Keine Spekulation mit Grund und Boden!
Letzte Beratung: 17.06.2021 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 7.2
Auskunftsersuchen
der BAbg. Mirbach, Jobs, Gruber, Heilmann, Westberg - Fraktion DIE LINKE
Keine Spekulation mit Grund und Boden! Das sagt nicht nur DIE LINKE, sondern auch das Bundesverfassungsgericht. In einem Beschluss aus dem Jahr 1967 stellte das Gericht fest, dass Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist und daher „dem unübersehbaren Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen“ nicht vollständig zu überlassen ist. Das Gericht stellte fest, dass deshalb Grund und Boden deutlich stärker als andere Vermögensgüter geschützt werden muss, um den Interessen der Allgemeinheit gerecht zu werden.
In Hamburg sind die Bodenpreise in den letzten Jahren geradezu explodiert, seit 2016 sind sie gar um 28,6 % gestiegen. Auch die Mieten steigen in rasantem Tempo. Der Hamburger Senat möchte diese Entwicklung allein mit dem Bauen von neuen Wohnungen aufhalten.
Ein von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen in Auftrag gegebenes und kürzlich veröffentlichtes Gutachten zeigt jedoch: Mehr Wohnungsbau erhöht die Kosten und lässt die Mieten steigen. Der vermehrte Bau von Wohnungen vor allem im gehobenen Bereich lässt die Mieten demnach weiter steigen.
Der alleinige Fokus auf das Bauen ist gescheitert. Ein weitergehender Eingriff in den Immobilienmarkt ist dringend geboten, aufgeblähte Immobilienblasen bringen keine geringeren Mieten. Es ist jetzt an der Zeit, Grund und Boden kapitalistischen Marktzwängen zu entziehen. Die Stadt muss die Interessen der Allgemeinheit wieder stärker vertreten und zum Hauptakteur statt Zuschauer werden.
Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) setzt eine Vielzahl von verschiedenen Instrumentarien ein, um sozialen Wohnungsbau für die Hamburgerinnen und Hamburger zu ermöglichen, u.a. durch die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenzenverordnung zur Begrenzung der Miethöhen. Darüber hinaus wird durch die vermehrte Bestellung von Erbbaurechten durch die Stadt auf städtischem Grund und Boden langfristig bezahlbarer Wohnraum gesichert. Auch zukünftig kann damit die Grundstücksentwicklung in sozial- und wohnungspolitischen Bereichen durch u. a. Belegungs- und Mietpreisbindungen und Umwandlungsverbote aktiv und nachhaltig beeinflusst werden.
Außerdem kann die Stadt mit der Bestellung von Erbbaurechten Bodenspekulationen durch Private auf öffentlichen Grundstücken vorbeugen und den städtischen Grund und Boden für die Hamburgerinnen und Hamburger erhalten. Im Übrigen siehe Drs. 22/4628.
Dies vorausgeschickt, beantwortet die Finanzbehörde die Fragen wie folgt:
Wir fragen daher:
Frage 1. Welche Flächen befinden sich derzeit in städtischem Besitz und wie werden diese jeweils genutzt?
Unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 3 Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG) i.V.m. § 12 Abs. 6 HmbTG wird wie folgt geantwortet:
Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) veröffentlicht das Landesgrundbesitzverzeichnis der FHH als Nachweis über alle landeseigenen Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte auf der Webseite www.transparenz.hamburg.de. Informationen zu einzelnen Grundstücken siehe unter:
https://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/landesgrundbesitzverzeichnis-hamburg13
im Landesgrundbesitzverzeichnis. Das Landesgrundbesitzverzeichnis ist als Download in unterschiedlichen Dateiformaten verfügbar oder kann unter „Karte“ online eingesehen werden. Das Veröffentlichungsdatum der Inhalte ist auf der Seite angegeben.
Hinweis zur Verwendung der Karte: Die eingefärbten Flächen befinden sich im Eigentum der FHH. Über die Legende im oberen Bildschirmbereich sind die Farben und Zugehörigkeiten der Flächen zu den unterschiedlichen Vermögensarten innerhalb der FHH aufgeschlüsselt.
Die Erteilung dieser Auskunft ist gebührenfrei (§ 1 Absatz 3 HmbTGGebO).
In Anlage 1 sind zusammenfassend alle in Bergedorf vorkommenden Nutzungsarten und die dazugehörigen Flächensummen aufgelistet.
