Reetwerder 3: Ein Symbol für Mietabzocker - Chronik einer Mietwucher-Immobilie korrigierte Fassung
Letzte Beratung: 19.12.2018 Fachausschuss für Bauangelegenheiten Ö 3
Auskunftsersuchen
der BAbg. Mirbach, Jobs, Bauer, Sturmhoebel, Winkler - Fraktion DIE LINKE
Eine kurze Übersicht der Ereignisse:
Nach einem Schwelbrand erklärt die Feuerwehr das Haus für unbewohnbar.
In dem denkmalgeschützten Haus lebten zu diesem Zeitpunkt 156 Menschen, darunter 56 Kinder. Sie lebten dort unter katastrophalen Verhältnissen, die Vermieter sind bei der Staatsanwaltschaft kein Unbekannten. Dieses Haus auch ein Symbol dafür, wie groß die Not für Wohnungssuchende ist. Unter welchen Bedingungen müssen Menschen leben, die nicht auf der Straße landen wollen?
Zunächst muss klargestellt werden, dass nicht die Feuerwehr, sondern das Bezirksamt das Gebäude auf Grundlage des Wohnraumschutzgesetzes für unbewohnbar erklärt und daraufhin eine Ersatzunterbringung eingeleitet hat.
Diese vorausgeschickt werden die Fragen 1-9 vom Bezirksamt und die Fragen 10 bis 12 von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet:
Vor diesem Hintergrund fragen wir das Bezirksamt:
Dies ist derzeit nicht bekannt. Gemäß HmbWoSchG musste dem Grundeigentümer zunächst Gelegenheit zur freiwilligen Abhilfe gegebenen werden. Die Fortführung des Verwaltungsverfahrens ist durch die danach beantragte Zwangsverwaltung und die damit verbundene, unklare Zuordnung eines Adressaten ins Stocken geraten. Da vom Grundeigentümer von der angebotenen freiwilligen Abhilfe kein Gebrauch gemacht wurde, ist nach Rücknahme des Antrages für die Zwangsverwaltung ein Bescheid an den Grundeigentümer gegangen, mit dem die Behebung der beanstandeten Baumängel durchgesetzt werden soll. Die Unbewohnbarkeit des Gebäudes besteht nach wie vor und kann erst aufgehoben werden, wenn, wie gefordert, durch entsprechende Fachbetriebe die Betriebssicherheit der Elektroanlage und der Gasversorgungsanlage gegenüber den zuständigen Stellen des Bezirksamtes nachgewiesen ist. Die Beseitigung aller anderen Mängel ist erst danach wieder von Interesse. Ob zwischenzeitlich eine vollständige oder teilweise Beseitigung der Mängel stattgefunden hat, ist nicht bekannt.
Unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Anforderungen ist eine Antwort auf diese Frage nicht möglich.
Siehe Antwort auf Frage 2.
Nein, es gibt in diesem Fall keine Rechtsgrundlage für eine Enteignung.
Der Einsatz eines Treuhänders ist unter Hinweis auf § 12 a HmbWoSchG nur bei einem Verstoß gegen § 9 HmbWoSchG vorgesehen, d.h. nur im Falle der Zweckentfremdung. Die ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Zum einen kann in die Räumlichkeiten eines Gewerbebetriebes nicht auf Grundlage des HmbWoSchG eingegriffen werden. Zum anderen war (im Gegensatz zum deutlich umfangreicheren Wohnbereich) die Aufrechterhaltung der Stromversorgung für die 3 laufenden Betriebe mit Blick auf die Sicherheit gerade noch vertretbar sowie schnell und mit vergleichsweise geringfügigen Mitteln möglich und wurde daher unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hergestellt.
Wie ist es möglich, dass für weitere Gewerberäume trotz der Unbewohnbarkeit des Hauses ein Mieter gesucht wird?
Diese Frage kann nur vom Vermieter beantworten werden.
Weil vom Bezirksamt während des Aktionstages im Rahmen einer Ersatzvornahme ausgeführt, ist bislang lediglich die Instandsetzung einer Gastherme und von Steckdosen im Badezimmer einer Wohnung im III.OG als gesicherte Instandsetzung zu betrachten.
Von wem wurden sie in Auftrag gegeben?
Vom Bezirksamt.
Wer trägt die angefallenen Kosten
Die Kosten wurden – wie im Falle einer Ersatzvornahme üblich – zunächst vom Bezirksamt übernommen, sind dem Grundeigentümer aber bereits in Rechnung gestellt worden.
oder wem wurden sie in Rechnung gestellt? Welche Mängel hat der Vermieter behoben?
