Benennung des Wilden Waldes als Mahnwald - Quartiersbeirat Reiherstiegviertel - Verstetigung- Beiratsempfehlung 02/2024 vom 12.11.2024
Letzte Beratung: 26.11.2024 Regionalausschuss Wilhelmsburg / Veddel Ö 9.3
Zur Erinnerung an die Sturmflut von 1962 und zum Gedenken an die Opfer sowie als Mahnung über das historische Ereignis hinaus bis in die Gegenwart sollte der Wald als Mahnwald benannt werden.
An keinem anderen Ort in ganz Hamburg forderte die Sturmflut 1962 so viele Opfer. An kaum einem anderen Ort waren die Menschen so ungeschützt und ausgeliefert. Denn exakt dort, wo heute der Mahnwald wächst, befand sich eine Kleingartenkolonie. Sie begann unmittelbar hinter dem Deich am Spreehafen - die Hafenrandstraße gab es damals noch nicht - und erstreckte sich bis zum Ernst-August-Kanal sowie westlich und östlich der Georg-Wilhelm-Straße.
In dieser Laubenkolonie wohnten Menschen behelfsmäßig in den Lauben, weil die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg noch immer groß war. Das gesamte Gebiet lag – und liegt – unter N.N. Der „Deich“ am Spreehafen war lediglich ein sog. Erdkörper zur Hafenbefestigung. Er hielt, ebenso wie die Ernst-August-Schleuse, der Flut nicht im Ansatz stand. Die Menschen waren nicht gewarnt und wurden im Schlaf von den hereinbrechenden Wassermassen überrascht. Viele ertranken in den frühen Morgenstunden des 17. Februar 1962 oder erfroren auf den Dächern, auf die sie sich zunächst gerettet hatten.
Seitdem wächst an jenem Ort ein weitgehend unberührter Pionierwald. Er ist ein lebendes Mahnmal. Es ist ein besonderer Ort mit einer ganz eigenen Würde. Wir sollten ihm mit Respekt begegnen. Kein von Menschenhand geschaffenes Werk könnte jemals die Flutkatastrophe in ihrer Verbindung mit Vergangenheit und Gegenwart so symbolisieren wie es dieses lebende Mahnmal durch seine pure Existenz tut. Wie es eine Zeitzeugin einmal formulierte: „Dort hängen die Bäume voller Tränen.“
Als lebendes Mahnmal, als Mahnwald ist der Wald ein real existierender, physisch betretbarer, fühlbarer Gedenk-Ort. Das Geschehen hat tatsächlich dort stattgefunden. Gedenken im Mahnwald ist nicht abstrakt, nicht musealisiert, sondern es ist unmittelbare Wahrnehmung.
Im Gegensatz zu einem Gedenkwald oder Denkmal weist der Mahnwald als lebendes Mahnmal über das historische Ereignis hinaus bis in unsere Gegenwart. Ein Mahnmal aktiviert und ist neben dem Erinnern und Gedenken in die Zukunft gerichtet. Der Mahnwald gemahnt an die Bedeutung des Sturmflutgeschehens 1962 für unser heutiges Dasein auf einer flutgefährdeten Insel mitten in der Elbe.
Der Mahnwald ist nicht nur ein würdiger, unmittelbarer Gedenkort. Er erinnert die jüngeren Generationen und neu Hinzugezogene an die stete Bedrohung des Lebens auf der Insel im Fluss. Er gemahnt an die Wichtigkeit des Hochwasserschutzes.
Nicht zuletzt regt er uns zur Auseinandersetzung mit den heutigen Herausforderungen angesichts des Klimawandels an, denken wir nur an die zunehmenden Hochwasser-Katastrophen überall, den Anstieg der Meeresspiegel, die Starkregen-Ereignisse und die Frage nach den Versickerungsflächen für die immer größer werdenden Wassermassen in unserer Stadt.
Im Mahnwald steckt die Aufforderung wach zu bleiben und Verantwortung zu übernehmen. Der Mahnwald würde neue Formen des Gedenkens ermöglichen: Nachdenken, Mitdenken, Umdenken. Lernen, Schlüsse für die Gegenwart ziehen, Handeln.
Der Quartiersbeirat Reiherstiegviertel fordert den Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel auf, sich für die offizielle Benennung des Waldes zwischen Klütjenfelder Hauptdeich/Hafenrandstraße und Ernst-August-Kanal als Mahnwald einzusetzen.
Votum gesamt: |
23 Ja-Stimmen |
1 Nein-Stimmen |
3 Enthaltungen |
Votum Beirat: |
10 Ja-Stimmen |
1 Nein-Stimmen |
2 Enthaltungen |
Davon politische Vertreterinnen und Vertreter (GRÜNE, CDU, LINKE, VOLT) |
4 Ja-Stimmen |
0 Nein-Stimmen
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0 Enthaltungen
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Votum Gäste: |
13 Ja-Stimme |
0 Nein-Stimmen |
1 Enthaltungen |
Um Beschlussfassung/ Kenntnisnahme wird gebeten.
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