Gedenkort und ein Zeichen der Erinnerung an die Opfer eines rassistischen Brandanschlags in Hamburg-Mitte (Billbrook) (Antrag der GRÜNE-, SPD-, CDU- und DIE LINKE-Fraktionen) ergänzte Fassung
Jedes aus rassistisch motivierten Gründen ums Leben gekommene Opfer verdient ein Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens. In der Nacht vom 21. auf den 22. August 1980 verübte die neonazistische Terrorgruppe „Deutsche Aktionsgruppen“ einen rassistischen Brandanschlag auf die Unterkunft von Geflüchteten in der Halskestraße 72 in Billbrook. Dabei starben die beiden jungen Vietnamesen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân, sogenannte „Boatpeople“, die kurz vorher im Zuge einer humanitären Kampagne (seitens DIE ZEIT) mit der Cap Anamur nach Hamburg kamen, um hier eine neue friedvolle Heimat zu finden. Die Tat gilt als der erste dokumentierte, rassistisch motivierte und tödliche Brandanschlag der Nachkriegszeit auf eine Geflüchtetenunterkunft. In Anbetracht dessen und aufgrund der damals großen Anteilnahme an dem Tod der beiden Vietnamesen sollte zumindest der Abschnitt der Halskestraße, an dem die Unterkunft war, in Gedenken an die beiden Brandopfer in „Châu-und-Lân-Straße“ umbenannt werden.
Die Initiative für ein Gedenken an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân ist ein Zusammenschluss aus Überlebenden, Hinterbliebenen der Opfer, Pat*innen eines der Opfer und solidarischen Menschen, die u.a. auch bei den „NSU Monologen“ im Schauspielhaus auftraten. Seit 2014 engagiert sich die Initiative aktiv dafür, einen Gedenkort zu schaffen, ebenso wie der Ramazan-Avcı-Platz (S-Landwehr) 2012 für das gleichnamige Opfer rassistischer Gewalt errichtet wurde, und 2014 die Taşköprüstraße für das NSU-Opfer in Altona.
Gedenkorte sind politische Zeichen des Respekts gegenüber den Opfern, den Hinterbliebenen und ein Statement gegen Hass und Rassismus. Sie regen zur Auseinandersetzung mit der Geschichte an und treten so dem Verdrängen und Vergessen entgegen. Hamburg-Mitte sollte nahezu 40 Jahre nach dem brutalen Mord an Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân mit einer Umbenennung eines nahegelegenen Platzes oder eines Abschnitts der Halskestraße, bspw. an der Einmündung in den Unteren Landweg an der Kreuzung Neue Feldhofe, und einer Gedenktafel ein Stück Hamburger Geschichte in der Erinnerung wachhalten.
Zusätzlich ist angedacht, das Kunstprojekt „Zeitkapseln“ zu involvieren. Die Idee dazu stammt von Cana Bilir-Meier und ist in der Kulturbehörde eingereicht. Die Zeitkapseln sind Behältnisse, in die Angehörige von Opfern Memorabilien (Fotos, Briefe, Informationen etc.) geben können. Die Kapseln werden (ähnlich den Stolpersteinen) dort eingegraben, wo jene Menschen lebten oder wo sie ums Leben kamen. Oberirdisch bleibt lediglich ein fragmentarischer Hinweis in Form einer Notiz, die an der Oberfläche als Index in kurzen Sätzen wiedergibt, was in der Zeitkapsel archiviert ist, ohne näher auf die Details einzugehen. Diese laden die Betrachter*innen ein, in einer eigenen Studie, das Leben, die Geschichten und Erinnerungen zu erschließen. Die Geschichten und Erinnerungen an die Personen sind oft nicht Teil einer öffentlichen Geschichtsschreibung und unsichtbar, aber Teil einer mündlichen und migrantischen Geschichte. (s. Cana Bilir-Meier)
In Nürnberg steht das 1988 errichtete Kunstwerk „Straße der Menschenrechte“, die von 30 Säulen mit den 30 Artikel der Menschenrechte auf Deutsch und diversen Sprachen gesäumt ist; Artikel 27 ist auf Vietnamesisch verfasst. Am Ende der „Straße der Menschenrechte“ wurde 2013 eine Tafel zum Gedenken der NSU-Opfer aufgestellt. Die Täter die den Anschlag verübten, hatten nachweislich aktiven Kontakt zu der sog. NSU-Gruppe. Es wäre ein Zeichen der Erinnerungskultur, wenn die Namen der Opfer auch auf der Tafel in Nürnberg zu finden sind.
Der Hauptausschuss wird gebeten zu beschließen:
1. Die Bezirksversammlung spricht sich dafür aus, dass in unmittelbarer Nähe des Tatortes ein würdiger Gedenkort geschaffen wird.
2. Das Bezirksamt möge prüfen, welche Form und Art einer Gedenkstätte vor Ort möglich ist, und die Initiative bei der Findung des Ortes einbinden.
3. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte stellt der benannten Initiative zweckgebunden für den Gedenkort und die Gedenktafel 10.000€ aus dem PSP-Element 3-20501050-000002.02 (Förderfonds Bezirke) zur Verfügung.
4. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten sich bei der zuständigen Stelle dafür einzusetzen, dass der Straßenabschnitt von der Andreas-Meyer-Straße (Ring 2) bis Halskestraße/ Ecke Neue Feldhofe in „Châu-und-Lân-Straße“ umbenannt wird. Dem Straßenschild möge ein kurzer biografischer Hinweis auf die Personen und dem rassistischen Mord an ihnen angehängt werden.
5. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, sich bei der zuständigen Stelle dafür einzusetzen, dass die Bushaltestellen auf beiden Seiten gemäß der Straßennamenänderung angepasst werden.
6. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, den Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg mit dem Ziel zu kontaktieren, um die Namen der beiden jungen Vietnamesen Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân auf diese Gedenktafel „der Straße für Menschenrechte“ aufzunehmen.