22-0516.01

Stellungnahme der Verwaltung zu NEU Gemeinsamer Antrag der Volt- /Grüne-/ SPD-/ Linke- /CDU-Fraktion betr. Konzept zur Einrichtung eines bezirklichen Inklusionsbeirats

Gemeinsamer Antrag

Letzte Beratung: 02.10.2025 Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion Ö 4.1

Sachverhalt

Wir möchten die Inklusionsarbeit in Harburg dauerhaft verbessern und stärken.

2009 erkannte die UN die Rechte von Menschen mit Behinderung an und beschloss die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK). Ziel dieser Konvention ist es, dass die universellen Menschenrechte von Menschen mit Behinderung aus deren Perspektive künftig Beachtung finden müssen. Bis heute haben sich weltweit 158 Staaten dieser Konvention angeschlossen, Deutschland hat die UN-BRK am 26.3.2009 durch den Bundestag ratifiziert und als verbindlich erklärt.

Im Jahr 2020 hat Hamburg zusammen mit dem Senat und der Bürgerschaft die UN-BRK und das Hamburger BGG zum geltenden Landesrecht gemacht und damit insbesondere für das entsprechende Handeln der Verwaltung als verbindlich erklärt. Man war sich sicher, für die Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen im öffentlichen Leben nun vieles getan zu haben, aber es reicht offensichtlich nicht aus. Das zeigen diesbezügliche Mängel in der Umsetzung neuer Planungen in unserem Bezirk deutlich.

Erst kürzlich wurde beispielsweise die Barrierefreiheit in südlichen Teil der neuen Unterhrung am Bahnhof in Neugraben von der Verwaltung als nachrangig eingestuft und bei einer umgestalteten Bushaltestelle am Falkenbergsweg die Barrierefreiheit als unnötig und zu teuer bezeichnet (s. auch Antrag SPD Drs. 22-0265) Entsprechend ernüchternd fiel dann auch die Berichterstattung der Sozialbehörde im letzten Ausschuss des SIGI aus.

Wir appellieren eindringlich, dass der Bezirk Harburg sich im Rahmen seiner Möglichkeiten selber und stärker als bisher dafür einsetzen muss, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die allenrger*innen die selbstbestimmte Teilhabe in allen Lebensbereichen ermöglicht.

Diese Gleichstellung muss endlich als politische Querschnittsaufgabe in Harburg verstanden werden, denn in Hamburg leben nach Erhebungen des Statistikamtes Nord rund acht Prozent Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung (Grad der Behinderung ab+ 50 Prozent). Besonders betroffen sind Personen ab 55 Jahren. Fast jeder Vierte über 65-jährige Mensch ist schwerbehindert.

Die künftigen Strukturen sollen die Interessen von Menschen mit Behinderungen und besonderen Einschränkungen im Bezirk Harburg sichtbar machen und so einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer inklusiven Kommunalpolitik leisten. Es gilt, Anlauf- und Vernetzungsstellen für Menschen mit Behinderung und besonderen Einschränkungen zu schaffen. Hier sollen Betroffene und Expert*innen mit ihren Erfahrungen zu Wort kommen.

Vor allem bei Fragen zur Planung von Bauvorhaben, in Belangen der Mobilität, Bildung, Arbeit und der sozialen Stadtentwicklung etc. ist eine stärkere Wahrnehmung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen oder besonderen Einschränkungen erforderlich.

Wir möchten das Motto "Mit Menschen sprechen, statt über sie" realisieren.

Wir wollen in den Ausschüssen nicht mehr nur über Menschen mit Behinderungen und Inklusionsbedarf sprechen, sondern mit ihnen. Wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, selbst und auf Augenhöhe für ihre Belange einzutreten. Dies ist eine Forderung, die Behindertenverbände schon lange stellen.

Das gilt „von Anfang an“, also auch dafür, wie die Arbeitsstrukturen im Bezirk für eine inklusivere Arbeit ausgestaltet werden sollen. Dafür möchten wir die im Feld der Inklusionsarbeit aktiven Personen, Träger und Organisationen im Rahmen einer bezirklichen Inklusionskonferenz zusammenbringen. Die Verwaltung soll im Anschluss aus den Ergebnissen der Konferenz eine Machbarkeitsstudie für das favorisierte Format ableiten. So könnte zum Beispiel im Rahmen eines von der Bezirksversammlung favorisierten bezirklichen Inklusionsbeirates, ein ständiges Mitglied mit Rederecht in den relevanten Ausschüssen vertreten sein.

Gemeinsam möchten wir diese wichtige Arbeit in unserem Bezirk voranbringen und neue Wege der Beteiligung von der politischen Willensbildung in den Ausschüssen bis zur Umsetzung durch die Verwaltung erproben.


