20-1023.01

Strategie Vier- und Marschlande - Kulturlandschaft mit Zukunft

Antwort

Sachverhalt

Auskunftsersuchen der BAbg. Wobbe, Rüssau, Fleige und GRÜNE Fraktion

 

Die Vier- und Marschlande sind eine 800 Jahre alte gewachsene Kulturlandschaft, die es zu erhalten gilt. In den letzten Jahren haben sich die Vier- und Marschlande extrem verändert und das nicht nur zu ihrem Vorteil. Zum einen gewinnt neben der traditionellen Nutzung durch Land­wirtschaft und Gartenbau die Nutzung als Naherholungsgebiet zunehmend an Bedeutung. Zum anderen gibt es eine fortgesetzte Bautätigkeit, die zu einer wachsenden Zersiedlung und Über­bauung geführt hat und weiter führt. Augenfällig ist der Verlust von Grünflächen bei gleichzei­tiger Zunahme von Wohnbebauung.

 

Es ist zu beachten, dass es sich bei den Vier- und Marschlanden um eine ganz besondere, schützenswerte Kulturlandschaft mit hochwertigen Natur- und Landschaftsräumen handelt.

Aus diesem Grund hat der damalige Ortsausschuss Vier- und Marschlande am 16.11.2004 einen Leitfaden für Politik und Verwaltung beschlossen mit dem Titel „Strategie Vier- und Marschlande Kulturlandschaft mit Zukunft –“

In der Beschlussvorlage Drucksache XIX/0706 vom 29.05.2012, verabschiedet vom Stadt­planungsausschuss, wurde bestätigt, dass die 2004 in dieser Strategie unter der Überschrift „Bauen und Wohnen“ formulierten Aussagen grundsätzlich unverändert gültig bleiben.

Auch als gesellschaftliche Aufgabe ist der Schutz historischer Kulturlandschaften anerkannt worden, so im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) § 1 Abs. 4 Nr. 1. Desweiteren ist der Erhalt gewachsener Kulturlandschaften im Raumordnungsgesetz (ROG) § 2 Abs. 2 Nr. 5. verankert.

 

Das Bezirksamt Bergedorf beantwortet die Fragen 1, 2, 4 und 5 wie folgt, das Behörde für Umwelt und Energie die Frage 3 wie folgt:

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

 

1.                 Wurden die Leitlinien der „Strategie Vier- und MarschlandeKulturlandschaft mit Zukunft –“, beschlossen vom Ortsausschuss Vier- und Marschlande am 16. 11. 2004, eingehalten und umgesetzt?

 

Die Leitlinien wurden in Abstimmung mit den politischen Gremien entwickelt. Eine Beurteilung, ob diese Leitlinien eingehalten werden, kann daher nicht von der Verwaltung alleine beurteilt werden. Aus Sicht der Verwaltung kann jedoch festgestellt werden, dass die Entwicklung der Vier- und Marschlande in enger Abstimmung mit den politischen Gremien erfolgt. Hierzu wurde insbesondere der „Arbeitskreis Vier- und Marschlande“ eingerichtet, in dem wesentliche Entwicklungen, aber auch Einzelvorhaben frühzeitig zwischen Politik und Verwaltung und ggf. unter Hinzuziehung von Privaten abgestimmt werden

 

 

1.1.           Wurden die Handlungsleitlinien der Strategie im Fall der Bauanträge, Bauvorhaben und Bebauungspläne berücksichtigt?

 

Siehe Antwort zu 1.

 

Grundsätzlich gilt, dass entgegenstehendes Recht durch die Leitlinien nicht außer Kraft gesetzt werden kann. Für Bebauungsplanverfahren gilt, dass Leitlinien Aspekte darstellen, die ggf. mit entgegenstehenden Belangen abgewogen werden müssen. Die Verwaltung hat jedoch stets darauf hingewirkt, dass die Leitlinien eingehalten werden und der Politik eventuelle Abweichungen von den Leitlinien aufgezeigt.

 

 

1.1.1.    Wenn ja, welche Auflagen wurden gemacht?

Welche Änderungen wurden an den ursprünglich beantragten Planungen vorgenommen?

 

Die Bebauung wurde bspw. durch die Erarbeitung von (struktursichernden) Bebauungsplänen geregelt. Vorhandene Baurechte nach §34 BauGB neben alten Hofstellen wurden an anderer Stelle auf dem Grundstück ausgewiesen.  Somit konnten Landschaftseinblicke und Freibereiche neben erhaltenswerten Hofstellen freigehalten werden.

Die Vorgabe von für die Vier- und Marschlande üblichen Grundstücksgrößen wurde und wird bei Neuplanungen berücksichtigt.

 

 

1.1.2.     Wenn nein, warum nicht?

 

Entfällt.

 

 

2.                 Inwieweit wurde der Schutz der Kulturlandschaft bei der Ausweisung der Potenzialflächen im Wohnungsbauprogramm A 45 Ortskern Ochsenwerder und C 44 Ortskern Ochsenwerder, Spadenländer Wegberücksichtigt?