Vgl. Antwort auf Frage 1
9 genehmigte Wohnungen.
Ein Standard für den sozialen Wohnungsbau kann allenfalls aus der IFB-Förderrichtlinie (IFB=Investitions- und Förderbank) abgeleitet werden. Er berücksichtigt lediglich Wohnungsgrößen von bis zu 105 – 120 qm und sieht dafür sechs Personen vor. Einige der Wohnungen des in Rede stehenden Gebäudes weisen allerdings Grundflächen von bis zu 125 qm auf.
Andere Beurteilungsmaßstäbe sind hier nicht bekannt.
Zu 10.:
Alle Bewohner, die keine Selbsthilfemöglichkeiten hatten, wurden am Tag der Räumung des Reetwerder 3 (16.05.2018) zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in einer Unterkunft von Fördern und Wohnen AöR in der Friesenstraße 22, 20097 Hamburg öffentlich-rechtlich untergebracht.
Es sind noch 28 Personen (8 Haushalte) in der Friesenstraße untergebracht (Stand 11.09.2018). 7 der 8 Haushalte sind schon mit Bescheinigungen zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU-Bescheinigungen) ausgestattet. Sie warten derzeit auf eine Vermittlung in eine andere Wohnunterkunft durch die Aufnahme- und Vermittlungsstelle (AVS) bzw. durch die bezirkliche Fachstelle für Wohnungsnotfälle.
Bei einem Haushalt besteht noch Klärungsbedarf; es wird aber davon ausgegangen, dass auch diese Haushalte einen Anspruch auf öffentlich-rechtliche Unterbringung haben.
Alle anderen Personen, die nicht mehr in der Friesenstraße untergebracht sind, haben entweder selbst eine neue Unterkunft gefunden oder sind bereits in eine andere Wohnunterkunft vermittelt worden.
Zu 11.:
Die Friesenstraße 22 kann nicht als dauerhafte Unterkunft für die Bewohner aus dem Reetwerder dienen, da an diesem Standort die Vorbereitungen für das kommende Winternotprogramm planmäßig ermöglicht werden müssen (spätestens ab Anfang Oktober).
Die Familien werden weiterhin durch die Fachstelle Bergedorf beraten und - wenn die Voraussetzungen gegeben sind - mit Bescheinigungen zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU-Bescheinigungen) ausgestattet. Danach erfolgt die Vermittlung örU-berechtigter Bewohner in eine andere Wohnunterkunft durch die AVS.
Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter von Fördern und Wohnen AöR beraten die Bewohner auch dahingehend, sich um Selbsthilfemöglichkeiten zu kümmern bzw. solche auch in Anspruch zu nehmen oder ggf. realistische Rückreiseoptionen ins Heimatland wahrzunehmen.
Sollte die Vermittlung in andere Wohnunterkünfte durch die AVS nicht rechtzeitig abgeschlossen sein, werden die noch in der Ersatzunterkunft Friesenstraße verbleibenden Bewohner*innen in einen anderen Standort von f&w umziehen.
Zu 12.:
Mieterinnen und Mieter haben einen Anspruch gegen ihren Vermieter auf Schadensersatz, wenn Ihnen ihre Unterkunft nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. 536a Abs. 1 BGB).
Ziel ist es, die Vermieterin im Reetwerder bei Verantwortungs- und damit Kostenfragen vollständig heranzuziehen. Aufgrund der Unbewohnbarkeit des Gebäudes und der drohende Obdachlosigkeit musste notwendigerweise eine Ersatzunterkunft zur Verfügung gestellt werden.
Bei SGB II- Leistungsbeziehern geht der Anspruch der Mieter gegenüber dem Vermieter nach § 33 SGB II auf das Jobcenter über (Anspruchsübergang). Das Jobcenter zahlt folglich für die Leistungsbezieher weiterhin die „Kosten der Unterkunft“ und verfolgt eigenständig die Ansprüche gegenüber der Vermieterin bezüglich der höheren Unterbringungsgebühren.
Bei Personen, die keine Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen, sind die Unterbringungsgebühren formal von den Mietern zu zahlen.
Die Vermieterin soll aber auch für die Erstattung dieser (zusätzlichen) Kosten herangezogen werden. In diesen Fällen werden die Ansprüche an Fördern und Wohnen AöR abgetreten (Abtretungserklärung) und dann von Fördern und Wohnen AöR gegenüber der Vermieterin geltend gemacht.
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