20-1260.01

Schließung des Westensees als Badegewässer

Antwort

Sachverhalt

Große Anfrage der BAbg. Mirbach, Jobs, Sturmhoebel, Winkler - Fraktion DIE LINKE

 

Vor knapp 20 Jahren wurden Bauwillige mit dem Versprechen, einen Badesee vor der Tür zu haben, nach Neuallermöhe gelockt. Dazu wurde ein Strand angelegt, Toiletten errichtet und ein Steg sowie eine Badeinsel ins Wasser gebaut.

 

Für etliche Jahre galt der Westensee als das sauberste Gewässer im Bezirk.

 

Als der Steg und die Badeinsel in die Jahre kamen und der Strand einer Pflege bedurft hätte, wurde der Westensee nicht mehr als Badegewässer eingestuft, um die Wartungskosten zu sparen.  Gleichzeitig traten Gerüchte über eine angeblich unzureichende Wasserqualität auf.

 

Wenn jetzt der Westensee als Badegewässer ganz geschlossen werden soll und dafür auch Sicherheitsaspekte genannt werden, stellen sich uns einige Fragen, um deren Beantwortung wir bitten:

 

 

Vor der Ausweisung eines Gewässers als EG-Badegewässer wird dieses im Vorwege analog zur Hamburger Badegewässerverordnung bzw. der EG-Badegewässerrichtlinie über mehrere Jahre bakteriologisch und gewässerökologisch überprüft. Diese Untersuchungen sollen darüber Auskunft geben, inwieweit sich das Gewässer als stabil hinsichtlich der notwendigen Anforderungen an ein EG-Badegewässer erweist.

 

Der Westensee wurde im Jahr 2003 einer limnologischen Statusuntersuchung unterzogen und befindet sich seither in einem jährlichen Untersuchungsprogramm für Seen (Winterbeprobung). Von 2003 bis 2010 wurden auch die bakteriologischen Parameter überprüft. Die bakteriellen Untersuchungen im Westensee wurden ab 2011 nicht weiter durchgeführt, da sich herausgestellt hat, dass die limnologischen Anforderungen für eine Ausweisung als EG-Badegewässer nicht erfüllt werden können.

Schon mit der Statusuntersuchung des Sees im Jahr 2003 wurde deutlich, dass sich dieser bereits auf einem hohen Nährstoffniveau und zwar im Übergangsbereich zwischen mesotroph und eutroph befindet. Die seither jährlich durchgeführten Untersuchungen ergaben einen außerordentlichen Anstieg der Phosphorkonzentrationen, so dass der See mittlerweile als stark eutroph bewertet werden muss. Aufgrund des hohen Nährstoffgehaltes im See kommt es immer wieder zu einer Massenvermehrung von Algen, wobei insbesondere Toxin bildende Cyanobakterien dominieren.

 

Der Westensee weist somit nicht die notwendigen limnologischen Voraussetzungen für den richtlinienkonformen Betrieb eines EG-Badegewässers auf. Folglich ist eine Ausweisung als Badegewässer obwohl der See als künstlich angelegtes Gewässer seit seiner Entstehung zum Baden genutzt wurde nicht möglich. Bei einem ausgewiesenen EG-Badegewässer müsste die Belastungssituation grundsätzlich zu einem Badeverbot führen. In dieser Konsequenz erfolgten auch die ckbaumaßnahmen des Badestegs und in den Strandbereichen.

Die auftretenden Probleme sind vergleichbar mit denen des Eichbaumsees, der schon viele Jahre als Badegewässer gesperrt ist, und wo aus diesem Grund ebenfalls die Pflege des Strandes bewusst unterblieb.

 

Sofern überhaupt geeignete Restaurierungsmaßnahmen in Frage kommen würden, wären diese sehr kostenintensiv.

