Altstadt Umgestaltung: Wasserstege am Nikolaifleet
Letzte Beratung: 22.10.2019 Cityausschuss Ö 5.3
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat den nachfolgend aufgeführten Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion – Drs. Nr. 21-5145 in ihrer Sitzung am 21.03.2019 einstimmig beschlossen.
Die Hamburger Altstadt bewahrt einige kulturelle Schätze wie Kirchen und Kontorhäuser und zählt zu den beliebten Orten in Hamburgs Mitte. Die Trennung durch die Willy-Brandt-Straße ist hierbei eines der Ärgernisse, das seit langem im Fokus Hamburger Politik steht. Schöne und bessere Querungsmöglichkeiten wären für die Bewohner*innen und Besucher*innen des Viertels von Vorteil.
Seit einigen Jahren wird außerdem verstärkt darüber diskutiert, die Fleete wiederzubeleben und das ganze Gebiet fußgängerfreundlicher umzubauen. Die Initiative „Altstadt für Alle“ hat gute Vorschläge entwickelt, deren Umsetzungsmöglichkeit eruiert werden soll. Wichtiger Bestandteil davon ist es, die Zugänglichkeit der Fleete, also des Wassers, wieder zu ermöglichen. Vor dem Commerzbankareal ist sogar noch die Treppe vorhanden, aber nicht zugänglich.
Allgemein eignet sich der Nikolaifleet aufgrund seiner Breite besonders gut, um einen Zugang zum Wasser zu schaffen. Wenn es möglich ist, einen Fußgängerweg unter der Willy-Brandt-Brücke zu errichten, kann somit von Commerzbankareal bis zum Fleet bei St. Katharinen ein durchgängiger Fußweg entstehen. Gemeinsam mit der Trostbrücke wären damit das Mahnmal St. Nikolai und die Hauptkirche St. Katharinen ohne Querung einer größeren Straße verbunden.
Wasserstege am Nikolaifleet sind aber bei weitem nicht nur Wege, sondern können einen Teil Hamburger Geschichte erlebbar machen. Gemeinsam mit Hamburg Tourismus und dem Hafenmuseum könnte der Nikolaifleet ein erlebbares Museum sein. Hier liegt der älteste Hafenbereich der Stadt, Wasserseitige Kontorhausfassaden und der alte Einfallsweg der Waren aus den Vier- und Marschlanden. Abgerundet wird das ganze durch ein ruhiges Café hinter der Zollenbrücke.
Um die Verschattung zu umgehen, wäre eine Führung des Fußweges am Wasser von der Treppe vor dem Commerzbankareal rechtsseitig bis hinter die Willy-Brandt-Straßen-Brücke und weiter bis zur Katharinenkirche sinnvoll. Zusätzlich wäre linksseitig ein Fußweg unter der Willy-Brandt-Straßen-Brücke eine Möglichkeit, diese zu überqueren, da die nächste Ampelanlage weiter entfernt ist. Der Fußweg könnte linksseitig von der Brücke bis zum Schiffanleger an der Holzbrücke geführt werden. Insgesamt würden 5 zusätzliche Auf- und Abgänge benötigt, 4 an den Ecken der Willy-Brandt-Brücke und einer in der Nähe der Katharinenkirche.
Dadurch wird eine schöne Gelegenheit geschaffen - abseits der Gehwege an den Straßen mitsamt ihrem Verkehr - im Altstadtquartier zu spazieren und Hamburgs Fleete aus der Nähe zu sehen.
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen:
1. Ob die Möglichkeit besteht, am Nikolaifleet Fußwege knapp über normaler Wasserhöhe zu schaffen,
2. Ob Auf- und Abgänge zum Wasser um die Willy-Brandt-Straßen-Brücke herum möglich sind,
3. Ob ein Fußweg unterhalb der Willy-Brandt-Straßen-Brücke möglich ist. Alternativ soll ein ebenerdiger, direkter Fußweg über die Willy-Brand-Straße geprüft werden.
4. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, mit Hamburg Tourismus und dem Hafenmuseum über den Betrieb und die Ausgestaltung der Wasserstege Kontakt aufzunehmen.
5. Dem Cityausschuss über die Ergebnisse zu berichten.
Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) nimmt zu den Ziffern 1, 2, 3 des o.g. Beschlusses wie folgt Stellung:
Das Nikolaifleet unterliegt einer täglichen, tidebeeinflussten Wasserstandsschwankung, die vom Leerlaufen bis zu Normalhöhennull (NHN) + 2,70 m (Schließwasserstand Nikolaisperrwerk) reichen kann. Eine feste Steganlage kann somit nicht die Forderung erfüllen, knapp über der „normalen“ Wasserhöhe zu liegen. Ein fester Steg müsste, um nicht überspült zu werden, über NHN + 2,70 m liegen, hätte dann aber bei Leerlauf einen Abstand zur Gewässersollsohle von über 5 Metern und würde bei der Unterquerung der Brücken nur eine sehr beschränkte Höhe zulassen.
