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Finkenwerder und Wilhelmsburg dürfen auf dem Wasser nicht abgehängt werden - zuverlässigen Betrieb bei den HADAG-Fährlinien sicherstellen! (Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion)

Antrag öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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25.05.2023
Sachverhalt

 

Die von der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG („HADAG“) betriebenen Fährlinien im Hamburger Hafen stellen insbesondere auch für den Bezirk Hamburg-Mitte ein wichtiges Nahverkehrsmittel dar. Neben den Linien 73 und 75, die die St. Pauli Landungsbrücken mit Wilhelmsburg und Steinwerder verbinden, sind insbesondere die Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils Finkenwerder auf den zuverlässigen Betrieb der Fährlinien 62 und 64 angewiesen – beide Linien stellen neben den Busverbindungen der HOCHBAHN durch den stauanfälligen Elbtunnel quasi die nahverkehrliche Lebensader des Stadtteils in die Innenstadt dar.

 

Einen wirklich zuverlässigen Betrieb gab es bei den oben genannten Fährlinien in den letzten Wochen jedoch nicht. Vielmehr stellt sich der Alltag des Fährbetriebs aktuell so dar, dass eine Vielzahl von Fahrten „betriebsbedingt“ ausfällt. Aus der Presse und dortigen Aussagen der HADAG ergibt sich, dass insbesondere Personalmangel ein Problem darstellt (vgl. Hamburger Abendblatt vom 14. April 2023, „Ab zur Konkurrenz – Hadag verliert immer mehr Schipper“). Nicht nur die HADAG, sondern auch die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende sind hier klar gefordert, die Probleme anzugehen und zeitnah zu beheben, sodass die Fahrpläne eingehalten werden können. Insbesondere müssen Strategien entwickelt werden, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Denn das eigentliche Ziel ist ein Ausbau der Kapazitäten, wofür aktuell auch neue Schiffe gebaut werden. Wenn betriebliche Probleme bei der HADAG dieses Ziel nun gefährden, muss die zuständige Fachbehörde samt Behördenleitung im Sinne der Mobilitätswende diese Angelegenheit zur obersten Priorität machen.

 

Im Rahmen der Möglichkeiten ist die HADAG gefordert, einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Kurzfristige Abhilfe kann sich mitunter dadurch ergeben, dass man die Priorität des Betriebs auf den Linienverkehr legt, sodass im Zweifel eher Shuttledienste zu den Musicaltheatern an andere Betriebe abgegeben werden müssen, als dass fahrplanmäßige Fahrten ausfallen. Zudem müssen weitere Überlegungen angestellt werden, um die Situation zeitnah zu verbessern.

 

Dringenden Handlungsbedarf gibt es insbesondere mit Blick auf die Fahrgastinformation. So erfolgt die Kommunikation von Ausfällen einzelner Verbindungen nur spärlich. Sofern eine Information erfolgt, geschieht dies meist nur über das soziale Netzwerk „Twitter“ und erreicht damit viele Fahrgäste nicht. In der hvv-App werden gestrichene Fahrten nicht als solche gekennzeichnet; nur über den Reiter „Meldungen“ zu einzelnen Linien bekommt man – leider auch das nicht immer – die Information, welche Fahrten ausfallen. An den Fähranlegern selbst erfolgt keine Information.

 

Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte befasst sich regelmäßig mit der Situation des Fährverkehrs im Bezirk Hamburg-Mitte, benennt Probleme und regt insbesondere Verbesserungen des Angebots an, wie etwa durch einen umfangreichen Antrag der Fraktionen von FDP-, SPD- und CDU vom 20. Januar 2020 (Drs. 22-0672). So wurde auch im Rahmen dieses Antrags – erneut – gefordert, die Funktionsfähigkeit der dynamischen Fahrtinformationstafeln dies es zeitweise gab sicherzustellen und auch weitere Monitore zu installieren. Diesem Ansinnen folgte die zuständige Behörde jedoch nicht; vielmehr wurden die dynamische Fahrgastinformation wegen der „Fehleranfälligkeit“ im Jahr 2019 eingestellt (vgl. Antwort der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation zur Drs. 22-0672 vom 26. Februar 2020). In der jetzigen Situation, mehrere Jahre später, zeigt sich jedoch, wie wichtig eine solche Fahrgastinformation an den Fähranlegern wäre, um die Fahrgäste umfassend zu informieren. Daher bedarf es dringend einer dynamischen Fahrgastinformation an den wichtigsten Anlegern, etwa auf Finkenwerder, an den St. Pauli-Landungsbrücken oder auch an der Ernst-August-Schleuse.