Petitum/Beschluss

Die Verwaltung wird gebeten, zeitnah eine Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg vorzubereiten, spätestens aber bis November 2025. Auf dieser sollen die für die Inklusionsarbeit im Bezirk relevanten Akteur*innen über neue Wege der Beteiligung diskutieren. Dafür kommen u. A. die Einrichtung eines Inklusionsbeirates, die Stärkung der Behinderten-Arbeitsgemeinschaft Harburg als Träger ÖffentlicherBelange (TÖB) und die bessere strukturelle Anbindung an bezirkspolitische Gremien in Frage.

Die Verwaltung soll aus den Ergebnissen der Inklusionskonferenz bis spätestens Mitte 2026 eine Machbarkeitsstudie für den Bezirk - z.B. in Bezug auf die Einrichtung eines Inklusionsbeirates ableiten.

Die überaus wertgeschätzte Arbeit der Behinderten Arbeitsgemeinschaft (BAG) in Harburg soll ausdrücklich berücksichtigt und als Teil des Konzepts mit abgebildet werden.

Umsetzungsideen, Expertise, Evaluation etc. sollen die Hamburger Bezirke Wandsbek, Nord, Eimsbüttel und Altona liefern, in denen es bereits seit Jahren erfolgreich arbeitende Inklusionsbeiräte gibt.

Da es sich um ein wichtiges Querschnittsthema handelt, welches nicht nur alle Lebensbereiche, sondern folglich auch weitgehend alle politischen Bereiche tangiert, ist dabei eine frühzeitige, breite und ergebnisoffene Beteiligung der Abgeordneten und der Betroffenen sicherzustellen.

Über die Planungen ist im SIGI zu berichten.





FREIE UND HANSESTADT HAMBURG

Bezirksamt Harburg

9. September 2025

Das Bezirksamt Harburg nimmt zu dem gemeinsamen Antrag der Volt- /Grüne-/ SPD-/ Linke- /CDU-Fraktion betr. Konzept zur Einrichtung eines bezirklichen Inklusionsbeirat, Drs. 22-0516, wie folgt Stellung:

Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Harburg hat das Bezirksamt mit der oben genannten Drucksache gebeten, „zeitnah eine Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg vorzubereiten, spätestens aber bis November 2025. […] Auf dieser sollen die für die Inklusionsarbeit im Bezirk relevanten Akteur*innen über neue Wege der Beteiligung diskutieren. Dafür kommen u. A. die Einrichtung eines Inklusionsbeirates, die Stärkung der Behinderten-Arbeitsgemeinschaft Harburg als Träger Öffentlicher Belange (TÖB) und die bessere strukturelle Anbindung an bezirkspolitische Gremien in Frage. Die Verwaltung soll aus den Ergebnissen der Inklusionskonferenz bis spätestens Mitte 2026 eine Machbarkeitsstudie für den Bezirk - z.B. in Bezug auf die Einrichtung eines Inklusionsbeirates ableiten. […] Da es sich um ein wichtiges Querschnittsthema handelt, welches nicht nur alle Lebensbereiche, sondern folglich auch weitgehend alle politischen Bereiche tangiert, ist dabei eine frühzeitige, breite und ergebnisoffene Beteiligung der Abgeordneten und der Betroffenen sicherzustellen.“

Erörterung


Zunächst verweist das Bezirksamt Harburg auf die bereits am 26. Oktober 2019 unter Beteiligung von gut 70 Teilnehmenden durchgeführte 1. Inklusionskonferenz (siehe Niederschrift des Ausschusses für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion vom 10. Februar 2020, TOP 2 sowie Drs. 20-3809 bzw. Drs. 20-3809.01 und 20-4651). Das Protokoll der damaligen Inklusionskonferenz wurde den Fraktionen zur Verfügung gestellt und ist dieser Stellungnahme der Verwaltung, wie der damalige Einladungsflyer, beigefügt.

  1. Inklusionskonferenz


Die in der Drucksache 22-0516 formulierten Themen und Fragestellungen einer weiteren bezirklichen Inklusionskonferenz müssten aus Sicht des Bezirksamtes noch klarer herausgestellt werden. Daher schlägt die Verwaltung eine Arbeitsgruppe vor, die unter Beteiligung von Vertretungen der Fraktionen sowie Interessensvertretungen, die bereits 2019 beteiligt wurden, das Format und die Fragestellungen der Veranstaltung konkretisieren. Das Vorgehen der rechtzeitigen Einbindung zentraler Akteure bereits vor der Veranstaltung hat sich bei der Vorbereitung der Inklusionskonferenz 2019 überaus bewährt.

