Welchen Stellenwert hat Werken im Unterrichtsplan?
Auskunftsersuchen der BAbg. Garbers, Pelch, Capeletti, Froh, Woller und Fraktion der CDU
Bekanntermaßen gibt es Schulen, die aus allen Nähten platzen und wo es an Klassenräumen mangelt. Nun wurde von Eltern der Grundschule Zollenspieker berichtet, dass hier, anstatt einen zusätzlichen mobilen Klassenraum aufzustellen, der Werkraum zu einem Klassenraum umfunktioniert werden soll. Das bedeutet, dass an dieser Schule zukünftig kein Werkunterricht mehr stattfinden kann. Aber gerade das Erlernen von handwerklichen Fähigkeiten ist in der heutigen Zeit sehr wichtig. Zum einen, um bereits in der Schule den Nachwuchs für handwerkliche Berufe zu interessieren. Zum anderen, weil bei den Kindern und Jugendlichen viel Kreativität und Fingerfertigkeit verloren geht, da viel Zeit mit PC und Smartphon verbracht wird.
Wie die Behörde in Ihrer Antwort auf die Drs. 21-53.1 im Jahr 2019 dargestellt hat, gab es zum damaligen Zeitpunkt ein breit gefächertes schulische Angebot zur Orientierung für den beruflichen MINT-Bereich. Aber gerade der aktuelle Mangel im Bereich des Handwerks sollte den Blick auch bei der schulischen Bildung wieder verstärkt in diese Richtung lenken.
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
In der o. a. Angelegenheit nimmt die Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) wie folgt Stellung:
Es gibt in Bergedorf keine Schulen, die „aus allen Nähten platzen und wo es an Klassenräumen mangelt“. Betrachtet man alle Bergedorfer staatlichen Schulen, gibt es sogar viele Leerstände. Über die Verwendung der Unterrichtsräume entscheidet die Schulleitung.
Die berufliche Orientierung beginnt in Hamburg als systematischer Prozess in der Grundschule und wird in beiden weiterführenden Schulformen bis zum Abschluss fortgesetzt. Eingebettet ist der Prozess in praktische Lernanlässe, die einen Bezug zur Lebens- und Arbeitswelt darstellen. Diese Lernanlässe können in schulischen Werkstätten oder Multifunktionsräumen oder an außerschulischen Orten verortet werden.
Nach den Vorgaben des Musterflächenprogramms der Behörde für Schule und Berufsbildung obliegt die Entscheidung über die Einrichtung von speziellen Räumen der Schule. Um den naturwissenschaftlich-technischen Bereich abbilden zu können, sollen gemäß dem Musterflächenprogramm[1] multifunktionelle Räume zur Verfügung stehen. Auch eine gemeinsame Nutzung mit der Kunst ist möglich (s. 2.1, 2.2 und 2.3 im Musterflächenprogramm). Sollten einzelne Schulen über Werkräume verfügen, sind dies alte Bestandsräume. Im Altbestand der Grundschule Zollenspieker war der Werkraum in einem Pavillon untergebracht. Durch den Erweiterungsbau mit der Mensa wurde der Werkraum im Neubau realisiert. Aufgrund der hohen Anmeldezahlen im kommenden Schuljahr 2023/24 prüft die Schulleitung den Rückbau des Werkraums, um dort ggf. eine weitere Schulklasse unterzubringen. Der Fachunterricht kann dennoch vollumfänglich abgedeckt werden.
In Hamburg werden die Bildungspläne der allgemeinbildenden Schulen in zwei Schritten aktualisiert. Die berufliche Orientierung ist dabei in den Aufgabengebieten aller allgemeinbildender Schulformen sowie in den dazugehörigen Rahmenvorgaben und Rahmenplänen verortet. Praktische Lernanlässe werden in den Bildungsplänen in einen Lebens- und Arbeitsweltbezug eingebettet, sodass die Schülerinnen und Schüler den perspektivischen persönlichen Nutzen erfassen und die berufliche Orientierung als bedeutsamen Prozess für sich selbst anerkennen können.