 

Dies vorausgeschickt, antwortet die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) in Abstimmung mit der Behörde für Inneres und Sport (BIS) in Bezug auf Frage 9 und in Kenntnis der Antworten des Bezirksamts Bergedorf zu den Fragen 6 bis 8 und 10 bis 13 wie folgt auf die o.g. Anfrage der Bezirksversammlung Bergedorf:

 

 

  1. Wie hat sich die Wasserqualität in den vergangenen 20 Jahren verändert?

 

Der Westensee wurde anhand von Untersuchungsergebnissen aus dem Frühjahr und Sommer 2003 als mesotrophes bis schwach eutrophes Gewässer eingestuft. Seitdem sind die Phosphorkonzentrationen stark angestiegen (der Gesamtphosphor-Gehalt hat sich von 2003 bis 2016 von 0,050 auf 0,516 mg P/l verzehnfacht), so dass der See einer hohen Eutrophierung unterliegt. Der überwiegende Teil des Phosphors liegt gelöst vor und steht biologischen Prozessen zur Verfügung. Hierdurch hat der See das Potential, im Sommer starke Blaualgen-Blüten zu entwickeln, wobei diejenigen Arten im Vorteil sind, die atmosphärischen Stickstoff fixieren und somit auch bei Stickstoffmangel wachsen können. Hierzu gehören die Toxin bildenden Arten Anabaena und Aphanizomenon-Arten, die bereits das Planktonbild im Sommer 2003 bestimmten.

Im Jahr 2004 gab es bezüglich der bakteriologischen Parameter bei Zugrundelegung der Hamburger Badegewässerverordnung Grenzwertüberschreitungen. In den folgenden Jahren bis 2010 konnte der Westensee bakteriologisch als eher unauffällig bewertet werden (s. Anl. 2.1).

 

 

  1. Wie sieht die Wasserqualität zum Vergleich mit den anderen Bergedorfer Gewässern aus? Bitte jeweils mit Vergleichszahlen pro Jahr angeben.

 

Ein Vergleich mit anderen Bergedorfer Gewässern kann sich nur auf die untersuchten Bergedorfer Seen beziehen, da ein Vergleich mit Fließgewässern aufgrund der vollkommen unterschiedlichen Gewässertypologie nicht aussagekräftig wäre.

Der Gesamtphosphor-Gehalt bzw. der Gehalt an gelöstem Phosphat liegt im langjährigen Mittel mit 0,276 mg P/l bzw. 0,216 mg P/l deutlich über den langjährigen Mittelwerten aller anderen zum Zeitpunkt der Winterbeprobung untersuchten Bergedorfer Seen. Dies trifft auch für das damit im Zusammenhang stehende Biovolumen zu. Alle anderen untersuchten limnologischen Parameter sind im Vergleich mit anderen Bergedorfer Seen eher unauffällig (s. Anl. 1).

Im Jahr 2004 weist der Westensee bezüglich der bakteriologischen Parameter gegenüber den anderen untersuchten Seen eine Grenzwertüberschreitung auf. Die Untersuchungen der Folgejahre weisen vergleichbare Untersuchungswerte wie in den anderen Seen auf (s. Anl. 2.1 bis 2.8).

 

 

  1. Was sind die Gründe für eine Verschlechterung der Wasserqualität?

 

Die bisherigen Erkenntnisse deuten auf Folgendes hin:

Im See kommt es von Juni bis in den Oktober hinein zur Ausbildung einer Schichtung von warmem Wasser an der Oberfläche und kaltem Wasser darunter mit einem sauerstofffreien Bereich über dem Sediment. Dieser Effekt wird insbesondere durch den sauerstoffzehrenden Abbauprozess sedimentierter Biomasse aus den oberen Gewässerschichten verursacht. Bedingt durch das Sauerstoffdefizit kommt es zu erheblichen Rücklösungsprozessen von Nährstoffen aus dem Sediment. Mit dem Einsetzen der Durchmischung in der kälteren Jahreszeit werden die Nährstoffe wieder im gesamten Wasserkörper verteilt und stehen damit für die Entwicklung von Biomasse wie z. B. Blaualgen erneut zur Verfügung.

Die Nährstofffestlegung und Nährstoffrücklösung im Sediment des Westensees befindet sich, analog zum Eichbaumsee, nicht im Gleichgewicht, so dass es zu einer stetigen Anreicherung des Gesamtphosphor-Gehalts bzw. des Gehaltes an gelöstem Phosphat kommt. Die Ursachen hierfür sind bisher nicht hinreichend zu erklären.

 

 

  1. Welche Maßnahmen wurden geprüft, um eine hohe Wasserqualität zu erhalten?

 

Der Westensee ist kein ausgewiesenes Badegewässer, so dass hinsichtlich der Wasserqualität keine Maßnahmen erforderlich sind. Der See ist darüber hinaus kein berichtspflichtiges Gewässer nach EG-Wasserrahmenrichtlinie.