 

Bei den genannten Flächen handelt es sich um Flächen, die im Rahmen der Stadtwerkstatt Ochsenwerder als künftige Wohnungsbauflächen identifiziert und konsensual mit den Bewohnern und der Politik abgestimmt wurden. Die Aufnahme der Flächen in das Wohnungsbauprogramm wurde seitens der Politik beschlossen.

Die Flächen liegen im Einzugsbereich eines Ortskernes  und entsprechen daher auch dem Grundsatz, flächenhafte Entwicklungen in den Vier- und Marschlanden nur in Ortskernen bzw. in deren Einzugsbereich vorzusehen

 

 

2.1.           Wenn nicht, warum nicht?

 

Entfällt.

 

 

3.                 Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) § 1 Abs. 4 Nr. 1 wird postuliert

„Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-

, Bau- und Bodendenkmälern, [sind] vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren“.

3.1.           Gibt es weitere Rechtsgrundlagen, die das Bauen in der Kulturlandschaft einschränken?

3.2.           Werden die Norm des BNatSchG und ggf. weitere Normen (gemäß 3.1.) nach Ansicht der Verwaltung durch andere Gesetze eingeschränkt?

3.2.1.    Wenn ja, durch welche?

3.2.2.    Wenn ja, welche Normen bzw. Gesetze sind nach Ansicht der Verwaltung als höherrangig zu betrachten?

 

Die Fragen 3 - 3.2.2. sind durch die BUE zu beantworten.

 

 

4.                 Welche Möglichkeiten hätte das Bezirksamt, die Kulturlandschaft dauerhaft vor einer Bebauung zu schützen?

 

Die Erarbeitung neuer Bebauungspläne und die Ausweisung neuer Naturschutzgebiete stellen grundsätzlich geeignete Instrumente dar, die Kulturlandschaft vor einer ungeregelten Bebauung zu schützen.

 

 

5.                 Wurden außer den Leitlinien für die Wohnbauentwicklung in den Vier- und Marschlanden und der Strategie Vier- und Marschlande von 2004 weitere Konzepte für den Schutz und weitere Pflege- und Sicherungsmaßnahmen gegen die Zerstörung der Kulturlandschaft  in den Vier- und Marschlanden entwickelt?

 

Ja.

 

5.1.           Wenn ja, um welche handelt es sich?

 

Im zweiten Halbjahr 2012 haben sich die Vertreter der Fraktionen sowie der zuständigen Dienststellen des Bezirksamtes in vier Workshops mit grundsätzlichen aber auch projektbezogenen Fragestellungen zur Entwicklung der Vier- und Marschlande eingehend beschäftigt und damit die „Leitlinien für den Wohnungsbau in den Vier- und Marschlanden“ aus dem Jahr 2004 weiterentwickelt.

 

Ausführlich diskutiert wurde u.a. die Frage, wie viele neue Wohneinheiten für das Landgebiet - auch im Hinblick auf die Themen Verkehr, Gewerbe und Landschaftsschutz - mittel- und langfristig verträglich sind und wo bzw.in welcher Form diese zusätzlichen Wohneinheiten realisiert werden können und sollen.

 

Die zu erhaltenden Qualitäten der Vier- und Marschlande konnten identifiziert, die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen gezogen und Empfehlungen für das

weitere Vorgehen erarbeitet werden.

 

Die Ergebnisse sind im Rahmen der Abstimmung des Bergedorfer Wohnungsprogramm 2012-2013 vorgestellt und beschlossen worden. (Wohnungsbauprogramm 2012-2013, Kapitel „Wohnbauentwicklung in den Vier- und Marschlanden“).

 

Im Jahr 2015 wurde der Politik das Konzept der „Vierländer Meisterhöfe“ vorgestellt, das in erster Linie darauf abzielt, Gewerbebetriebe, die in den Vier- und Marschlanden ansässig sind und an ihren derzeitigen Standorten keine Erweiterungsmöglichkeiten haben, an einem zentralen, autobahnnahen Ort zu bündeln. Damit einher geht zum einen die Entlastung der historischen Deichstraßen von Lieferverkehren mit großen Lastkraftwagen und Fahrten vom Betrieb zur Baustelle und zurück. Zum anderen wird mit Hilfe des Konzeptes der (flächenintensiven) Erweiterung gewerblicher Betriebe in sensiblen Bereichen der Vier- und Marschlande entgegengewirkt und eine Entlastung der von Gewerbe und dem damit verbundenen Verkehrslärm belasteten Nachbarschaft erreicht.

Vor diesem Hintergrund wurden auch Leitlinien für die Entwicklung von (einheimischen) Gewerbebetrieben in den Vier- und Marschlanden in Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung erarbeitet und abgestimmt (Sitzung des Arbeitskreises Vier- und Marschlande am 08.04.2015).

 

Das Konzept wird derzeit im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens weiterentwickelt.

Zudem wurden seit 2004 folgende Naturschutzgebiete im Bereich der Vier- und  Marschlande neu ausgewiesen:

  • NSG Auenlandschaft Obere Tideelbe
  • NSG Holzhafen
  • NSG Allermöher Wiesen (in Planung)

 

 

 

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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