Kooperatives städtebaulich-freiraumplanerisches Wettbewerbsverfahren in zwei Stufen mit hochbaulicher und freiraumplanerischer Vertiefung sowie partizipativen Prozessen in Bergedorf-West hier: Abstimmung des Auslobungstextes
Die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eG (Bergedorf-Bille) beschäftigt sich mit der baulichen, strukturellen und sozialen Fortentwicklung der im Bestand der Bergedorf-Bille liegenden Quartiere. Aufgrund vielfältiger Anlässe (RISE-Prozess, Entwicklung Oberbillwerder, energetische Modernisierung des Immobilienbestandes, etc.) befasst sich die Bergedorf-Bille seit einiger Zeit auch mit der Quartiersentwicklung des Bestandes in Bergedorf-West. Hierzu besteht ein enger Austausch mit dem Bezirksamt Bergedorf und der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW).
Bei der Diskussion um eine zukünftige Bestandentwicklung wurde der Umgang mit dem ruhenden Verkehr als ein wichtiger und zentraler Handlungsansatz gesehen. Die großflächigen ebenerdigen Parkplatzflächen erscheinen vor dem Hintergrund neuer Mobilitätsanforderungen und zunehmender Flächenkonkurrenz mit weiteren Funktionen wie Wohnen, Freiraum etc. nicht mehr zeitgerecht, sodass sich eine Auseinandersetzung über Umgestaltungen und über Anpassungen an die heutigen und zukünftigen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner ergibt. Zudem steht der Bestand der Bergedorf-Bille in Bergedorf-West vor altersstrukturellen Veränderungen, die eine behutsame bauliche Weiterentwicklung bzw. Anpassung notwendig erscheinen lassen.
Ein erster Schritt dieser Auseinandersetzung konnte im Sommer 2023 mit der Konzept- und Planungsstudie Mobility Hub Bergedorf-West abgeschlossen werden (vgl. Drucksache 21-1762). Die Ergebnisse der Konzeptstudie zeigen auf, dass der ruhende Verkehr vorrangig in Mobility Hubs aufgenommen werden kann, um darauf aufbauend über die freiwerdenden Flächen in ein Entwicklungsprozess treten zu können. Die Konzeptstudie gibt dabei erste Aussagen zu Machbarkeiten, Größenvorstellungen und klärt Themen wie Standortfragen, Drittnutzungs- bzw. auch Nachnutzungsalternativen.
Mit dem anstehenden Wettbewerbsverfahrens beabsichtigt die Bergedorf-Bille in Abstimmung mit insbes. dem Bezirksamt sowie weiteren beteiligten Behörden die Ergebnisse der Studie entwurflich zu qualifizieren und für ihren Bestand in Bergedorf-West sowie für die angrenzenden öffentlichen Erschließungsflächen städtebauliche und freiraumplanerische Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines zweistufigen Verfahrens erarbeiten zu lassen.
Das Plangebiet mit einer Gesamtfläche von ca. 10 ha befindet sich zu einem überwiegenden Teil im Eigentum der Bergedorf-Bille. Die Flächen im Plangebiet, insbesondere die Verkehrsflächen und der Berufsschulparkplatz, befinden sich im unterschiedlichen Verwaltungsbesitz im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH).
Das Workshopverfahren hat unter anderem folgende Punkte zum Ziel:
Aufgabe ist es, Entwicklungsmöglichkeiten und Potenzialflächen im Bereich des Betrachtungsraumes aufzuzeigen, die mit einer hohen städtebaulichen, architektonischen und freiraumplanerischen Qualität überzeugen. Angestrebt wird eine stadt- und landschaftsplanerische Weiterentwicklung des Quartiers, die schwerpunktmäßig auf Wohnnutzung ausgerichtet werden soll, jedoch auch die Neuorganisation des ruhenden Quartiers und das Bündeln dessen in Mobility Hubs konkretisiert. Dabei gilt es das Wohnen durch attraktive öffentliche Grün-, Freizeit und Erholungsflächen und in vereinzelten und ausgewählten Teilbereichen bestimmter Erdgeschosszonen mit Dritt-Nutzungen zu ergänzen sowie das Quartier im Einklang mit den Bestandsgebäuden qualitätsvoll und bedarfsgerecht zu verdichten. Wichtige Freiflächen, die für Erholung und Freizeit und Aufenthaltsqualität prägend sind, sollten nicht ohne Ersatz-/Ausgleichsflächen für neue Erschließungsflächen weichen müssen.
Die beiden Verfahrensstufen sehen wie folgt aus. Innerhalb der ersten Stufe soll der städtebaulich- freiraumplanerische Rahmen für das künftige Quartier gefunden werden. Dabei soll die städtebaulich verträgliche Bebauungsdichte, die städtebaulich geeignete Form, die Neuorganisation des ruhenden Verkehrs sowie ein qualitativ hochwertiges und quantitativ angemessenes freiraumplanerisches Konzept gefunden werden. Darauf aufbauend sollen in der zweiten Verfahrensstufe objektplanerische Vertiefungen für einen Mobility-Hub, für ein Wohngebäude und für einen Teilbereich des Außenraums umgesetzt werden. Die Standorte und die Umgriffe für die zu bearbeitenden Bereiche werden nach Abschluss der Stufe 1 durch das Preisgericht festgelegt.
