20-1470

Ölbohrungen in Vierlanden /Kirchwerder II

Auskunftsersuchen nach § 27 BezVG

Sachverhalt

Auskunftsersuchen der BAbg. Wobbe, Rüssau, Lühr und Fraktion GRÜNE

 

In der Drs. 20-1344.01 informierten die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation bzw. das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie über Maßnahmen im Erdölfeld Reitbrook-West. Zur Druckerhaltung sollten zwei konkrete Tiefbohrungen zur Ausförderung (Reitbrook West 7) und zur anschließenden Re-Injektion (Reitbrook West 17) von Lagerstättenwasser einsatzbereit gemacht werden. Die Injektionsbohrung solle vor Beginn der Verpressung einem Säure-Workover mit Zitronensäure unterzogen werden. Die Maßnahmen sollen im derzeit gültigen Hauptbetriebsplan beschrieben und der Genehmigungsbehörde am 7. August 2017 angezeigt worden sein.

Beide o. a. Bohrungen, wie auch zahlreiche weitere Tiefbohrungen zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen bzw. zur Verpressung von mitgefördertem Lagerstättenwasser, befinden sich im Naturschutz- und FFH-Gebiet Kirchwerder Wiesen. Sie sind laut Angaben des Betreiberunternehmens Engie durch Nassöl- bzw. Lagerstättenwasserleitungen mit den Hochtanks an der Krapphofschleuse verbunden.

Lagerstättenwasser ist hochsalin und enthält üblicherweise neben wassergefährdenen Chloriden eine Reihe von toxischen Schwermetallen sowie, je nach Lagerstätte, unterschiedliche Zusammensetzungen von radioaktiven Isotopen. Messungen des Vorgängers des heutigen Betreiberunternehmens in Hochtanks und Treatern im Erdölfeld Reitbrook haben eine Radioaktivität in Ablagerungen gezeigt, die teilweise mehr als das Vierfache der natürlichen Ortsdosisleistung betrugen.[1]

Die Praxis des Verpressens des mitgeförderten Lagerstättenwasser an Ort und Stelle in den Feldern Reitbrook-West/Allermöhe und Reitbrook-Alt sei, ebenfalls nach Angaben des Betreiberunternehmens, jahrzehntelange Praxis. Allerdings hieß es bislang, dass diese Wässer in Teufen von 500–600 Metern injiziert würden. Eine Verpresstiefe von rund 1.800 Metern wie jetzt vom Betreiberunternehmen angegeben (s. Einleitungstext zum o.g. Auskunftsersuchen) scheint demnach neu zu sein.

 

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

 

1.     Wann wurde der aktuell gültige Hauptbetriebsplan für den Produktionsbetrieb Reitbrook zugelassen, bis wann dauert seine Gültigkeit und welche anderen in ihren Aufgabenbereichen berührten Behörden waren gem. § 54 Abs. 2 BBergG am Zulassungsverfahren beteiligt?

 

2.     Welche für die Umweltverträglichkeitsprüfung bedeutsamen Angaben enthält der aktuell gültige Hauptbetriebsplan? Insbesondere geht es um eine Beschreibung der zu erwartenden erheblichen Auswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden, d. h. um eine Beschreibung von Art und Menge der zu erwartenden Emissionen und Reststoffe, vor allem der Luftverunreinigungen, der Abfälle und der anfallenden Abwässer. Ferner geht es um Angaben über alle sonstigen erheblichen Auswirkungen des Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Sachgüter. Bitte diese Angaben vollumfänglich wiedergeben.

 

3.      Welche Auswirkungen auf die Umwelt hat die zuständige Behörde vor der Zulassung des Hauptbetriebsplans ermittelt und beschrieben und wie hat sie sie bewertet? Bitte den/die entsprechenden Vermerk/e aus der Akte als Anhang beifügen.

 

4.     Welche chemischen Stoffe kommen – bzw. kamen, sofern diese Arbeiten inzwischen abgeschlossen sind – im Gesamtverlauf des Workover der Bohrung Reitbrook West 17 in den unterschiedlichen Anlageteilen zum Einsatz (über die Behandlung der Bohrung mit Zitronensäure hinaus)? Bitte vollständig auflisten.

 

5.     Gibt es einen zugelassenen Sonderbetriebsplan (SBP) gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 57d BBergG für den Betrieb der Bohrung Reitbrook West 17 als Injektionsbohrung?

5.1 Wenn ja, welche anderen in ihren Aufgabenbereichen berührten Behörden wurden gem. § 54 Abs. 2 BBergG am Zulassungsverfahren beteiligt und wie haben sie jeweils Stellung genommen?

5.2 Wenn nein, warum nicht? Bitte nachvollziehbar begründen, warum kein SBP erforderlich ist.

 

6.     Der Besorgnisgrundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes (§ 48 Abs. 1 und 2 WHG) besagt:
„(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. [...]
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen.“
Aufgrund welcher Erkenntnissen und Daten über das betroffene Gebiet ist eine Gefährdung des Grundwassers in den umliegenden Wasserschutzgebieten als auch den Einzugsgebieten von Trinkwassergewinnungsgebieten als auch gegebenenfalls von Hausbrunnen durch die Gewinnung von Kohlenwasserstoffen und/oder den Transport von Nassöl bzw. Lagerstättenwasser durch Rohrleitungen und/oder die Einpressung von Lagerstättenwasser im Erdölfeld Reitbrook nicht zu besorgen?

 

7.     Wie wird der besondere Schutzstatus des NSG/FFH-/Natura2000-Gebietes Kirchwerder Wiesen im aktuell gültigen Hauptbetriebsplan konkret berücksichtigt und wie sind eine Erdölproduktion bzw. eine Verpressung von Lagerstättenwasser in diesem Gebiet mit den geltenden Naturschutzvorschriften vereinbar (z. B. in der Verordnung über das Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen sowie ggf. im Pflege- und Entwicklungsplan Kirchwerder Wiesen)?

 

8.      Welche Tiefbohrungen im Erdölfeld Reitbrook wurden in den letzten 30 Jahren als Verpressbohrungen verwendet, welche Tiefbohrungen erfüllen aktuell diesen Zweck und welche Tiefbohrungen sind zukünftig dafür vorgesehen? Bitte tabellarisch mit Namen, Hoch- und Rechtswert aufführen und dabei den jeweiligen Zeitraum der Verpressung und die jeweilige Injektionsteufe angeben.

 

9.     Im Jahr 2015 – dem Jahr der Auflassung des Erdgasspeichers Reitbrook – erzielte das Betreiberunternehmen in den Feldern Reitbrook-West/Allermöhe und Reitbrook-Alt eine Produktion von 7608 Tonnen; im Jahr 2016 waren dies 7482 Tonnen.[2] Welche Menge Erdöls wird dort voraussichtlich im Jahr 2017 erzielt werden und zu wann wird mit dem Erreichen der angepeilten 20.000 Tonnen Erdöl pro Jahr gerechnet?

 

10. Wie hoch waren die Feldesabgaben und die Förderabgaben, die das Betreiberunternehmen in den Jahren 2015 und 2016 an die Freie und Hansestadt Hamburg zu zahlen hatte, und welche Anteile davon gingen jeweils auf die Produktion in den Vier- und Marschlanden zurück?

 

 

 

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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