Die durch das Grundbuchamt übermittelten Nutzungsarten sind mitunter jedoch nicht immer aktuell. Derzeit findet eine Aufarbeitung und Aktualisierung der tatsächlichen Nutzungen statt.
Der LIG weist deshalb an dieser Stelle auch darauf hin, dass diese Ausleitung lediglich den aktuellen Stand der Grundbücher wiedergibt.
Frage 2. Welche Flächen mit welcher Größe wurden in den Jahren 2011 – 2020 im Bezirk Bergedorf vergeben?
a. Welche dieser Flächen wurden verkauft? Wie hoch war jeweils der Verkaufspreis?
Wie wurde der Verkaufspreis jeweils festgesetzt?
b. Welche dieser Flächen wurden per Erbbaurecht vergeben? Wie lang ist jeweils die
Pachtzeit? Wie hoch jeweils der Erbbaupachtzins?
Im Erbbaurecht zu Wohnzwecken vergeben wurde in den Jahren 2011-2020 nur eine Fläche in Bergedorf. Das Erbbaurecht wurde auf 75 Jahre bestellt.
Der Senat sieht zur Wahrung seiner Verhandlungsposition und der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von Vertragspartnern grundsätzlich in ständiger Praxis davon ab, zu Einzelheiten von Immobilienverkäufen Stellung zu nehmen, insbesondere zu einzelnen Kaufpreisen.
Aus diesem Grunde wurden in der Anlage nur in den Fällen Summen für Kaufpreise genannt, bei denen die Grundlage aus drei oder mehr Verträgen besteht.
Im Übrigen siehe Anlage 2.
3. Welche Flächen im Bezirk Bergedorf sind in den Jahren 2011- 2020 im heimgefallen?
Wie hoch war jeweils die Entschädigung und wie wurden diese Flächen jeweils nachgenutzt?
In den Jahren 2011-2020 wurde im Bezirk Bergedorf weder ein Heimfallrecht ausgeübt noch sind Erbbaurechte durch Zeitablauf erloschen.
4. Welche Flächen im Bezirk Bergedorf wurden in den Jahren 2011 – 2020 durch die Stadt aufgekauft? Wie hoch war jeweils der Ankaufspreis? Wie wurde der Ankaufspreis jeweils festgesetzt?
Die FHH hat in den Jahren 2011-2020 die in der Anlage 3 aufgeführten Flächen erworben. Als Grundlage für die Ankaufsverhandlungen dient regelhaft der ermittelte Verkehrswert. Wie unter Frage 2 wurden auch hier in der Anlage nur in den Fällen Summen für Kaufpreise genannt, bei denen die Grundlage aus drei oder mehr Verträgen besteht.
5. Für welche Flächen im Bezirk Bergedorf existieren städtebauliche Verträge und wann wurden diese Verträge jeweils abgeschlossen?
a. Was ist jeweils der Grund für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages?
b. Was wird in den städtebaulichen Verträgen jeweils festgesetzt? Bitte jeweils bspw.
den Umfang der Bebauung, Art der Nutzung, Finanzierung, Beteiligung an städtischen
Grünanlagen usw. angeben.
Siehe Anlage 4.
6. In welchen Fällen könnte es im Bezirk Bergedorf Vorkaufsrechte geben?
Grundsätzlich können Gemeinden ein gesetzliches Vorkaufsrecht ausüben, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen gesetzlichen Norm erfüllt sind. Die wichtigsten gesetzlichen Vorkaufsrechte der Gemeinde sind in den §§ 24 – 28 BauGB geregelt. Daneben bestehen spezialgesetzlich geregelte Vorkaufsrechte wie das Wasser-, Wege- oder Hafenentwicklungsgesetz sowie das Bundesnaturschutzgesetz oder das Reichssiedlungsgesetz. In jedem Fall ist die Voraussetzung zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes, dass ein rechtswirksamer Kaufvertrag vorliegt, keine Ausschlussgründe vorliegen und dem Käufer kein Abwendungsrecht zusteht.
Neben den gesetzlichen Vorkaufsrechten können an Grundstücken auch vertraglich vereinbarte Vorkaufsrechte bestehen, die in der Regel dinglich gesichert werden.
