"Praxisplattform Religions- und Kultursensibilität in der Sozialen Arbeit (RKS)" - Ergebnisse der Integrationskonferenz umsetzen
Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 21.03.2019 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der SPD- und GRÜNE-Fraktion Drs. Nr. 21-5153 einstimmig zugestimmt.
Fachkräfte und Ehrenamtliche, die in einer Gesellschaft der religiösen und kulturellen Diversität arbeiten, haben viele Fragen. Mehr noch: Viele Menschen stellen sich an vielen Stellen aktuell die gleichen Fragen.
Eine neu zu schaffende digitale Plattform kann ihre Fragen bündeln und gibt fachliche Anregungen für die Praxis. Für ein solches Projekt eignet sich der Bezirk Hamburg-Mitte mit seiner ausgeprägten kulturellen Diversität in besonderer Weise. Er kann als eine Art „Labor“ gelten. Ideen, die hier entwickelt werden, sind auch über den Bezirk hinaus von Interesse.
Aktualisiert wurde sie in der Nachbereitung der Integrationskonferenz 2018, die der Bezirk Hamburg-Mitte in Kooperation mit dem Rauhen Haus im Februar veranstaltete. Für die Tagung hatte der Ausschuss der Bezirksversammlung für Soziales, Inklusion und Sport das Thema „Religionen! Zumutung oder Chance?“ gewählt und die angeregten Diskussionen während der Veranstaltung zeigten, wie wichtig die Beschäftigung mit eigenen Glaubensvorstellungen und denen der Mitmenschen, mit Diversität und den Möglichkeiten eines Dialogs für die Menschen im Bezirk ist. Fachkräfte und Ehrenamtliche sammeln in ihren Arbeitsbereichen Praxiserfahrungen und möchten sich darüber austauschen.
Die zu schaffende digitale Praxisplattform ist, auch mit analoger Unterstützung, vor allem für Pädagoginnen und Pädagogen, Lehrkräfte, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Haupt- und Ehrenamtliche von Sportvereinen, Kulturschaffende, Kirchengemeinde- und Elternvertreter, Verwaltungsfachkräfte, Politikerinnen und Politiker, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Freiwillige und Polizistinnen und Polizisten aus Hamburg-Mitte und darüber hinaus interessant.
Aus diesem Grunde möge die Bezirksversammlung beschließen:
Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, gemeinsam mit der Hochschule für soziale Arbeit und der Stiftung Rauhes Haus eine digitale Informationsplattform zu entwickeln, in der sich Interessierte über religions- und kultursensible Arbeit informieren und fortbilden können. Diese Plattform soll durch eine gedruckte Dokumentation ergänzt werden. Für die Erstellung dieser Plattform und der dazugehörigen Dokumentation stellt die Bezirksversammlung dem Bezirksamt bis zu 50.000,- EUR aus dem Förderfonds zur Verfügung.
Der Bezirksamtsleiter wird darüber hinaus gebeten, sich um eine Kofinanzierung durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration zu bemühen.
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte sowie deren Ausschüsse sollen ebenso wie der Jugendhilfeausschuss Hamburg-Mitte regelhaft über den Fortschritt unterrichtet werden.
Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) nimmt zu dem Beschluss hinsichtlich der Kofinanzierung durch die BASFI mit Schreiben vom 29.04.2019 wie folgt Stellung:
„Die Ansätze der Stiftung Rauhes Haus im Bereich religions- und kultursensible Arbeit sind der BASFI aus unterschiedlichen Zusammenhängen bekannt und werden fachlich sehr geschätzt. Eine engere inhaltliche Kooperation mit der Stiftung Rauhes Haus ist daher jederzeit denkbar.
Die Notwendigkeit einer weiteren digitalen Plattform wird allerdings nicht gesehen. Aus Sicht der BASFI gibt es bereits ausreichende Plattformen, bei denen Fachkräfte und Ehrenamtliche sich über Praxiserfahrungen, die sie in ihren Arbeitsbereichen gesammelt haben, austauschen können.
Das Forum Flüchtlingshilfe informiert mit seinen neun thematisch orientierten Dialogforen, Homepage, Facebook-Auftritt, Newsletter und diversen Informations- und Austauschveranstaltungen ganzjährig freiwillige Engagierte zu Fragen der Flüchtlingshilfe. Dabei werden auch immer wieder religions- und kultursensible Fragen behandelt. Die BASFI wird auf die Stiftung Rauhes Haus zugehen, um zu klären, ob für sie eine Einbindung in diese Dialogformate vorstellbar wäre.
Zudem werden weitere Teilbereiche durch die Förderung der Freiwilligenakademie Hamburg, einer Online-Plattform, auf der Fortbildungen für freiwillige Engagierte angeboten werden, abgedeckt. Dabei werden Angebote unterschiedlicher Träger zu verschiedensten Themen gebündelt, so auch religions- und kulturbezogene Inhalte.
Fachkräfte in der Jugendhilfe können sich zudem bei entsprechenden Informations- oder Beratungsbedarfen an die behördlichen Trägerberatungen oder Beratungsstellen wie Legato wenden bzw. Fortbildungsangebote des Sozialpädagogischen Fortbildungszentrums Hamburg nutzen. Die Stiftung Rauhes Haus öffnet ihre Angebote im Bereich der religions- und kultursensiblen Arbeit auch für externe Fachkräfte im Rahmen unterschiedlicher Veranstaltungen und leistet als Hochschule insofern einen Beitrag für die Vermittlung ihres Expertenwissens an Dritte.
