21-0622

Umgang mit belasteten Straßennamen, hier: Felix-Dahn-Straße

Gemeinsamer Antrag

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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03.02.2020
30.01.2020
Sachverhalt

Seit dem 1. November 1938 gibt es in Eimsbüttel eine Felix-Dahn-Straße.

Von 1921 bis 1938 aber war diese Straße benannt nach Anna Wohlwill, der langjährigen Leiterin der Mädchenschule Paulinenstift. Unter dem NS-Regime musste der Name der Jüdin Anna Wohlwill dem Namen des Schriftstellers Felix Dahn weichen. Inzwischen gibt es im Stadtteil St. Pauli eine Wohlwillstraße.

 

Felix Dahn, bereits 1912 verstorben, war für die damalige Literaturgeschichte ein Impulsgeber, der mit über 30.000 Seiten zahlreiche Werke zu Recht und Geschichte verfasste. Allerdings propagierte Dahn in seinen Werken auch einen völkisch-nationalistischen Germanenmythos. Dahn ist somit als Wegbereiter des deutschen Faschismus anzusehen und eine Straßenumbenennung nach ihm war in der NS-Zeit kein Zufall, sondern folgerichtig. Dass allerdings mehr als 74 Jahre nach der Befreiung vom deutschen Faschismus die Straße immer noch Dahns Namen trägt, sollte schnellstmöglich behoben werden.

 

Aus guten Gründen schlägt die Linksfraktion vor, dieser Straße wieder den Namen einer jüdischen Frau zu geben und durch diese Straßenumbenennung ein lang überfälliges Unrecht zu korrigieren, denn: Straßennamen sind Seismographen der Zeit. Es ist deshalb überfällig, nach 81 Jahren die „Felix-Dahn-Straße“ umzubenennen und damit ein sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus zu setzen.

 

Steffi Wittenberg wurde am 15. Februar 1926 in Eimsbüttel als Steffi Hammerschlag geboren. Die Familie wohnte im Mittelweg. Sie besuchte ab 1932 zunächst die non-konfessionelle Grundschule Kielortallee, dann die Jahnschule (heute Ida Ehre Schule). Ab 1935 musste sie eine jüdische Schule besuchen und wechselte auf die Israelitische Töchterschule, nach deren Schließung zur Talmud-Tora-Schule am Grindelhof.

 

Im Dezember 1939 gelang ihr mit ihrer Mutter die Flucht nach Uruguay. In Montevideo lernte sie ihren späteren Mann Kurt Wittenberg kennen, dem sie im Januar 1948 nach Houston/Texas folgte. Wegen beider Tätigkeit im Civil Rights Congress gerieten sie früh in die politischen Mühlen der McCarthy-Ära und wurden ausgewiesen.

 

Seit Juni 1951 lebte Steffi Wittenberg (mit ihrem Mann und ihren 1955 und 1960 geborenen Söhnen) wieder in Eimsbüttel. Am 26. März 2015 ist Steffi Wittenberg - Schirmfrau des „Monats des Gedenkens“ während der Vorbereitungen für den zweiten Monat des Gedenkens gestorben. Steffi Wittenberg ist bis kurz vor ihrem Tod in Schulen gegangen, um als Zeitzeugin über ihr Leben zu berichten:

 

 

ihre jüdische Kindheit im Zeichen nationalsozialistischer Verfolgung in Eimsbüttel, die Jahre als „deutsch-jüdische Jugendliche mit Migrationshintergrund“ nach der Flucht in Uruguay, ihr Engagement in der US-Bürgerrechtsbewegung.

 

Mehr als dreißig Jahre lang hat Steffi Wittenberg mit ihrem Auftreten Hamburger Schülerinnen und Schülern die Werte einer humanen Gesellschaft vermittelt und Sensibilität gegenüber Ausgrenzungen eingefordert. Sie hat das Gedenken an die Pogromnacht auf dem Joseph-Carlebach-Platz befördert und organisiert, ebenfalls Aktionen wie „Jeder Menschen hat einen Namen“. Und sie hat maßgeblich daran mitgewirkt, den „Zug der Erinnerung“ im Jahr 2008 nach Hamburg zu holen, um an das Schicksal der aus Hamburg deportierten und in den Tod geschickten Kinder zu erinnern. Charakteristisch für die Erinnerungsarbeit von Steffi Wittenberg war, dass sie nicht vom eigenen Leid sprach, sondern stellvertretend ihren im Nationalsozialismus ermordeten Freund*innen, Lehrer*innen, Verwandten und Nachbar*innen ihre Stimme gab.

 

Steffi Wittenberg war in vielerlei Hinsicht immer auch Bildungsarbeiterin und hat intensiv mit dem Landesinstitut für Lehrerfortbildung (LI) zusammengearbeitet, das bekanntlich in der bisherigen Felix-Dahn-Straße angesiedelt ist. Eine Umbenennung wäre hier doppelt angemessen.

 

Anhänge

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