Starke Demokratie vor Ort Bergedorfer Bürger:innenräte
Letzte Beratung: 30.01.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 12.7
Antrag
der BAbg.Brodbeck, Potthast und Fraktion der GRÜNEN
Bürger:innenräte stellen ein etabliertes Instrument dar, um die Teilhabe der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen zu stärken und gleichzeitig die Akzeptanz gefundener Lösungen zu erhöhen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass Einwohner:innen nach einem Losverfahren ausgewählt werden und in moderierten Formaten zu konkreten, thematisch abgegrenzten Fragestellungen Handlungsempfehlungen erarbeiten.
Laut der Bergischen Universität Wuppertal haben seit 1972 rund 300 derartige Verfahren in Deutschland stattgefunden. In jüngerer Zeit greifen Kommunen, Länder und der Deutsche Bundestag immer häufiger auf dieses Beteiligungsmodell zurück. Bemerkenswert ist hierbei, dass ca. 80 Prozent der Bürger:innenräte auf kommunaler Ebene stattfinden und thematisch vor allem Bereiche wie Klima, Umwelt, Verkehr, Stadtplanung, Nachhaltigkeit und Soziales behandeln.
Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigen, dass lokale Bürger:innenräte einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des Dialogs zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft leisten. Insbesondere die heterogene Zusammensetzung der Teilnehmenden, auch unter Einbeziehung von Menschen, die sich sonst eher selten an politischen Prozessen beteiligen, fördert das Vertrauen in politische Entscheidungsverfahren.
Das Bezirksamt Eimsbüttel hat in den Jahren 2014 bis 2022 eine systematische Qualitätsentwicklung von Beteiligungsverfahren durchgeführt und dabei ein breites Methodenspektrum untersucht. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die in Hamburg derzeit häufig verwendeten, klassischen Beteiligungsverfahren den Zweck der Beteiligung teilweise nur eingeschränkt erfüllen.
Vor diesem Hintergrund bietet sich für den Bezirk Bergedorf die Chance, durch die Einführung lokaler und losbasierter Bürger:innenräte einen neuartigen und effektiven Beteiligungsansatz zu etablieren. Ein solcher Bürger:innenrat könnte einerseits zu mehr Transparenz und Teilhabe führen und andererseits neue Perspektiven in politische Diskussionen einbringen. Darüber hinaus schaffen Bürger:innenräte Räume für ein verändertes Miteinander, bieten den Teilnehmenden politische Wirksamkeitserfahrungen und stärken durch eine offene Diskussionskultur das lokale Engagement.
Ein Bürger:innenrat soll dabei die politischen Entscheidungsträger:innen beratend unterstützen, indem er ein repräsentatives Meinungsbild liefert. Die Entscheidungsbefugnis verbleibt jedoch weiterhin bei der Politik, sodass Bürger:innenräte die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Um die Einführung eines solchen Gremiums prüfen zu können, bedarf es zunächst einer Untersuchung der Rahmenbedingungen, Methoden, Ressourcen und Best-Practice Beispielen. Die Erkenntnisse aus dieser Prüfung bilden die Basis für eine potenzielle Umsetzung und helfen, die gewonnenen Handlungsempfehlungen erfolgreich in die politischen Entscheidungsprozesse zu integrieren. Auf diese Weise werden sowohl die demokratischen Strukturen im Bezirk weiterentwickelt als auch die Bürgernähe der Verwaltung gestärkt.
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Vor dem Hintergrund des dargestellten Sachverhalts wird das Bezirksamt gebeten:
1) Zu prüfen,
a) inwieweit und unter welchen rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen losbasierte Bürger:innenräte im Bezirk Bergedorf als projektbezogenes Beteiligungsverfahren eingeführt werden können.
b) wie eine repräsentative und zufällige Auswahl der Teilnehmenden sichergestellt werden kann und in welcher Form die Ergebnisse der Bürger:innenräte anschließend in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen.
2) Zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen für die Finanzierung des Projekts auf Mittel des Landeshaushalts zurückgegriffen werden kann.
3) Mögliche Pilotprojekte in Zusammenarbeit mit der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) und unter Einbeziehung unabhängiger Beteiligungsdienstleister:innen zu erwägen, um die praktische Umsetzbarkeit zu evaluieren.
4) Die Ergebnisse dieser Prüfungen der Bezirksversammlung in einem schriftlichen Bericht spätestens zum Beginn des 3. Quartals vorzulegen.
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