7. Wie sollen die Flächen in Oberbillwerder vergeben werden?
Oberbillwerder soll ein Stadtteil für alle werden. Durch die vielfältigen Angebote in unterschiedlichen Lagen soll gewährleistet werden, dass sowohl der „Hamburger Drittelmix“ als auch ein Anteil für Baugemeinschaften von bis zu 20% über alle Quartiere hinweg umgesetzt werden können. Um ein breites Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen, sollen auch das serielle Bauen, der freifinanzierte Hamburg-Wohnungsbau sowie die Vergabe von Grundstücken in Erbbaurecht ermöglicht werden (vgl. Drs. 21/16361). Die Flächenvergaben in Oberbillwerder werden im Wesentlichen über Konzeptvergaben erfolgen. Darüber hinaus kann es aus wohnungspolitischen Gründen zu Direktvergaben z.B. an die SAGA oder F&W Fördern und Wohnen AöR kommen.
8. Wie sollen die Verkaufspreise, Erbbaupachtzinsen oder Mieten in Oberbillwerder festgesetzt werden?
Die Festlegung von Verkaufspreisen und Erbbauzinsen erfolgt auf der Basis der Verkehrswerte. Die Festlegung von Mieten für das Segment der öffentlich geförderten Wohnungen richtet sich nach den Förderrichtlinien der IFB.
9. Wie viele Wohnungen im Bezirk Bergedorf wurden in den Jahren 2011 – 2020 jeweils neu gebaut, wie viele abgerissen oder anderweitig dem Wohnungsmarkt entzogen?
Jahr |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
Anzahl fertiggestellter Wohnungen |
380 |
236 |
597 |
506 |
752 |
899 |
Anzahl gem. §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 HmbWoSchG im öffentlichen Interesse oder gegen Ausgleichszahlung anderweitig dem Wohnungsmarkt entzogener Wohnungen
|
|
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0 |
3 |
2 |
0 |
Die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen wird anhand der Mitteilung über die Innutzungsnahme ermittelt. Diese Mitteilung gegenüber dem Bezirksamt erfolgt jedoch nicht in jedem Einzelfall. Darüber hinaus wurden die Daten vor 2015 statistisch nicht erfasst.
Der Abriss von Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 ist genehmigungsfrei, sofern sie freistehen oder nicht direkt an Gebäude der Klassen 3 bis 5 grenzen. Der Abriss aller Gebäude wird daher statistisch nicht vollständig erfasst.
Die anderweitige Entziehung von Wohnungen aus dem Wohnungsmarkt richtet sich nach §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 HmbWoSchG. Sie erfolgt im öffentlichen Interesse oder gegen Ausgleichszahlung und wird nicht gesondert statistisch erfasst. Die Zahlen ab 2017 konnten noch aus den vorliegenden Vorgängen erstellt werden. Ältere Unterlagen liegen im Sachgebiet nicht mehr vor. Ob es in den Jahren 2015 und 2016 auch einzelne Fälle gegeben hat, könnte nur anhand der Archivakten recherchiert werden und kann in der Kürze der Zeit nicht beantwortet werden.
10. Wie viel Fläche wurde in den Jahren 2011 – 2020 jeweils neu versiegelt?
11. Wie viel Fläche wurde in den Jahren 2011 – 2020 jeweils entsiegelt?
Der BUKEA stehen zurzeit keine bezirksbezogenen Daten zur Ver- und Entsiegelung von Flächen für den gewünschten Zeitraum zur Verfügung.
Die Bodenversiegelung in Hamburg wird bisher auf Grundlage der Biotopkartierung durch die BUKEA erhoben. Die Auswertung des Versiegelungsgrades erfolgt deshalb analog zur Biotopkartierung in einem ca. fünfjährigen Rhythmus. Eine erneute Bearbeitung der Versiegelungskarte ist für das Jahr 2022 vorgesehen.
Die letzte Auswertung zur Bodenversiegelung aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass sich der Trend zur Abnahme der gering versiegelten Flächen und zur entsprechenden Zunahme der Flächen mit hohem Versiegelungsgrad weiter fortsetzt. Die versiegelte Gesamtfläche im Stadtgebiet beträgt aktuell 39 % gegenüber 36 % gemäß der Auswertung aus dem Jahr 1999.
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Anlage 1: Tabelle zu Frage 1
Anlage 2: Tabelle zu Frage 2
Anlage 3: Tabelle zu Frage 4
Anlage 4: Tabelle zu Frage 5
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