Stellungnahme zu den Planungen zum Umbau der Mansteinstraße
Der Mansteinstraße kommt in vielerlei Hinsicht eine besondere Bedeutung für den Fuß- und Radverkehr zu, während auf ihr zusätzlich eine Buslinie verläuft, die eine wichtige Zubringerfunktion zum U-Bahnnetz aufweist.
Der Mansteinstraße zwischen Eppendorfer Weg und Bismarckstraße ist derzeit nicht Teil des Veloroutennetzes, verbindet jedoch de facto den Eppendorfer Weg als Teil der Veloroute 13 und die Veloroute 3, die ab dem Kreisverkehr Mansteinstraße/ße in Richtung Grindelviertel verläuft.
Die Mansteinstraße ist wichtiger Zubringer für viele Schulen und soziale Einrichtungen südlich des Isebekkanals wie beispielsweise:
● Nahe der Kreuzung Mansteinstraße/ße liegt die Grundschule „Schule An der Isebek“.
● An der Kreuzung Bogenstraße/Friedrich-Ufer befindet sich das Gemeinsame Oberstufenhaus von Helene-Lange-Gymnasium und des Kaifu.
● Die Ida-Ehre-Schule hat ihren Sitz in der Bogenstraße 34.
● Das Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium hat einen Standort gegenüber der Ida-Ehre-Schule.
● Das Helene-Lange-Gymnasium hat seinen Sitz in der Bogenstraße 32.
● Die Evangelische Kita liegt in der Bogenstraße 26.
● Ein WaldorfKindergarten hat seinen Sitz in der Bogenstraße 45.
● Die Kita Pünktchenklecks in der Bogenstraße 56.
Nördlich der Mansteinstraße werden das Gymnasium Hoheluft in der Christian-Förster-Straße sowie die Grundschule Hoheluft in der Wrangelstraße erschlossen.
Bedingt durch die hohe Dichte an Schulen und Kindertagesstätten besteht ein besonders hoher Bedarf an die Verkehrssicherheit. Die Mansteinstraße weist keine Fahrradinfrastruktur auf.
In Hoheluft-West wohnen nach aktuellem Stand 1.681 Menschen unter 18 Jahren, die potentiell diese besagten Einrichtungen täglich besuchen und sicher erreichen sollen (Statistik Nord: 67). Außerdem wohnen in Hoheluft-West 1.861 Menschen über 65 Jahren, die in Zukunft mehr als heute darauf angewiesen sein werden, sich sicher und komfortabel auf barrierefreien Wegen fortzubewegen (ebd.).
Da die Mansteinstraße von Bäumen gesäumt ist, die als ortsprägend und erhaltenswert anzusehen sind, ist eine Verbreiterung der Fahrbahn ausgeschlossen. Mit der vorhandenen Fahrbahnbreite ist jedoch künftig kein Radfahrstreifen in einer Breite realisierbar, der in dem Fall dass einzelne Radfahrende durch Kfz überholt werden, die Einhaltung des Überholabstands von 1,5 m sicherstellt. Somit ist die mit der 1. Verschickung vorgeschlagene Variante einer Tempo 30 Zone begrüßenswert.
Allerdings besteht weiterhin Verbesserungspotential, wenn man annimmt, dass allen an der Planung Beteiligten folgende zwei Punkte ein wichtiges Anliegen sind:
Die Sicherheit der Kinder und Schülerinnen und Schüler. Die Barrierefreiheit der täglichen Wege der Einwohner*innen aus Hoheluft-West.
Verkehrssicherheit durch Tempo 30
Damit Tempo 30 Zonen tatsächlich sicherer sind als Tempo-50-Straßen müssen die Straßenräume so gestaltet sein, dass die Pkw-Fahrenden jederzeit mit querenden Fußgänger*innen rechnen müssen. Der Charakter, der von der Planung aus der 1. Verschickung ausgeht, ist jedoch ein anderer. Die Fahrbahn wird flankiert von parkenden Autos. Es gibt zwischen den angrenzenden Knoten lediglich eine Querungsmöglichkeit, die überdies mangelhaft einsehbar ist. Auf diese Weise besteht die Gefahr, dass der Tempo-30-Charakter bei den Autofahrenden nicht erzeugt und deutlich höhere Geschwindigkeiten gefahren werden.
