23-0416

"Esso-Häuser"/ Paloma-Viertel: Transparenz herstellen - St. Pauli Code am Leben lassen! (Antrag der Fraktion DIE LINKE)

Antrag öffentlich

Letzte Beratung: 23.01.2025 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 9.3

Sachverhalt

 

Im November 2024 hatte der Hamburger Senat mitgeteilt, dass das Areal des Paloma-Viertels (früher „Esso-Häuser“) auf St. Pauli von der Bayrischen Hausbau GmbH an die SAGA Unternehmensgruppe und die Quantum Immobilien AG bis Jahresende verkauft werden soll. Zusammen wollen sie es „im Sinne seiner ursprünglichen Bestimmung“ bebauen, wie die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Karin Pein in einer Pressemitteilung der SAGA vom 18. November 2024 zitiert wird. Weiter ist die Rede von einem „Durchbruch“. Auch wenn der Hamburger Senat, die SAGA Unternehmensgruppe und auch die Quantum Immobilien AG zu genaueren Details viel zu verschlossen sind, ist klar, dass es kein Durchbruch für die St. Paulianer*innen und die langjährige Arbeit rund um die „PlanBude“ ist.

Bekannt ist: Aus 200 Wohnungen werden nun 164. Diese sollen zwar alle öffentlich gefördert werden, doch ob ein Großteil davon mit einer Anfangsmiete von 12,10 €/qm (= 3. Förderweg) statt der bisher geplanten 120 Wohnungen im 1. Förderweg (7,10 €/qm) und 2.rderweg (9,20 €/qm) entstehen, ist noch offen. Aus 180 Hotelzimmern werden nun fast doppelt so viele, nämlich 350. Weg ist die öffentlich begehbare Dachfläche, weg ist die Kletterfassade und weg sind offenbar auch Räumlichkeiten für die Nachbarschaft. Lediglich Gewerbeimmobilien für nicht näher spezifizierte kulturelle Nutzung scheinen noch vorgesehen zu sein. Dem allen voraus ging ein über zehn Jahre zurückliegender Kampf der Anwohner*innen, der sich zunächst um den Erhalt der alten „Esso-Häuser“ und bezahlbaren Mieten, um die Mitbestimmung zum Neubau über die „PlanBude“ und schließlich um den Unmut darüber, dass die Bayrische Hausbau GmbH ihren Teil des Vertrages nicht einhalten konnte oder wollte, erstreckte.

 

Ein kurzer Rückblick:
2009 hatte die Bayrische Hausbau GmbH das Grundstück mit „Esso-Häusern“ und Tankstelle vom alten Eigentümer gekauft. Nicht Wenige machten sich Sorgen, dass es daher zu Spekulation, Verdrängung und überteuerten Mieten kommen könnte. Die Initiative Esso-Häuser konnte den Abriss vier Jahre lang verhindern und machte die Zukunft des Areals zu dem wichtigsten stadtpolitischen Thema in Hamburg. 2013 mussten die Mieter*innen der rund 100 Wohneinheiten, die Clubs, Gastro- und Gewerbebetriebe das Gebäude wegen akuter Einsturzgefahr räumen - wenige Monate später folgte der Abriss. Mit zahlreichen Aktionen, Demos und viel Durchhaltevermögen widersetzte sich der Stadtteil den Plänen der Bayrischen Hausbau GmbH und forderte mit Erfolg eine Beteiligung der St. Paulianer*innen ein.
2014 beauftragte das Bezirksamt Hamburg-Mitte die „PlanBude“ mit einem Beteiligungsverfahren, das Wissen und Ideenreichtum unterschiedlichster Menschen sammelte und zu konkreten Plänen für moderne Wohn- und Stadtteilkultur konzentrierte. Kurz: Der „St. Pauli Code“war geboren, der günstig statt teuer ist, Unterschiedlichkeit, Kleinteiligkeit, Originalität, Toleranz, Aneignung und Freiraum ohne Konsumzwang beinhaltet. Ein Konzept, das der damalige SPD-Bezirksamtsleiter Andy Grote als „verbindliche Leitlinie für künftige Bauprojekte im Stadtteil“ lobte. In den nächsten Jahren gab es einen Architekturwettbewerb, 2018 erfolgte schließlich die Unterzeichnung des städtebaulichen Vertrages zwischen dem Bezirksamt Hamburg-Mitte und der Bayrischen Hausbau GmbH und am 16.12.2021 die Feststellung des Bebauungsplans „St. Pauli 45“ durch die Bezirksversammlung Hamburg Mitte (der am 17. Oktober 2024 nochmals durch die Bezirksversammlung bestätigt wurde).

Das Ziel: Ein gemischtes Quartier in zentraler Lage vom vielschichtigen St. Pauli, das die unterschiedlichen Bedürfnisse von Anwohner*innen, Bürger*innen und Besuchenden vereint.

 

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass ein breiter, ein tiefer, ein öffentlicher partizipativer Planungsprozess funktioniert und zu einem konkreten Konzept hren kann. Die jüngsten Behauptungen, von der Bayrischen Hausbau oder auch dem Hamburger Senat (vgl. ZEIT Online „Planbude wirft hin - Beteiligungsmodell am Ende“ vom 2. Oktober 2024), ändern nichts daran, dass das Projekt nicht wegen der vielen Bürger*innenwünsche gescheitert ist. Deswegen ist es umso wichtiger, dass der Hamburger Senat, die SAGA-Unternehmensgruppe und auch Quantum Immobilien sich der großen Bedeutung des Projekts bewusst sind und die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses nicht einfach wegwischen, wie die Hamburgische Architektenkammer und verschiedene Verbände in ihrer Stellungnahme vom 9. Januar 2025 hervorheben[1].

 

 

Petitum/Beschluss

Beschluss:

 

Das vorausgeschickt und unter Berücksichtigung der viel gelobten haupt- und ehrenamtlichen Arbeit im Rahmen der „PlanBude“ge die Bezirksversammlung beschließen, sich den Forderungen der Hamburgischen Architektenkammer, der BDA Hamburg, der AIV Hamburg, der SRL und der bdla Hamburg anzuschließen und:

 

Den Bezirksamtsleiter aufzufordern, sich beim Hamburger Senat dafür einzusetzen,

 

  1. dass Transparenz hergestellt wird über die neuen Eigentumsverhältnisse, die Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Vergabe von Planungsaufträgen, den aktuellen Stand der Neuplanungen sowie von geänderten Planungsparametern.

 

  1. Dass die Planung, so wie sie im städtebaulichen Vertrag sowie in den Wettbewerbsergebnissen festgehalten sind, prinzipiell umgesetzt wird.

 

  1. Dass bei notwendigen einzelnen Umplanungen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, diese öffentlich erläutert und nachvollziehbar begründet werden. Die Anwohner*innen auf St. Pauli sind in diesem Fall erneut frühzeitig zu beteiligen. Eine reaktivierte „PlanBude“re hierfür das geeignete Dialoginstrument.

 

  1. Außerdem wird das Bezirksamt dazu aufgefordert dem Projektrat zu erklären und offenzulegen, wieso dieser nicht frühzeitig zu den aktuellen Entwicklungen und Planungen zum Paloma-Viertel (vormals „Esso-Häuser“) informiert und mit einbezogen wurde.

 

 

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