Inhalte zum Themenfeld Werken finden sich für die Grundschule in den Fachrahmenplänen Sachunterricht und Bildende Kunst. Flankiert werden diese Fachrahmenpläne von den fächerverbindenden Aufgabengebieten. Ziel ist, dass die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Aufgabengebietes Berufsorientierung erste Einblicke in Arbeitszusammenhänge unterschiedlicher Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche erhalten. Sie lernen den Wert von Arbeitsteilung ebenso kennen wie den Wert des Einsatzes von Maschinen und digitalen Hilfsmitteln. Neben praktischen Erfahrungen in der Schule erkunden sie lokale Betriebe und tauschen sich über ihre Eindrücke und Erfahrungen im Unterricht aus.
Die Lernanlässe werden hierfür handlungsorientiert und fächerübergreifend eingebettet. Die im Sachunterricht unter technischer Perspektive aufgeführten Kompetenzen befähigen die Schülerinnen und Schüler, sich elementare Kenntnisse über die Entwicklung und die Wirkung von Technik anzueignen sowie wichtige physikalische Grundlagen zur Funktionsweise technischer Geräte zu erwerben. Die Auseinandersetzung und der Umgang mit Technik tragen dazu bei, grundlegende technisch-physikalische Funktions- und Wirkungszusammenhänge zu verstehen und elementare Formen technischen Handelns und Gestaltens zu erlernen. Die Kinder setzen sich mit Chancen und Grenzen technischer Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den Menschen, die Gesellschaft und die Umwelt auseinander und erwerben Voraussetzungen für ein verantwortliches und zukunftsfähiges technisches Handeln.
Die Förderung handwerklicher Fähigkeiten unterstützt das ganzheitliche Lernen durch Erfahrung mit allen Sinnen. Lernarrangements werden handlungsorientiert geplant und vor allem in den Fächern Bildende Kunst und Sachunterricht anhand praktischer Arbeiten konstruiert. Die Schülerinnen und Schüler lernen hier verschiedene Werkzeuge mit dem Schwerpunkt Kunst oder Technik kennen und verbinden die Prozesse mit der Lebens- und Berufswelt. Im Fach Bildende Kunst sei hier das Beispiel des Themenfeldes Architektur genannt, im Fach Sachunterricht der Brückenbau am Modell (Kerncurriculum Stabile Konstruktionen). An geeigneten Stellen werden digitale Aspekte mithilfe von geeigneten Simulationsprogrammen integriert.
Eine Vertiefung von Inhalten, die dem Werken zugeordnet werden, kann auch in Nachmittagskursen im Rahmen der GBS von ehrenamtlichen Mitarbeitenden abgebildet werden. Hierfür können auch Ehrenamtliche und Honorarkräfte beauftragt werden. Eine Zuordnung zu Fächern und entsprechende Benotung schließen sich in diesem Modell allerdings aus.
Die Jugendhilfeträger in GBS haben dafür das pädagogische Budget und können in Rücksprache mit der Schule die verfügbaren Räume nutzen. In der GTS haben die Schulen Honorarmittel für solche Kurse.
Um die Bedeutung praktischer Lernangebote für den späteren beruflichen Übergang erkennbar und erfahrbar zu machen, werden diese auch in den beiden weiterführenden Schulformen in lebens- und arbeitsweltliche Zusammenhänge eingebettet. Außerschulische Lernorte und Kooperationen mit Betrieben, Universitäten und Verbänden unterstützen die Unterrichtsangebote. Neben bilateralen Kooperationen zwischen Schulen und Betrieben, wird im Bezirk Bergedorf über verschiedene Institutionen die erfolgreiche Vernetzung von Schulen und Betrieben unterstützt. Wichtige Netzwerke sind hier bspw. der Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT[2] und die Ausbildungsplatzinitiative Bergedorf[3].
Über die Schuljahre hinweg werden die Erfahrungsprozesse zunehmend näher mit der beruflichen Wirklichkeit verbunden. So bestätigen die Erfahrungen mit den 2019 eingerichteten Praxisklassen an Hamburger Stadtteilschulen eine positive Korrelation zwischen betrieblichen Direktkontakten und den Übergangsquoten in duale Berufsausbildung.
Dies vorausgeschickt, beantwortet die BSB die Fragen wie folgt:
Zu den Fragen 1.-8.:
Siehe Vorbemerkung.
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