Barrierefreiheit durch ausreichend breite Gehwege und komfortable Querungen
Hoheluft-West ist einer der am dichtesten besiedelten Stadtteile Hamburgs. Für Gebiete mit einer derart hohen Bevölkerungsdichte sehen die Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen eine Gehwegbreite von 4,0 m vor (FGSV 2002: XX). Die Planung hingegen erhält den in dieser Hinsicht untermaßigen Bestand von 2,0 m und fügt zudem das Risiko hinzu, dass an neu installierten Fahrradbügeln angeschlossene Fahrräder in den Gehweg hineinragen. Ältere Menschen mit Rollatoren, Menschen im Rollstuhl oder Menschen mit Kinderwagen können sich bei diesen Gehwegbreiten nicht begegnen.
Der Bedarf an Gehwegen in der durch Regelwerke ausgegebenen Breiten wird dadurch verstärkt, dass sämtliche parallel verlaufenden Straßen Hohelufts von der Mansteinstraße bis einschließlich der Hoheluftchaussee ebenfalls Gehwege aufweisen, die sogar das absolute Mindestmaß von 2,0 m unterschreiten.
Gleichzeitig weist die Mansteinstraße eine wichtige Verbindungsfunktion auf, da durch sie Menschen von Hoheluft zu Fuß ins Grindelviertel samt der dortigen Geschäfte, Gastronomie, Universitätseinrichtungen sowie dem Abaton Kino gelangen. Jogger*innen dient sie als Zuwegung zur beliebten Laufstrecke entlang der Alster oder dem Isebekkanal.
Zudem sollten fußverkehrsfreundliche Straßen keine Umwege erzwingen. Dies geschieht jedoch durch die Ausgestaltung der Nebenfläche im Umfeld der Bushaltestellen sowie durch die geringe Anzahl an Querungsmöglichkeiten.
Müllabstellbereiche
Es kommt vor, dass Müllbehältnisse für die Müllabfuhr in einer Weise bereitgestellt werden, die den Gehweg einengt. Dies soll verhindert werden, indem in ausreichender Zahl Bereiche ausgewiesen werden, die als Sammelbereiche für Müllbehältnisse dienen. Dies soll mit der Stadtreinigung abgestimmt werden.
Einsatz von innovativen Systemen im Bereich von Bäumen
Im Bereich der Außenalster und auch im Bereich der Högenstraße wurden bereits in den Nebenflächen Systeme verbaut, durch die Flächen in Baumnähe wurzelschonend befestigt werden konnten. Die Stärke besagten Systems ist, dass es wasserdurchlässig ist. Es kann im Bereich der Mansteinstraße eine Option sein, die die Einhaltung der Regelbreite gemäß EFA ermöglicht. Im besten Fall werden durchgängig 4,00 m Gehwegbreite erzielt. In jedem Fall sollte zwischen den Baumstandorten 4,00 m Gehwegbreite hergestellt werden, um auf einem möglichst großen Teil der Strecke Überholen durch Jogger oder Begegnungen spazierengehender Gruppen zu ermöglichen.