Für die Bergedorf-Bille ist dabei entscheidend, dass aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der angestrebten kostengünstigen Mietansätze (u.a. durch die Umsetzung von öffentlich gefördertem Wohnraum) die Bebauungskonzepte den Anforderungen der Auslobung in Hinblick auf ein kostengünstiges, serielles bzw. modulares Bauen für generationsübergreifendes Wohnen sicherstellen müssen. Mindestens 20% der im Plangebiet neu zu schaffenden Wohnangebote sollen dabei Raum für besondere Wohnformen bieten, die mit ergänzenden Versorgungsangeboten auch in das bestehende Quartier wirken.
Zudem wird von Bergedorf-Bille und der Verwaltung erwartet, dass Antworten in Hinblick auf Anbindungen zu umliegenden Freiraumstrukturen, Fuß- und Radwegeverbindungen, auch in Hinblick auf eine zukünftige Anbindung an Oberbillwerder (mit seinen verschiedenen Räumen, Funktionen und Angeboten), zur Anbindung der Entwicklung des Neuen Quartierszentrums an der S-Bahnstation Nettelnburg sowie zur Einbindung der Sportanlage am Ladenbeker Furtweg und der in Umsetzung befindlichen Umgestaltung des Berufsschulcampus gefunden werden. Hierbei sind die Ergebnisse der Freiraumbedarfsanalyse und der Fußwegeuntersuchung des Bezirksamtes Bergedorf zu berücksichtigen (vgl. Sitzung des Fachausschusses für Verkehr und Inneres 09.05.2022 sowie Drucksache 21-1037.07).Durch das neue Nutzungskonzept soll ein Ort geschaffen werden, der auf die Identität des Bestandsquartiers eingeht, mit der Umgebung verträglich ist und neue städtebauliche atmosphärische Qualitäten für die Bewohner des Quartiers mit sich bringt. Veränderungen des Wohnflächenbedarfs und der eigenen Mobilität sollen in den Konzepten Beachtung finden.
Die Sozialwohnungsquote ist durch die FHH bzw. das Bündnis für das Wohnen mit 35% vorgegeben. Für das Projekt sollen alle Wohnungen als förderfähige Wohnungen (im 1., 2. Förderweg) gemäß der Richtlinie der IFB Hamburg geplant werden. Ergänzend zur Quote für den Sozialwohnungsbau ist die Umsetzung des 3. Förderwegs möglich.
Die Zahl und die Verortung der Stellplätze, die sich aus den Neubauten ergeben, stehen in Abhängigkeit zu dem gewählten städtebaulichen Konzept, des angedachten Wohnungsmixes bzw. der angenommenen Haushaltsstrukturen und der zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Bestandsstellplätze sollen vollumfänglich in den Mobility Hubs aufgenommen werden.
Für den Wohnungsneubau ist als Kfz-Stellplatzschlüssel eine Quote von 0,45-0,5 zu berücksichtigen. Der Stellplatzschlüssel kann nach diesem Verfahren und dem danach verbindlich zu bestimmenden Wohnungsmix auf der Grundlage der Mobility Hub-Planungsstudie in Abstimmung mit dem Bezirksamt Bergedorf und der Bezirkspolitik konkretisiert werden.
Mind. 10% der notwendigen zu errichteten Fahrradstellplätze sind mit einer Ladeeinrichtung für e-Bikes auszustatten, weitere mind. 10% der Stellplätze sind dafür vorzubereiten. Dabei muss mindestens ein Stellplatz pro Wohnung barrierefrei in verschlossenen Räumen geschaffen werden können. Zusätzlich sind 5 Stellplätze für Lastenfahrräder oder Fahrradanhänger umzusetzen. Sie sind barrierefrei zugänglich und größtenteils witterungsgeschützt zu planen.
Des Weiteren sind Nutzungs- und Gestaltungsqualitäten des Freiraums präzise auszuarbeiten und in Abhängigkeiten zu den hochbaulichen Entwicklungsvorstellungen zu stellen. Dabei soll auch über ökologisch nutzbare Flächen, die für Kühlungseffekte innerhalb des Quartiers sinnvoll sind, nachgedacht werden.
Die weiteren Anforderungen und Qualitätsstandards an Neubauvorhaben (Drucksache 21-0393 Qualitätsstandard in Wohnungsbau und Klimaschutz) sind zu berücksichtigen.
Hinweise: das Verfahren wird im Ausschuss präsentiert. Die Politik wird gebeten, ihre Vertreter:innen für die Jury zu benennen.
Beschluss:
Der Stadtentwicklungsausschuss stimmt der Durchführung des kooperativen städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren in zwei Stufen mit hochbaulicher und freiraumplanerischer Vertiefung auf der Grundlage des anhängenden Aufgabenpapiers zu und beauftragt die Bezirksamtsleiterin, den Ausschuss zu gegebener Zeit mit den Ergebnissen des Verfahrens zu befassen.