Finkenwerder und Wilhelmsburg dürfen auf dem Wasser nicht abgehängt werden - zuverlässigen Betrieb bei den HADAG-Fährlinien sicherstellen!
Letzte Beratung: 04.10.2023 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur Ö 7.2
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat den Antrag (22-3871) in ihrer Sitzung am 25.05.2023 einstimmig beschlossen.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende wurde gebeten, der Intention des Beschlusses zu entsprechen und eine Stellungnahme zur Information für Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur abzugeben.
Die von der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG („HADAG“) betriebenen Fährlinien im Hamburger Hafen stellen insbesondere auch für den Bezirk Hamburg-Mitte ein wichtiges Nahverkehrsmittel dar. Neben den Linien 73 und 75, die die St. Pauli Landungsbrücken mit Wilhelmsburg und Steinwerder verbinden, sind insbesondere die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils Finkenwerder auf den zuverlässigen Betrieb der Fährlinien 62 und 64 angewiesen – beide Linien stellen neben den Busverbindungen der HOCHBAHN durch den stauanfälligen Elbtunnel quasi die nahverkehrliche Lebensader des Stadtteils in die Innenstadt dar.
Einen wirklich zuverlässigen Betrieb gab es bei den oben genannten Fährlinien in den letzten Wochen jedoch nicht. Vielmehr stellt sich der Alltag des Fährbetriebs aktuell so dar, dass eine Vielzahl von Fahrten „betriebsbedingt“ ausfällt. Aus der Presse und dortigen Aussagen der HADAG ergibt sich, dass insbesondere Personalmangel ein Problem darstellt (vgl. Hamburger Abendblatt vom 14. April 2023, „Ab zur Konkurrenz – Hadag verliert immer mehr Schipper“). Nicht nur die HADAG, sondern auch die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende sind hier klar gefordert, die Probleme anzugehen und zeitnah zu beheben, sodass die Fahrpläne eingehalten werden können. Insbesondere müssen Strategien entwickelt werden, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Denn das eigentliche Ziel ist ein Ausbau der Kapazitäten, wofür aktuell auch neue Schiffe gebaut werden. Wenn betriebliche Probleme bei der HADAG dieses Ziel nun gefährden, muss die zuständige Fachbehörde samt Behördenleitung im Sinne der Mobilitätswende diese Angelegenheit zur obersten Priorität machen.
Im Rahmen der Möglichkeiten ist die HADAG gefordert, einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Kurzfristige Abhilfe kann sich mitunter dadurch ergeben, dass man die Priorität des Betriebs auf den Linienverkehr legt, sodass im Zweifel eher Shuttledienste zu den Musicaltheatern an andere Betriebe abgegeben werden müssen, als dass fahrplanmäßige Fahrten ausfallen. Zudem müssen weitere Überlegungen angestellt werden, um die Situation zeitnah zu verbessern.
Dringenden Handlungsbedarf gibt es insbesondere mit Blick auf die Fahrgastinformation. So erfolgt die Kommunikation von Ausfällen einzelner Verbindungen nur spärlich. Sofern eine Information erfolgt, geschieht dies meist nur über das soziale Netzwerk „Twitter“ und erreicht damit viele Fahrgäste nicht. In der hvv-App werden gestrichene Fahrten nicht als solche gekennzeichnet; nur über den Reiter „Meldungen“ zu einzelnen Linien bekommt man – leider auch das nicht immer – die Information, welche Fahrten ausfallen. An den Fähranlegern selbst erfolgt keine Information.
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte befasst sich regelmäßig mit der Situation des Fährverkehrs im Bezirk Hamburg-Mitte, benennt Probleme und regt insbesondere Verbesserungen des Angebots an, wie etwa durch einen umfangreichen Antrag der Fraktionen von FDP-, SPD- und CDU vom 20. Januar 2020 (Drs. 22-0672). So wurde auch im Rahmen dieses Antrags – erneut – gefordert, die Funktionsfähigkeit der dynamischen Fahrtinformationstafeln dies es zeitweise gab sicherzustellen und auch weitere Monitore zu installieren. Diesem Ansinnen folgte die zuständige Behörde jedoch nicht; vielmehr wurden die dynamische Fahrgastinformation wegen der „Fehleranfälligkeit“ im Jahr 2019 eingestellt (vgl. Antwort der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation zur Drs. 22-0672 vom 26. Februar 2020). In der jetzigen Situation, mehrere Jahre später, zeigt sich jedoch, wie wichtig eine solche Fahrgastinformation an den Fähranlegern wäre, um die Fahrgäste umfassend zu informieren. Daher bedarf es dringend einer dynamischen Fahrgastinformation an den wichtigsten Anlegern, etwa auf Finkenwerder, an den St. Pauli-Landungsbrücken oder auch an der Ernst-August-Schleuse.