Barrierefreiheit durch Akzeptanz des Mischverkehrs durch Radfahrende
Insbesondere in einem der am dichtesten bevölkerten Stadtteile Hamburgs ist es besonders wichtig, dass Fußgänger*innen sich komfortabel, möglichst stressfrei und barrierefrei fortbewegen können. Damit sie möglichst selten von Radfahrenden behelligt werden, müssen diese sich auf der Fahrbahn im Mischverkehr sicher fühlen. In einer verkehrswissenschaftlichen Studie wurde ermittelt, dass hierfür eine lichte Breite von 4,0 m für den Radverkehr zusätzlich zu einem adäquaten Sicherheitsraum zum ruhenden Verkehr gegeben sein sollte (Hummel und Klein 2020). Andernfalls weichen die weniger souveränen Radfahrenden auf den Gehweg aus. Mit einer Fahrbahnbreite von 6,5 m wird dieser Wert theoretisch erreicht. Jedoch ist das Schrägparken in der vorgeschlagenen Form verkehrsgefährdend, da es untermaßig ist. Bereits im Bestand der südlich gelegenen Bogenstraße zeigt sich, dass dort regelmäßig Fahrzeuge abgestellt werden, die den dafür vorgesehen Bereich überragen und somit vorbeifahrende Schüler*innen gefährden, etwa wenn dahinter stehende Fahrzeuge ohne Ausweiser*in ausparken und „im Blindflug“ auf die Fahrbahn fahren.
Allerdings darf die Fahrbahn auch nicht zu breit sein, da auf diese Weise, trotz der auf Tempo 30 herabgesetzten Geschwindigkeit, Autofahrende überholen. Deswegen wird für sichere Fahrradstraßen empfohlen, Sicherheitsstreifen zu parkenden Autos zu markieren. Dies kann eine Lösung sein – oder ein deutlicher Belagswechsel, der weiter unten ausgeführt wird.
Außerdem sollten die Fahrradabstellmöglichkeiten direkt von der Fahrbahn aus erreicht werden können, sodass nicht viel zu früh auf den Gehweg gewechselt wird.
Kopfsteinpflaster sinnvoll nutzen
Im Erläuterungsbericht wird erklärt, dass die Kulturbehörde darauf besteht, dass aktuell unter einer Asphaltdeckschicht befindliche Kopfsteinpflaster zu erhalten. Doch um mindestens einen Teil davon zu zeigen, könnte dieser genutzt werden, um den Sicherheitstrennstreifen zwischen parkenden Kfz und Radverkehr zu verdeutlichen. Eine 4,00 m breite Kernfahrbahn könnte ergänzt werden um je 0,75 m Sicherheitstrennstreifen zu parkenden Kfz. Der Sicherheitstrennstreifen kann in geschnittenem Kopfsteinpflaster ausgeführt werden.
Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Mansteinstraße sowie des Radentscheids
In der Öffentlichkeit wurde der Wunsch nach breiteren und somit barrierefreien und konfliktarmen Gehwegen, mehr Querungsmöglichkeit sowie sicherer Radverkehrsführung vielfach gewünscht. Dies erhöht die Legitimation, die Planung entsprechend zu überarbeiten.
Überdies sind sichere Schulwege für Fahrrad fahrende Kinder wesentliches Element der Einigung der Bürgerschaft mit der Volksinitiative Radentscheid (Bürgerschafts-Drs. 22/106). Jede Planung, die seit dieser Einigung veranlasst wurde und diesem Anspruch nicht gerecht wird, gefährdet die Glaubwürdigkeit der Bürgerschaft.
Berücksichtigung der Jugendbeteiligung des Klimaschutzkonzeptes
Der zweite Platz der Jugendbeteiligung des Eimsbütteler Klimaschutzkonzeptes wurde durch ein Team mit der Idee gewonnen, den Grünzug für Insekten zu stärken. Dieser Gedanke sollte sich auch in der Mansteinstraße wiederfinden. Dies soll mit dem hohen Bedarf nach weiteren Sitzmöglichkeiten verbunden werden, um insb. älteren Zufußgehenden die Möglichkeit zu geben, sich auf langen Fußwegen zu erholen. Möglicherweise geschieht dies in Form eines Pocketparks - eine mögliche Verortung befindet sich im Anhang.
