*n Vertreter*in der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration in den Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion einzuladen und zu berichten, ob und wie man im Bezirk weitere Schlafplätze einrichten kann. Ferner soll über die Entwicklung des Projektes Housing First berichtet und diskutiert werden, ob und wann dies auch für Harburg umsetzbar wäre.

Außerdem wird die Verwaltung gebeten, sich bei der zuständigen Behörde für die Finanzierung weiterer Schlafplätze einzusetzen.



FREIE UND HANSESTADT HAMBURG

Bezirksamt Harburg

19. August 2025

Die Behörde für Gesundheit, Soziales und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem
Antrag derFraktion DIE GRÜNEN, Drs. 22-0465, wie folgt Stellung:


Hamburg verfügt über ein umfangreiches und differenziertes Hilfesystem für obdachlose und suchterkrankte Menschen, über das bereits mehrfach umfassend berichtet wurde und das von den Zielgruppen niedrigschwellig neben den Angeboten der Regelversorgung in Anspruch genommenwerden kann.

In Hamburg steht obdachlosen Männern die Notübernachtungsstätte Pik As zur Übernachtung zur Verfügung. Die Einrichtung verfügt über bis zu 330 Plätze. Für Frauen besteht die Möglichkeit die ganzjährige Notübernachtungsstätte für Frauen in der Hinrichsenstraße 4 (60 Plätze) zu nutzen. Neben der Übernachtung stehen dort weitere Angebote, wie Sozial- und Rückkehrberatung, Kleidung aus Spenden und Hygieneartikel sowie im Pik As der medizinischen und pflegerischen Versorgung zur Verfügung.

Das soziale Hilfesystem berücksichtigt auch die speziellen Bedürfnisse besonderer Zielgruppen, wie z.B. obdachlose Personen mit Hund, suchtmittelkonsumierende Personen sowie obdachlose Menschen mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen. Der Standort des Winternotprogramms in der Friesenstraße 22 steht besonders vulnerablen obdachlosen Personen, Frauen und Personen, die sich der Gruppe der LSBTIQ+ zugehörig fühlen, auch in den Sommermonaten zur Übernachtung zur Verfügung. Das Personal von Fördern & Wohnen AöR (F&W) ist sensibilisiert und prüft bei der Unterbringung den Einzelfall.

Seit dem Jahr 2016 gibt es gesonderte LSBTIQ*-Plätze in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Die Anzahl wurde bedarfsorientiert sukzessive ausgebaut. Es werden sowohl Gefchtete als auch wohnungslose Personen mit entsprechendem Schutzbedarf in den Wohneinheiten untergebracht. Es handelt sich hierbei um einzelne Wohneinheiten, deren Belegung an den individuellen Bedarfen der Personen ausgerichtet wird. Die Wohneinheiten sind dezentral über verschiedene Standorte verteilt und werden vorrangig an Standorten mit abgeschlossenem Wohnraum eingerichtet. Es handelt sich um eine dauerhafte, zeitlich nicht begrenzte Zuweisung zu den Wohngemeinschaften. Die Sozialbehörde prüft derzeit zudem die Unterbringung von LSBTIQ*-Personen an einem gesonderten Standort.

r obdachlose Personen aller Geschlechter mit Hunden verfügt die Notübernachtungsstätte Pik As ganzjährig über 17 Plätze in Einzelzimmern. Die Auslastung der Zimmer ist bisher sehr moderat. Im Verlauf des Jahres 2025 waren lediglich 2 bis 5 Plätze belegt. Außerdem besteht für obdachlose Personen die Möglichkeit, ihren Hund nachts kostenlos im Tierheim Süderstraße unterzubringen und morgens wieder abzuholen.

Grundsätzlich wird auch in den Notübernachtungsstätten zwischen dem Konsum illegaler Substanzen und Alkohol differenziert. Jedoch erstreckt sich auch legaler Konsum über verschiedene Problemlagen, und die Heterogenität der Szene suchtmittelabhängiger Übernachtender in den Notübernachtungsstätten erschwert die Wirksamkeit von Hilfsangeboten. In der Regel ist der Konsum von Alkohol und Drogen aus mehreren Gründen untersagt: Sicherheit und Ordnung, Gesundheitsschutz sowie die Förderung einer rehabilitativen Umgebung stehen im Vordergrund. Ein Drogen- und Alkoholverbot soll die Sicherheit aller Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitenden gewährleisten, eine friedliche Atmosphäre fördern und denjenigen, die eine Sucht überwinden möchten, Unterstützung bieten. Im Pik As und FrauenZimmer besteht für die Nutzenden an den Bettenplätzen die Möglichkeit, Alkohol zu konsumieren.