 

 

  1. Wird der Westensee aus einer Grundwasserquelle gespeist? Ergeben sich ggf. Gefahren für die Grundwasserqualität? Könnte auch die Qualität des Trinkwassers gefährdet sein?

 

Der Westensee ist in grundwasserführende Horizonte eingebettet und weist bereichsweise Kontakt mit dem Grundwasser auf. Die Qualität des Trinkwassers ist nicht gefährdet.

 

 

  1. Wie viele Besucher/innen könnten und würden von einem Westensee als intaktem Badegewässer profitieren können?

 

Mit Blick auf die Größe und Lage des Gewässers dürfte die Anzahl von zu erwartenden Besuchern der des Allermöher Sees entsprechen. Die Angabe einer genauen Zahl ist nicht möglich.

 

 

  1. Mit welchen Wartungskosten müsste gerechnet werden, wenn man den Westensee wieder zum Badegewässer ertüchtigen würde?

 

Zunächst einmal muss darauf hingewiesen werden, dass mit Blick auf die Struktur des Seegrundes, der in der Vergangenheit festgestellten Mikrobiologie und vor allem des Trophiegrades des Gewässers ähnliche Probleme mit der Qualität des Wasserkörpers zu erwarten sind, wie beim Eichbaumsee. Eine nachhaltige Sanierung des Eichbaumsees ist trotz aller eingesetzten Technik und wissenschaftlicher Kompetenz bis heute nicht gelungen. Auf Grund der sehr ähnlich gelagerten Bedingungen stünde somit für den Westensee in Frage, ob eine nachhaltige Ertüchtigung überhaupt möglich wäre. Aus diesem Grunde können keine Wartungskosten angegeben werden, die aufgewendet werden müssten, um die für ein Badegewässer geforderten Qualitätsanforderungen auf Dauer sicherzustellen. Von der BUE wäre allenfalls zu beziffern, wie hoch die entstandenen Kosten für den bislang erfolglosen Versuch einer Ertüchtigung des Eichbaumsees im Sinne der Qualitätskriterien der EG-Badewässer-Richtlinie gewesen sind.

 

 

  1. Wie stellen sich die Wartungskosten im Verhältnis pro Besucher/in dar?

 

Entfällt unter Hinweis auf die Antworten zu Fragen 6 und 7

 

 

  1. Weichen die Unfallzahlen am Westensee von denen anderer vergleichbarer Badegewässer ab? Wie stark und in welcher Richtung?

 

Die zuständige Behörde führt zu Bade-Unfällen keine gesonderte Statistik.

 

 

  1. Geht die Verwaltung von einer illegalen Weiternutzung des Westensees als Badegewässer aus?

 

Die Nutzung eines Gewässers zum Baden fällt unter den Gemeingebrauch und ist daher nicht illegal. Ebenso könnten Dove- und Gose-Elbe, das Sandbrack oder auch alle anderen Gewässer zum Baden (auf eigenes Risiko) genutzt werden. Im Gegensatz zu einem ausgewiesenen EG-Badegewässer entfällt allerdings die Überwachung der Wasserqualit und Veröffentlichung der Ergebnisse, sowie das Vorhandensein anderer Infrastruktur (Badestrand, Toiletten, ggf. auch Anwesenheit von Rettungsorganisationen usw.)

 

 

  1. Wie beurteilt die Verwaltung die Gefahr von Unfällen, wenn dort nur noch illegal gebadet wird?

 

Ebenso hoch wie an jedem anderen Oberflächengewässer, welches im Rahmen des Gemeinbrauches zum Baden auf eigene Verantwortung genutzt wird.

 

 

  1. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Badenden sind ggf. denkbar?

 

Da das Gewässer mit Blick auf die Wasserqualität und durch die Entfernung der entsprechenden Infrastruktur nicht mehr als EG-Badegewässer in Betracht kommt, sind keine Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit geplant. Wer hier badet, tut das wie im übrigen in jedem anderen Oberflächengewässer auf eigene Gefahr.

 

 

  1. Was spricht gegen eine Erhöhung der Sicherheit der Badenden aufgrund der ggf. denkbaren Maßnahmen?

 

Siehe oben stehenden Antworten.

 

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

Untersuchungsergebnisse