Umsetzung des Schwammstadtgedankens
Der Klimawandel schreitet schneller voran als befürchtet. Damit einher gehen extremere Starkregenereignisse, die erst kürzlich für zahlreiche Feuerwehreinsätze gesorgt haben. So stand in Billstedt die Möllner Landstraße auf rund 200 Metern fast einen Meter unter Wasser. Durch das Gefälle der Mansteinstraße, hat diese eine potentiell starke Zuflussfunktion zum erst vor kurzem erneuertem sogenannten Innenstadtentlastungssiel in der Bismarckstraße. Hieraus erwächst ein Anknüpfungspunkt zum Beitrag aus oben erwähnter Jugendbeteiligung: Durch eine Erhöhung der unversiegelten Fläche zwischen Gehweg und Fahrbahn kann das Innenstadtentlastungssiel verschont bleiben. Außerdem sollte geprüft werden, inwiefern das Wasser der Gehwege insgesamt vor Ort versickern kann.
Glaubwürdigkeit der Bezirkspolitik und Bezirksverwaltung
Am 27. Januar 2022 hat die Bezirksversammlung Eimsbüttel ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, das folgende für die Überarbeitung der vorliegenden Planung relevante Maßnahmen enthält:
E02: Radverkehrsförderung auf Bezirksebene
E04: Fußverkehrsförderung
E08: Schulisches Mobilitätsmanagement (ggf. auch Kitas einbeziehen)
E12: Klimaanpassung in der Straßenraumplanung
Ein Klimaschutzkonzept darf kein Lippenbekenntnis sein. Insbesondere aufgrund der breit angelegten Öffentlichkeitsbeteiligung (online wie offline) und inklusive einer Kinder- und Jugendbeteiligung dürfen Politik und Verwaltung mit hohem Aufwand aufgebaute Erwartungen nicht enttäuschen. Wer sich Klimaschutz nur auf Konzeptebene vorstellen kann, aber sich wegduckt, wenn es um die konkrete Umsetzung geht, verspielt das Vertrauen der Bevölkerung im Kampf gegen die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz und sorgt überdies für Politikverdrossenheit.
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Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, eine Überarbeitung der 1. Verschickung der Mansteinstraße unter Berücksichtigung der folgenden Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes zu veranlassen, das von der Bezirksversammlung Eimsbüttel am 27.01.2022 verabschiedet wurde:
Konkret sollen folgende Nachjustierungen veranlasst werden:
Kathrin Warnecke, Carl-Maria Bohny und GRÜNE-Fraktion
Quellen:
FGSV – Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2002): Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen.
Statistikamt Nord - 2021: Hamburger Stadtteil-Profile: Berichtsjahr 2020.
Kinder- und Jugendbeteiligung des Eimsbütteler Klimaschutzkonzeptes: https://./unser-klima-eimsbuettel/#/conception/100
Hamburger Morgenpost: Gewitterfront zieht über Hamburg: Starkregen setzt Straßen unter Wasser. Unter: https://www.mopo.de/hamburg/polizei/gewitterfront-zieht-ueber-hamburg-feuerwehr-pumpt-strassen-frei/
Einigung der Bürgerschaft mit dem Radentscheid: https://www.buergerschaft-hh.de//ment/70223/einigung_mit_der_volksinitiative_radentscheid_hamburg_die_fahrradstadt_hamburg_wird_inklusiver.pdf
Hummel, Simon und Tobias Klein (2020): Wie funktionieren Fahrradstraßen? Unter: https://ationaler-radverkehrsplan.de/sites/default/files/pdf/wie_funktionieren_fahrradstrassen.pdf
© Plangrundlage: iwb Ingenieurgesellschaft mbH, Skizze: Fraktion Eimsbüttel
Anlage 1: Bessere Erreichbarkeit der Bushaltestellen sowie neue Querungsmöglichkeiten
© Plangrundlage: iwb Ingenieurgesellschaft mbH, Skizze: Fraktion Eimsbüttel
Anlage 2: Neue Querungsmöglichkeit sowie Vorschlag für Verortung eines Pocket Parks
Foto: © Fraktion Eimsbüttel
Anlage 3: Gefährdung durch Schrägparken durch in die Fahrbahn ragende Kfz