 

Gerade für Finkenwerder stellt der Fährverkehr das Rückgrat der Mobilität in Richtung Innenstadt dar. Jede Verschlechterung der seit vielen Jahren verbesserungswürdigen Fährlinie 62 führt dazu, dass weitere Menschen auf das Auto umsteigen. Mit Blick auf die Anreize das Auto stehen zu lassen, wie etwa das neue Deutschland-Ticket für 49 Euro pro Monat oder auch die Planungen zum Hamburg-Takt des Senats, muss ein stabiler Betrieb nach Fahrplan gewährleistet sein. Für Finkenwerder stellt sich zudem die Frage nach den Alternativen einer soliden Anbindung an die Innenstadt. Die Buslinie 150 kann die fehlenden Kapazitäten auf der Linie 62 nur selten abfedern, da der Bus oftmals im Stau vor dem Elbtunnel steht und dadurch besonders störungsanfällig ist. Daher hat die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte schon mit Antrag vom 19. November 2019 (Drs. 22-0425) angeregt, die Einrichtung einer Expressbuslinie von Finkenwerder zur S-/U-Elbbrücken zu prüfen. Dies lehnte die zuständige Fachbehörde damals ab. Bei der damals festgestellten Sachlage hat es jedoch nur sehr wenige Veränderungen gegeben. So stellt auch der in diesem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellte Schlussbericht zum Mobilitätskonzept Finkenwerder in Maßnahme „ÖPNV 8“ fest, dass der Ortsteil nur in Verbindung mit sehr langen Fahrtzeiten an den SPNV u.a. im Süderelberaum angebunden ist.

 

Zwischenzeitlich hat die HOCHBAHN jedoch Erfahrung mit der Busverbindung vom Bahnhof Elbbrücken nach Finkenwerder gesammelt: So wurde die Linie 150 in der jüngeren Vergangenheit bei Sperrungen des Elbtunnels regelmäßig zu den Elbbrücken umgeleitet. Diese Anbindung stößt im Stadtteil auf große Zustimmung, da sie nicht nur bei Tunnelsperrungen Entlastung bringt, sondern auch die östlichen Citybereiche von Finkenwerder aus gut erschließt. Mit Blick auf die Probleme bei der Linie 62 und der Schaffung weiterer Anreize zum Umstieg von Auto auf den Bus erscheint es sinnvoll, hier dem Bedarf der ÖPNV-Nutzenden zu folgen und durch eine solche attraktive Verbindung neue Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen – gerade weil die HOCHBAHN auch schon gute Erfahrungen auf dieser Verbindung gesammelt hat.

 

 

Petitum/Beschluss

 

Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte:

 

  1. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende sowie die HADAG Seetouristik und Fährdienst AG als zuständiges Verkehrsunternehmen werden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um kurzfristig einen stabilen Fährbetrieb auf den Linien 62, 64 und 73 zu gewährleisten. Eine kurzfristige Verbesserung der Situation kann sich etwa dadurch ergeben, dass der Linienverkehr vor dem Shuttledienst für die Musicals priorisiert wird und die Anbindung an die Musicaltheater über andere Fährbetriebe erfolgt. Auf lange Sicht ist schon jetzt sicherzustellen, dass Pläne zur Verbesserung des Angebots – etwa zur Taktverdichtung auf der Linie 62 durch den Neubau von Schiffen – durch die aktuelle Situation nicht gefährdet werden.

 

  1. Die genannten Stellen werden zudem aufgefordert, die Fahrgastinformation in der aktuellen Situation umgehend zu verbessern. So sind die Fahrgäste nach Möglichkeit direkt auf den Anlegern – etwa über Personal der HOCHBAHN-Wache – über Ausfälle zu informieren. Auch ist die Kommunikation über das Internet und die hvv-App so zu verbessern, dass den Fahrgästen schnell deutlich wird, welche konkreten Fahrten ausfallen. Zudem sollten mittelfristig die Informationen zu den Live-Standorten der Fähren im HVV-Gebiet mittels einer API bereitgestellt werden. Darüber hinaus müssen zeitnah Systeme zur dynamischen Fahrgastinformation an den wichtigsten Fähranlegern – insbesondere Finkenwerder, Neumühlen/Övelgönne, Landungsbrücken und Ernst-August-Schleuse – installiert werden.

 

  1. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende wird mit Blick auf die Situation im Fährbetrieb und die aktuelle Sachlage erneut gebeten, zur Verbesserung der Anbindung des Stadtteils Finkenwerder an die Innenstadt die Einrichtung einer regelmäßigen Busverbindung zwischen Finkenwerder und U-/S-Elbbrücken – über den Linienverkehr bei Sperrungen des Elbtunnels hinaus – zu prüfen.

 

  1. Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte wird über den weiteren Fortgang informiert.