Verwendung des gewählten Namens von Schüler*innen mit transsexueller Prägung unabhängig von einer amtlichen Namensänderung Drs. 21-3057, Beschluss der BV vom 30.06.2022
In der o. a. Angelegenheit nimmt die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) zum Beschluss Drs. 21-3057 wie folgt Stellung:
Sobald der rechtliche Vorgang einer Geschlechtsanpassung abgeschlossen ist, werden alte Zeugnisse nacherstellt und aktuelle Zeugnisse mit den neuen, amtlichen Namen ausgestellt. Solange dies nicht der Fall ist, ist es bei einer glaubhaft gemachten und auch im schulischen Alltag erlebten Transidentität möglich, Zeugnisse und andere Schriftstücke, die keine Berechtigungen verleihen und auch sonst keine rechtlichen Folgen haben, auf Wunsch der Sorgeberechtigten und der Schülerin oder des Schülers in Form einer „Sternchen“ – oder „Fußnoten“-Lösung auszustellen. Hierbei steht an der üblichen Stelle im Zeugnis der im Alltag verwendete Vorname, versehen mit einer Fußnote, die auf den „amtlichen“ Vornamen verweist. Bei Dokumenten mit größeren rechtlichen Auswirkungen (insbesondere Abschluss- oder Übergangszeugnisse mit normierten Qualifikationen) ist dies aber nicht möglich.
Die Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus Dezember 2016 ist der BSB bekannt. Sie schließt mit dem Hinweis, ob eine auf den gewählten Namen ausgestellte Hochschulbescheinigung letztlich von Dritten anerkannt werde, bleibe nach der dort erfolgten ersten rechtlichen Einschätzung fraglich und dürfe von der jeweiligen Praxissituation abhängen.
Aus Sicht der BSB muss sich schulisches Handeln auch und gerade daran messen lassen, ob es möglichst weitgehend seinen Zweck erfüllt. Sachgerecht ist die Aufnahme eines anderen als des amtlichen Vornamens in ein rechtserhebliches Dokument jedoch nicht. Ein Zeugnis oder eine Bescheinigung, die den einen Namen enthält und zugleich auf ein Legitimationspapier verweist, das wiederum auf einen anderen Namen ausgestellt ist, birgt in sich das Risiko eines Selbstwiderspruchs bzw. erweckt den Verdacht, es lägen eine Verwechslung oder gar ein Täuschungsversuch vor. Damit geraten Schülerinnen und Schüler, die ein solches Dokument vorweisen, in deutliche Erklärungsnot.
Erst recht problematisch wird es, wenn das Dokument einer Stelle außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) oder der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt wird und nicht damit zu rechnen ist, dass diese sich kurzfristig bei der ausstellenden Schule rückversichert oder aber die Auskunft der FHH, es handele sich um dieselbe Person, auch ohne Weiteres akzeptiert.
Eine Änderung des Vornamens in den fraglichen Datenbanken (Zentrales Schülerregister (ZSR), Digitale Verwaltung in Schulen (DIVIS)) kommt aus den genannten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.
Welcher Vorname und welches Pronomen im schulischen Alltag allgemein in Gebrauch sind, kann durch die BSB nicht wirksam gesteuert werden. Hier spricht nichts dagegen, wenn im Alltag ein anderer als der „amtliche“ Name nebst den entsprechenden Pronomina in Gebrauch ist. Aus der Praxis ist bekannt, dass die Schulen in aller Regel sehr entgegenkommend handeln und die von den Betroffenen gewünschten Namen im Schulalltag Verwendung finden. Beispiele dafür sind die Verwendung des gewünschten Rufnamens im täglichen Miteinander, in Klassenlisten oder auf nicht abschlussrelevanten Zeugnissen wie eingangs beschrieben. Auch in sonstigen Zusammenhängen wird den Bedürfnissen der transidenten Personen so weit wie möglich Rechnung getragen. In Konfliktfällen wirken die Schulaufsichten darauf hin, dass die Schulleitungen mit Augenmaß für Abhilfe sorgen.
Perspektivisch dürfte zudem das beabsichtigte Selbstbestimmungsgesetz (dessen Eckpunkte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 30.6.2022 vorgestellt hat) in vielen Fällen Abhilfe schaffen.
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Um Kenntnisnahme wird gebeten.
keine