Gerade für Finkenwerder stellt der Fährverkehr das Rückgrat der Mobilität in Richtung Innenstadt dar. Jede Verschlechterung der seit vielen Jahren verbesserungswürdigen Fährlinie 62 führt dazu, dass weitere Menschen auf das Auto umsteigen. Mit Blick auf die Anreize das Auto stehen zu lassen, wie etwa das neue Deutschland-Ticket für 49 Euro pro Monat oder auch die Planungen zum Hamburg-Takt des Senats, muss ein stabiler Betrieb nach Fahrplan gewährleistet sein. Für Finkenwerder stellt sich zudem die Frage nach den Alternativen einer soliden Anbindung an die Innenstadt. Die Buslinie 150 kann die fehlenden Kapazitäten auf der Linie 62 nur selten abfedern, da der Bus oftmals im Stau vor dem Elbtunnel steht und dadurch besonders störungsanfällig ist. Daher hat die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte schon mit Antrag vom 19. November 2019 (Drs. 22-0425) angeregt, die Einrichtung einer Expressbuslinie von Finkenwerder zur S-/U-Elbbrücken zu prüfen. Dies lehnte die zuständige Fachbehörde damals ab. Bei der damals festgestellten Sachlage hat es jedoch nur sehr wenige Veränderungen gegeben. So stellt auch der in diesem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellte Schlussbericht zum Mobilitätskonzept Finkenwerder in Maßnahme „ÖPNV 8“ fest, dass der Ortsteil nur in Verbindung mit sehr langen Fahrtzeiten an den SPNV u.a. im Süderelberaum angebunden ist.
Zwischenzeitlich hat die HOCHBAHN jedoch Erfahrung mit der Busverbindung vom Bahnhof Elbbrücken nach Finkenwerder gesammelt: So wurde die Linie 150 in der jüngeren Vergangenheit bei Sperrungen des Elbtunnels regelmäßig zu den Elbbrücken umgeleitet. Diese Anbindung stößt im Stadtteil auf große Zustimmung, da sie nicht nur bei Tunnelsperrungen Entlastung bringt, sondern auch die östlichen Citybereiche von Finkenwerder aus gut erschließt. Mit Blick auf die Probleme bei der Linie 62 und der Schaffung weiterer Anreize zum Umstieg von Auto auf den Bus erscheint es sinnvoll, hier dem Bedarf der ÖPNV-Nutzenden zu folgen und durch eine solche attraktive Verbindung neue Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen – gerade weil die HOCHBAHN auch schon gute Erfahrungen auf dieser Verbindung gesammelt hat.
Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte:
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) nimmt mit Schreiben vom 11.09.2023 wie folgt Stellung:
Zu 1.:
Die HADAG Seetouristik und Fährdienst AG (HADAG) arbeitet derzeit intensiv an der Verbesserung der Verfügbarkeit ihrer Schiffe, an der Personalgewinnung sowie an der Vergrößerung der Flotte. Zu diesem Zweck wurden im Jahr 2022 bereits drei Schiffs-neubauten beauftragt. Des Weiteren überprüft die neue Geschäftsführung der HADAG in engem Austausch mit der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) kurzfristig umsetzbare Maßnahmen, um die Zuverlässigkeit des Betriebs für die Fahrgäste wieder-herzustellen. Hierfür sind diverse Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt worden, um die Personalbindung zu verstärken und mehr Personal zu gewinnen.
Im Gegensatz zu anderen Fährlinien ist die Linie 73 derzeit nicht von größeren Ausfäl-len betroffen. Die Erreichbarkeit des Anlegers Ernst-August-Schleuse ist nach wie vor stark tideabhängig.
Zu 2.:
Die Fahrgäste werden über die HADAG-Website, hvv App, hvv-Website („Aktuelle Mel-dungen“ bzw. Meldungs-Eingabe-System [MES]) sowie via Twitter über ausgefallene Fahrten informiert.
Die Darstellung von Echtzeitinformationen über den Schiffsbetrieb und deren Bereit-stellung in den hvv-Auskunftsmedien befindet sich in der finalen Entwicklungsphase. Es sind zum einen Infoscreens in den Fahrzeugen, analog zu den bekannten Fahr-gastinformationssystemen in den Bussen der Hamburger Hochbahn AG (Hochbahn), vorgesehen. Des Weiteren werden die Anleger mit multifunktionalen Infoscreens aus-gestattet, die nicht nur die Echtzeitdaten der HADAG anzeigen, sondern auch auf na-hegelegene Mobilitätsangebote, z. B. Bus, U-Bahn oder hvv-Switch, verweisen. Da die Fahrzeiten der Schiffe im störungsfreien Normalbetrieb tide-, sicht- und verkehrsbedingt nennenswerten Schwankungen unterliegen, musste eine neue Lösung entwickelt werden und es konnte nicht auf die bestehenden, für den Bus- oder Bahnbetrieb ent-wickelten Lösungen zurückgegriffen werden. Die Inbetriebnahme des Fahrgastinforma-tionssystems beginnt im ersten Halbjahr 2024 und erfolgt sukzessive über alle Schiffe und Anleger. Die HADAG wird etwa 2 Millionen Euro in die Verbesserung der Fahrgast-information investieren.
Zudem können sich Fahrgäste bei Problemen oder Fragen telefonisch an das HADAG-Informationsbüro (Tel.: 040 311707-0) wenden.
Zu 3.:
Die oben angesprochene Busverbindung Finkenwerder – U S Elbbrücken wird ledig-lich als Ausweichroute im Fall einer Sperrung des Elbtunnels angeboten. Von einer dauerhaften Einrichtung dieser Verbindung wird zum jetzigen Zeitpunkt aus betriebli-chen Gründen abgesehen. Zum einen ist der verkehrliche Nutzen dieser Verbindung nur dann gegeben, wenn die Fähre ausfällt und vor dem Elbtunnel staubedingt größere Verzögerungen auftreten.
Beschluss:
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
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