Im Übrigen weist die BASFI darauf hin, dass für eine Plattform eine gute Begleitung erforderlich wäre. Anfragen werden sonst unter Umständen nicht beantwortet, störende Nachrichten nicht schnell genug gelöscht. Dies wäre u.U. für das Thema kontraproduktiv.“
Das Bezirksamt teilt zu dem Beschluss sowie der Stellungnahme der BASFI dem Hauptausschuss zur Sitzung am 07.05.2019 Folgendes mit:
Mit dem Träger Stiftung Rauhes Haus wurden die Rahmenbedingungen für die Zuwendung der Mittel geklärt. Der Zuwendungsantrag wird derzeit beim Träger vorbereitet.
Die Teilnehmenden für die Redaktions- und Lenkungsgruppe sind benannt.
Eine erste Sitzung der Redaktionsgruppe findet statt am 23.5.19.
Die BASFI verweist in ihren Ausführungen auf verschiedene bereits existierende Online-Plattformen und sieht hiermit den Bedarf gedeckt.
Die genannten Plattformen bieten umfangreiche Informationssammlungen im Bereich der (ehrenamtlichen) Arbeit mit Geflüchteten sowie zu ehrenamtlichem Engagement allgemein.
Die Idee der Praxisplattform RKS geht jedoch darüber hinaus: Ziel ist es, gelingende Integrationsarbeit sichtbar zu machen. Die Plattform ist kein Nachrichten- oder Verweisportal, sondern vergleichbar mit dem Prinzip der Loseblattsammlung, die nach und nach ergänzt wird, sodass ein digitales Handbuch entsteht. Dominierende Elemente sind Berichte, Reportagen, Videos und Podcasts zu einzelnen Fragen oder Arbeitsbereichen in Zusammenhang mit RKS, sowie Interviews mit Fachleuten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Für zusätzlichen Nutzwert (und Aktualität) sorgen Terminankündigungen zu relevanten Tagungen und Vorträgen sowie Hinweise auf Bücher, Studien, Aufsätze, Blogs etc. Die Beiträge werden von professionellen Autorinnen und Autoren angefertigt und die Konzeption, Themenauswahl und der Aufbau der Plattform von einer aus Fachleuten bestehenden Redaktionsgruppe betreut. Durch ein geplantes Beteiligungsformat wird sichergestellt, dass bei besonders komplexen Themen Perspektivenwechsel und Mehrdimensionalität bei der Aufbereitung für die Plattform gefördert wird.
Eine Schlagwortabfrage im Internet zum genannten Thema ergibt für Hamburg im Wesentlichen Hinweise auf die Homepage www.religions-kultursensibel.de vom Rauhen Haus. Daher ist ein im Konzept vorgesehener Relaunch der Seite sowie die geplante Suchmaschinenoptimierung zielführend für eine gute Auffindbarkeit des Themas. Der Start der Plattform wird mit geeigneten Instrumenten zum Monitoring begleitet, so dass ggf. nachgesteuert werden kann. Ein link zu dieser Seite auf der Homepage des Forum Flüchtlingshilfe wäre darüber hinaus begrüßenswert.
Weitere Treffer der Schlagwortsuche verweisen darüber hinaus auf einzelne Fortbildungsangebote oder Träger, jedoch nicht explizit auf z.B. die Homepage des Forum Flüchtlingshilfe oder der Freiwilligenakademie.
Die BASFI merkt an, dass eine gute Begleitung der Homepage erforderlich ist. Diese ist bis Mitte kommenden Jahres durch eine Redaktions- und Lenkungsgruppe sowie durch eine eingeplante Ressource für die Gesamtkoordination gesichert.
Politik, Bezirksamt und Träger müssen sich frühzeitig auf ein Anschlussmodell ab Mitte 2020 verständigen.
Für Dezember 2019 gibt es folgenden aktuellen Sachstand:
Aktuell gibt es folgenden Sachstand (Dezember 2020):
Seit Mai 2020 ist die Praxisplattform „Lebenswelten im Dialog“ online. Jetzt wird diese durch ein Buch ergänzt. Es ist Teil des gemeinsamen Projektes von Bezirk, Rauhem Haus und dem Institut für konstruktive Konfliktaustragung und Mediation (ikm).
Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie ein Dialog zwischen Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Glaubensvorstellungen gelingt – und wo dies in der Praxis bereits geschieht. Die Buch-Beiträge u. a. aus Wissenschaft und Verwaltung, Sozialer Arbeit, Gesundheitswesen und Breitensport beschreiben, wie Blockaden überwunden, Entwicklungen angestoßen und ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt gefördert werden kann. Auch die Herausforderungen, die auf diesem Weg liegen, werden benannt.
Weitere Informationen können der Pressemitteilung des Bezirksamtes vom 25.11.2020 entnommen werden: www.hamburg.de/mitte/archiv-2020/14674052/bam-20201125-buchvorstellung-lebenswelten-im-dialog/
Um Kenntnisnahme wird gebeten.