Darüber hinaus stehen dem Bezirksamt weder ausreichend personelle noch sonstige Ressourcen zur Verfügung, eine Inklusionskonferenz zu planen, durchzuführen und nachzubereiten. Für die Planung und Durchführung einer Inklusionskonferenz geht das Bezirksamt derzeit von folgenden Kosten aus:

Voraussichtliche Ausgaben

1.

Geeignete Moderation (inkl. Vor- und Nachbereitung sowie Anfertigung einer barrierearmen Dokumentation)

2.000,00 €

2.

Gebärden- (2) und Schriftdolmetschende (1)

3.000,00 €

3.

Honorarmittel (ggf. für Referent:innen, Orga-Unterstützung)

2.500,00 €

4.

Miete für einen geeigneten, barrierearmen Veranstaltungsort

1.000,00 €

5.

Catering (Getränke und Snacks), das auf Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen eingeht

2.000,00 €

6.

Barrierearme Öffentlichkeitsarbeit

1.500,00 €

7.

Sonstige Sachkosten, Verbrauchsmaterial

500,00 €

Summe Ausgaben

12.500,00 €

Das Bezirksamt Harburg bittet die Bezirksversammlung, angemessene Mittel zur Verfügung zu stellen, um die mit Drs. 22-0516 erbetene Inklusionskonferenz planen, durchführen und nachbereiten zu können.

Vor dem Hintergrund der in dieser Stellungnahme der Verwaltung genannten offenen Punkte ist aus Sicht des Bezirksamtes der von der Bezirksversammlung gewünschte Termin im November 2025r die Durchführung der Inklusionskonferenz nicht realisierbar. Zum anderen stellt die kurzfristige Suche und Anmietung geeigneter Räumlichkeiten sowie die Verfügbarkeit und Einbindung der relevanten Akteure eine erhebliche logistische Herausforderung dar, die innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens nicht zu bewältigen ist.

  1. Machbarkeitsstudie

Von Seiten des Bezirksamtes bestehen derzeit noch wesentliche Unklarheiten hinsichtlich der konkreten Zielsetzungen bzw. Erwartungen gegenüber einer Machbarkeitsstudie. Nach den bisherigen Erfahrungen mit vergleichbaren Prozessen geht das Bezirksamt davon aus, dass eine Machbarkeitsstudie entbehrlich ist, wenn die Inklusionskonferenz gut dokumentiert wurde, die Bezirksversammlung anschließend das weitere Vorgehen berät und nach Abstimmung mit dem Bezirksamt sowie ggf. Interessensvertretungen geeignete Maßnahmen zur Umsetzung beschließt.

Sollte dennoch eine Machbarkeitsstudie gewünscht sein, muss diese beauftragt und finanziert werden, da das Bezirksamt selbst keine Machbarkeitsstudien erarbeitet. Art und Umfang der Beauftragung hängen aus Sicht der Verwaltung von den Ergebnissen der Inklusionskonferenz ab und bedürfen zudem einer konkreten Festlegung von Zielen, Fragestellungen und weiteren Elementen eines Studien-Settings. Je nach Art und Umfang sind für eine Studie mehrere Tausend bis mehrere Zehntausend Euro zu veranschlagen. Das Bezirksamt schlägt daher vor vor dem Hintergrund der dann dokumentierten Ergebnisse der 2. Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg in einer Arbeitsgruppe aus Vertretungen der Fraktionen, Verwaltung und ggf. weiteren Akteuren festzulegen, ob eine Studiebenötigt wird, ggf. ein konkretes Studiensetting zu formulieren sowie die Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets für die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie zu benennen.

Petitum

Die Bezirksversammlung Harburg möge beschließen:

  1. Das Bezirksamt Harburg wird gebeten, zu einer Arbeitsgruppe einzuladen, die auch auf Basis der Ergebnisse der 1. Inklusionskonferenz von 2019 die 2. Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg inhaltlich und organisatorisch vorbereitet. Zu der Arbeitsgruppe sollen Vertretungen der Fraktionen sowie mindestens die Interessenvertretungen eingeladen werden, die bereits bei der Planung und Durchführung der 1. Inklusionskonferenz im Jahre 2019 beteiligt gewesen sind.
  1. Die Bezirksversammlung Harburg stellt für die Planung, Durchführung und Nachbereitung der 2. Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg Gestaltungsmittel in Höhe von 12.500 Euro zur Verfügung.
  1. Das Bezirksamt Harburg wird gebeten, über den Stand der Planungen einer 2. Inklusionskonferenz für den Bezirk Harburg im Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion zu berichten sowie die Ergebnisse dieser Inklusionskonferenz zur weiteren Beratung vorzulegen.

Dr. Jobmann

Bera­tungs­reihen­folge
Lokalisation Beta
Neugraben - Fischbek Falkenbergsweg

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