Mit einer schwimmenden Anlage (Pontons etc.) könnte zwar eine gleichbleibende Höhe zum Wasserstand erreicht werden, jedoch wäre mit „Schieflagen“ der Schwimmstege bei Ebbe, mit Verklemmungen einzelner Segmente im täglichen Tidegang, mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Anbindung/dem Übergang an bestehende (feste) Anlagen und mit Beschädigungen der unterhaltungsintensiven Anlage durch das wiederholte Aufsetzen auf der Sohle zu rechnen.
Auch bei dieser Ausführung verbliebe unter den Brücken bei Schließwasserstand nur eine eingeschränkte lichte Höhe, die die Unterführung im Rundbogenjoch erheblich begrenzt; bei einer Berücksichtigung der festgesetzten (Hochwasser-) Schutzhöhe von NHN + 4,00 m wäre hier keine der Anlagen realisierbar.
Darüber hinaus würden private Rechte, der Gemeingebrauch des Nikolaifleets und bestehende Gewässernutzungen beeinträchtigt sowie private Anlagen in Anspruch genommen und die Unterhaltung von Uferanlagen sowie Gebäudeaußenwänden erschwert, so dass entsprechende Widersprüche zu erwarten sind.
Des Weiteren würde die Breite des Fahrwassers eingeengt, so dass der Schiffsverkehr, im Besonderen bei Gegenverkehr bzw. unter der Willy-Brandt-Straße, verdichtet würde; die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs würde somit herabgesetzt werden.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Herstellung der Steganlage nur mit dem Einbringen von zahlreichen Pfählen in die Gewässersohle geschehen kann. Vorab wäre deshalb eine Freigabe des Kampfmittelräumdienstes sowie eine Beweissicherung der benachbarten Gebäude/Anlagen erforderlich. Ggf. wären darüber hinaus Untersuchungen der Gewässerfauna (Muscheln etc.) sowie weitere Untersuchungen bezüglich potenzieller Einschränkungen für die nach EG-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichenden Ziele (gutes ökologisches Potenzial der Gewässer) durchzuführen.
Für die Errichtung eines Wasserstegs im Nikolaifleet ist ein Wasserrechtsverfahren nach § 15 Hamburgisches Wassergesetz (HWaG) bzw. § 68 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bei der BUE als Wasserbehörde erforderlich. Der Denkmalschutz (das Nikolaifleet und seine räumlichen Maße sind denkmalgeschützt) sowie die Landesplanungsabteilung wären u. a. am Verfahren zu beteiligen.
Abschließend möchte die die BUE darauf hinweisen, dass Genehmigungsinhabende die Sicherungspflicht für die Anlage zu übernehmen und somit für Rettungsmittel, eine ausreichende Beleuchtung und begehbare (keine Glätte etc.) Verhältnisse zu sorgen haben. Darüber hinaus wäre das geplante „Café Altstadt“ überflutungsgefährdet, da es sich bei Hochwasser unterhalb der (Hochwasser-) Schutzhöhe befinden würde.
Fazit:
Der angedachte Wassersteg erscheint in der dargestellten Bauart und Streckenführung nur mit erheblichen Aufwand und Einschränkungen realisierbar.
Die Ansprüche an einen sicheren Weg sind mit der wasserwirtschaftlichen Funktion eines Fleetes (tidebeeinflusst, zeitweise trocken fallend) schwer zu vereinbaren Eine Genehmigung für das Vorhaben kann nach überschlägiger Prüfung nicht in Aussicht gestellt werden, da Rechte Dritter erheblich eingeschränkt würden.
Die BUE begrüßt aber die grundsätzliche Intention der Antragsteller, die Erlebbarkeit der Gewässer in Hamburg und des Nikolaifleets als echtem tidebeeinflussten Fleet durch eine bessere Zugänglichkeit zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, auf durchgängige Wasserstege zu verzichten und stattdessen die Möglichkeit der Errichtung weiterer, einzelner Pontonanlagen (z. B. bei der Wassertreppe am Commerzbankareal) und Bastionen (an der Willy-Brandt-Straßen-Brücke) zu prüfen.
Petitum/Beschluss
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
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