Stellungnahme Gem. Antrag der GRÜNE-und SPD-Fraktion betr. Mit smarten Ampeln in Harburg gegen Staus
Letzte Beratung: 10.04.2025 Ausschuss für Mobilität und Inneres Ö 10.1
Smarte Algorithmen haben bereits in viele Bereiche unseres Lebens Einzug gehalten, viele Prozesse lassen sich dadurch effizienter, schneller oder energiesparender durchführen. In den Niederlanden läuft dank smarter Ampeltechnik bereits seit einigen Jahren auch mancher Stadtverkehr flüssiger. Besonders weit ist Deventer, eine Stadt mit rund 100.000 Einwohner:innen. Die Ampeln der Stadt folgen seit 2018 nicht mehr fest programmierten Zyklen, wie es üblicherweise der Fall ist, sondern reagieren auf die aktuelle Verkehrssituation. Dazu bekommen alle Verkehrsteilnehmer:innen an einem Knoten Punktzahlen zugewiesen: Zu-Fuß-Gehende mehr als Radfahrende, Busse mehr als Autos, verspätete Busse noch mehr. Muss man warten, erhöht sich mit der Wartezeit die Punktzahl. Einsatzfahrzeuge wie Krankenwagen bekommen quasi ein Ass und stechen alle anderen aus, sie erhalten immer sofort grün. Das Ziel, den Verkehr flüssiger zu gestalten, wurde erreicht. Egal ob im Auto, auf dem Rad oder zu Fuß, die Wartezeiten für alle reduzierten sich um zweistellige Prozentzahlen. Zudem entfällt der Frust, an einer roten Ampel stehen zu müssen, wenn niemand da ist, auf den man warten müsste.
Wenn das System schon im verkehrlichen Alltag funktioniert und Vorteile gegenüber einer fixen Programmierung hat, spielt es seine Stärken so richtig erst in Ausnahmefällen aus – eben in den Fällen, in denen die statische Programmierung an ihre Grenzen kommt: bei Baustellenverkehren, bei plötzlichen Straßensperrungen wegen eines Bombenfundes oder eines Wasserrohrbruchs, bei Umfahrungsverkehr wegen eines Staus auf der Autobahn. Durch die flexible Steuerung anhand der tatsächlichen Verkehre werden diese so gut wie eben möglich durch die Stadt geleitet.
Der Bereich Harburg-Kern, also der Teil des Bezirkes östlich der Autobahn 7, bietet sich durch seine räumliche Abgegrenztheit innerhalb Hamburgs einerseits und das dennoch hohe Verkehrsaufkommen mit häufig auftretenden Störungen andererseits als Testgebiet für eine solche smarte Ampelsteuerung an.
Die Verwaltung und wird gebeten, gemeinsam mit der zuständigen Fachbehörde zu prüfen, ob der Bereich Harburg-Kern ein Pilotgebiet für den Einsatz smarter Ampelschaltungen werden kann. Dazu soll mit dem Anbieter des Dienstes Flowtech (https://www.royalhaskoningdhv.com/en/services/flowtack) und ggf. ähnlichen Anbietern Kontakt aufgenommen werden, um Informationen über die Voraussetzungen und Möglichkeiten, aber auch die Risiken und Hinderungsgründe eines solchen Einsatzes zu erhalten und zu erfahren, wie ein solches Szenario im Bereich Harburg-Kern ausgestaltet sein könnte.
Falls möglich, soll ein solches Szenario auch mit dem digitalen Mobilitätszwilling der Stadt Hamburg simuliert werden, um Erkenntnisse über Umsetzbarkeit, Vorteile, potenzielle Schwachstellen und Justierungsmöglichkeiten zu gewinnen.
Über den Verlauf der Bemühungen und die Ergebnisse soll der Ausschuss für Mobilität und Inneres informiert werden
BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG
Der Vorsitzende 07.04.2025
Die Behörde für Verkehr und Mobilität (BVM) nimmt zu dem Antrag der GRÜNEN-Fraktion (Drs. 21-3729) wie folgt Stellung:
Die Ampelsteuerung spielt eine zentrale Rolle im städtischen Verkehrsmanagement und ist entscheidend für die Gewährleistung eines reibungslosen Verkehrsflusses sowie der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden.
In Hamburg gibt es derzeit ca. 1.730 aktive Lichtsignalanlagen (LSA). Mehr als 90 Prozent dieser Ampelanlagen sind am Verkehrsrechner angeschlossen, über den die einzelnen LSA-Steuerungen durch Signalprogrammwahl zentral beeinflusst werden können. Um flexibel auf den aktuellen Verkehrszustand reagieren zu können und die Wartezeiten/Anzahl der erforderlichen Halte so gering wie möglich zu halten, erfolgt die Lichtsignalsteuerung an einem Großteil der LSA in Hamburg verkehrsabhängig. Hierzu sind tausende Kameras, Induktionsschleifen, Taster sowie ÖPNV-Antennen im Einsatz, welche die einzelnen Verkehrsteilnehmenden, Kfz-Ströme und Meldungen des Busverkehrs erfassen und die Freigabezeiten der einzelnen Verkehrsströme entsprechend der vorhandenen Verkehrssituation beeinflussen. Mögliche Beeinflussungsformen sind beispielsweise:
Freigabe von Verkehrsströmen nur auf Anforderung (insbesondere zu verkehrsarmen Zeiten hilfreich, in denen der Verkehr in der Hauptlastrichtung nicht unnötig angehalten werden muss, wenn kein querender Verkehr vorhanden ist).
Verlängerung/frühzeitiger Abbruch von Freigabezeiten, wenn beim Verkehrsstrom viel oder wenig Verkehr vorhanden ist (die hierdurch gewonnenen Zeitanteile können wiederum anderen Verkehrsströmen zugutekommen).
Verlängerung/frühzeitiger Abbruch von Freigabezeiten zur bedarfsgerechten Busbevorrechtigung.
Schaltung von zusätzlichen/verlängerten Freigabezeiten im Falle von Staubildung (sofern Detektionsfelder eine definierte Zeitdauer belegt sind, wird Stau identifiziert, und die Freigabezeiten können entsprechend angepasst werden).
In den letzten Jahren hatder Senat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Effizienz und Effektivität des Verkehrsflusses zu verbessern. Im Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) werden kontinuierlich neue eigene Ansätze, am Markt verfügbare Lösungen sowie die Erfahrungen aus aktuellen Forschungs- und Entwicklungsprojekten ausprobiert und getestet. Als Beispiele können neue vollverkehrsabhängige Steuerungen ohne feste Zyklen (Umlaufzeiten), KI-basierte Ansätze, adaptive Netzsteuerungen, Verwendung von C-ITS Technologien genannt werden. Dabei befindet sich der LSBG im aktiven Austausch mit anderen Städten sowie Projektverantwortlichen aus Forschung und Industrie.
Auch mit dem Anbieter der Lösung Flowtech, Royal HaskoningDHV befindet sich der LSBG in Kontakt. Es wurde bereits ein kleineres Testgebiet im Bereich der Budapester Straße vereinbart.Aktuell laufen Vorbereitungen für Verkehrssimulationen. Nach einem erfolgreichen Abschluss der ersten Tests kann und soll dies auf andere Testgebiete erweitert werden, zum Beispiel auch in Harburg. Dies wird von vielen Randbedingungen abhängen, die noch festzulegen und abzustimmen sind.
Gez. Böhm
F.d.R. S. Martens
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