Appell zum Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum (Antrag der CDU-, SPD- und FDP-Fraktion)
Letzte Beratung: 25.01.2024 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 9.3
Bei der aktuellen öffentlichen Diskussion in Hamburg um den künstlerischen Wettbewerb zur Realisierung des „Denk-Ortes für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ steht die Aufgabe eines anderen Kunstwerkes im Raum. Auf der Grünfläche Neuer Jungfernstieg / Lombardsbrücke an der Binnenalster soll dieser „Denk-Ort“ künftig ein sichtbares Zeichen für Respekt und Anerkennung von Vielfalt in Hamburg setzen.
In dem offiziellen Auslobungstext heißt es dort: „Im Ergebnis des Kunstwettbewerbs kann die Skulptur „Windsbraut“ des Hamburger Bildhauers Martin Rowoldt (1891-1969), die 1968 im Auftrag der damaligen Baubehörde an der Uferbegrenzung dieser Fläche aufgestellt wurde, an einen anderen Standort translosziert werden. Sie kann aber auch in den künstlerischen Entwurf einbezogen werden.“
Genau diese angedachte Umsetzung der Skulptur ist in der öffentlichen Diskussion streitig. Der Denkmalverein Hamburg e.V. beispielsweise protestiert gegen die Versetzung. Die „Windsbraut“ ist nicht nur ein beliebtes Fotomotiv, sondern steht auch mit der Nummer 12938 und genau diesem örtlichen Kontext auf der Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg.
Es ist unstreitig, dass der neu zu schaffende „Denk-Ort“ entstehen soll und von gesellschaftlicher Bedeutung ist. Dafür darf aber kein anderes identitätsstiftendes Denkmal einfach aufgegeben und versetzt werden.
Neben der öffentlichen Diskussion um die Versetzung der Skulptur „Die Windsbraut“ gibt es in Hamburg-Mitte derzeit zwei weitere Kunstwerke im öffentlichen Raum, die durch städtebauliche Veränderungen bzw. Umnutzungen gefährdet sind:
Das Kunstobjekt "Sieben Orte für Hamburg" von F.E.W. [Name aus Datenschutzgründen entfernt] (1939) ist in seiner Gesamtheit nicht mehr im öffentlichen Raum wahrnehmbar. Eine der Stahlplatten der insgesamt sieben Platten des Kunstobjekts aus dem Jahr 1989 ist ursprünglich auf dem Deichtorplatz auf einer Verkehrsinsel verortet. Mit der Umgestaltung des Platzes wurde diese eine Stahlplatte des Gesamtkunstwerks eingelagert. Was derzeit mit dem Kunstobjekt passiert, ist ungewiss.
Für U.R.‘s [Name aus Datenschutzgründen entfernt] (1938) Granitblock "Tempel“, der seit 1984 auf dem Hopfenmarkt steht, muss im Umfeld nach einem neuen Standort gesucht werden. Die Neu-Planungen nach einem Realisierungswettbewerb für den Hopfenmarkt berücksichtigen die Skulptur nicht. Es muss kurzfristig ein neuer Standort in der Nähe von St. Nikolai gefunden werden, da das Werk einen besonderen Bezug zu diesem Ort hat. Die Skulptur ist genauso ein Fragment wie die Ruine der St. Nikolaikirche, die nach den Kriegszerstörungen nicht vollständig wieder aufgebaut wurde und heute als Mahnmal und Museum dient.
Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat sich bereits in seiner 393. Sitzung am 13.03.2013 in Heilbronn mit Fragen des Umgangs mit Kunst im öffentlichen Raum beschäftigt und hierzu in seinem Beschluss festgestellt, dass Kunst im öffentlichen Raum einen wirksamen Beitrag zu einem positiven Erscheinungsbild sowie zum kulturellen Profil der Städte leisten soll. Ihre Platzierung sollte auf der Grundlage eines Gesamtkonzeptes erfolgen, das planerische, baukulturelle sowie ggf. historische Aspekte einbezieht und Maßnahmen der Instandhaltung, Weiterentwicklung und der Vermittlung vorsieht. Kunst im öffentlichen Raum und Stadtentwicklungskonzepte sollten in einer ressortübergreifenden Planung entwickelt werden.
Das Präsidium hat weiter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kunst im öffentlichen Raum auch künstlerische Interventionen und Aktionen temporärer Art umfasst. Diese ermöglichen die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Stadtgesellschaft und schaffen neue Blickwinkel auf eine scheinbar vertraute Umgebung.
Der sorgsame Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum in Hamburg muss danach einerseits identitätsstiftend planerisch entwickelt werden und zum anderen temporäre Interventionen ermöglichen.
Dies vorausgeschickt beschließt die Bezirksversammlung:
Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, sich bei der Behörde für Kultur und Medien (BKM) und der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) dafür einzusetzen,
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