Ergänzend zu den zuvor genannten Notübernachtungsstätten bietet das Harburg-Huus im Hamburger Süden seit Juli 2018 ein weiteres, auf die Bedarfe obdach- und wohnungsloser Menschen zugeschnittenes Angebot. Neben Übernachtungsplätzen stehen dort ein Tagesaufenthalt mit Verpflegung sowie vielfältige Beratungsangebote zur Verfügung. Anfang 2026 ist der Umzug des Harburg-Huus an einen neuen, größeren Standort in Harburg geplant. Mit dem neuen Standort wird das Raumangebot deutlich erweitert, sodass sich unter anderem die Anzahl der Übernachtungsplätze erhöht. Ziel ist es, künftig mehr Menschen als bisher eine sichere und geschützte Übernachtungsmöglichkeit anzubieten. Betrieben wird die Einrichtung vom DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg e. V.

Bei der Planung und Ausweitung des Angebots wurde besonderer Wert auf eine bedarfsgerechte und inklusive Ausgestaltung gelegt. So ist vorgesehen, die Unterbringung sowohl für Frauen als auch für Männer weiterhin flexibel zu gestalten und auf die jeweils aktuelle Nachfrage reagieren zu können. Darüber hinaus werden besonders schutzbedürftige und vulnerable Gruppen wie queere Menschen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität gezielt berücksichtigt. Auch die Unterbringung von Paaren ist in den Planungen vorgesehen. Für diese Zielgruppen werden spezielle Zimmer bereitgestellt, die je nach Bedarf angepasst und belegt werden können. Die Aufnahme von obdachlosen Menschen mit Hunden bleibt weiterhin ein fester Bestandteil des Konzepts. Das Harburg-Huus ist weiterhin ein konsumfreier Raum. Der Konsum von Drogen und Alkohol ist in und vor der Einrichtung nicht gestattet. Menschen mit schwerwiegenden Abhängigkeitserkrankungen oder schweren psychischen Erkrankungen können im Rahmen dieses Angebots nicht bedarfsgerecht versorgt werden und können daher nicht als Übernachtungsgäste aufgenommen werden.

Um das Hilfesystem für suchtkranke und obdachlose Menschen weiter auszubauen, entwickelt die Freie und Hansestadt Hamburg die Immobilie Repsoldstraße 27 in der Nähe des Hauptbahnhofes. Dort sollen weitere bedarfsgerechte Angebote entstehen. In einem ersten Schritt werden 30 Übergangsplätze für suchtkranke Menschen mit begleitenden Beratungs- und Hilfsangeboten geschaffen, die noch im Sommer 2025 in Betrieb gehen sollen. Damit wird das bestehende Netz an Unterstützungsangeboten gezielt ergänzt und insbesondere für Menschen mit Suchterkrankungen eine weitere Anlaufstelle geschaffen.

Die Sozialbehörde prüft fortwährend weitere Bedarfe für wohnungs- und obdachlose Menschen. Dazu gehört auch die Frage, inwieweit mehr dezentrale, sozialraumorientierte Angebote eine größere Bedeutung einnehmen können. Dies zeigt u.a. die Ausweitung des Harburg-Huus. Hinsichtlich weiterer strategischer Planungen, die sich auch in die Mitarbeit Hamburgs zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit einfügen, sind die Überlegungen noch nicht abgeschlossen. Die Versorgung von wohnungs- und obdachlosen Menschen wird für die gesamte Stadt stetig bedarfs- und zielgruppengerecht weiterentwickelt.

Hierzu gehört auch die Erprobung des Konzeptes Housing First im Rahmen eines Modellprojektes. Aus den positiven Erfahrungen des Projektes resultiert die Verstetigung des Leistungsangebotes als gesetzliche Leistung gemäß §§ 67 ff. SGB XII ab September 2025.

Derzeit wird die Umsetzung von Leistungen gemäß §§ 67 ff. SGB XII auf der Basis des Konzeptes Housing First vorangetrieben, dazu gehören die Festlegung fachlichen Vorgaben (Fachanweisung), die Integration in OPEN/PROSOZ, sowie der Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 76 SGB XII mit den Leistungserbringenden.

Bis dato sind im Rahmen des Projektes Housing First Hamburg 38 langzeitobdachlos (mindestens ein Jahr), in Hamburg auf der Straße lebende, Personen unbefristet mit Wohnraum versorgt worden. Das Projekt ist keinem Bezirk zugeordnet, die Wohnungen liegen daher fast im gesamten Stadtgebiet verteilt. Die Standorte der Wohnungen sind maßgeblich davon abhängig, wo Wohnungen durch den Leistungsanbietenden akquiriert werden können. In Harburg und Bergedorf ist dies bisher noch nicht der Fall.

Inwieweit überwiegend in Harburg auf der Straße lebende Personen über das Projekt Housing First mit Wohnraum versorgt worden sind, ist nicht bekannt; dieser Sachverhalt wird statistisch nicht erhoben.

Im Übrigen siehe Drs. 21/16901, 22/16700, 22/18154, 23/974 und 23/1093.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Böhm

f.d.R. Leptien

Bera­tungs­reihen­folge
Lokalisation Beta
Hinrichsenstraße Friesenstraße Hamburg Repsoldstraße

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