21-0096.01

Jüdischer Friedhof

Antwort

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24.10.2019
Sachverhalt

Große Anfrage der BAbg. Jacobsen, Meyns und Kubat und FDP-Fraktion

 

Der 1841 eingerichtete jüdische Friedhof in Bergedorf ist das einzige Zeugnis jüdischen Lebens im Bezirk und daher von großer kultureller Bedeutung. Das gesamte Gelände des ehemaligen Friedhofs ist daher in die Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg als Kulturdenkmal eingetragen worden. Darüber hinaus gilt hier die Erhaltungsverordnung des Baurechts, die höchste Form des Schutzes, den das Baurecht bietet. Dennoch hat das Bezirksamt das 1939 durch die Nationalsozialisten enteignete und nicht exhumierte Gelände verkauft und zeitweise hier sogar den Bau eines Heizkraftwerks vorgeschlagen. Inzwischen hat der private Eigentümer die aufstehende Baracke zu einem Bürogebäude mit Sitz für seine 16 Firmen umgebaut und hat eine  bisher an dieser Stelle nicht existierende, breite Zuwegung mit Treppenstufen  durch das Gelände graben und pflastern lassen. Die zwischen Bezirksamt und dem neuen Eigentümer vertraglich vereinbarte Gedächtnisstätte ist dagegen bisher nicht entstanden.

 

Das Bezirksamt beantwortet die Große Anfrage vom 05.09.2019 wie folgt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage ist dieser schwere Eingriff in das denkmalgeschützte und durch Baurecht geschützte Gelände erfolgt?

 

Rechtliche Grundlage für alle baulichen Maßnahmen im Bereich des jüdischen Friedhofs ist der Bebauungsplan Bergedorf 95, festgestellt am 03.11.2008.

Eine denkmalrechtliche Genehmigung des Denkmalschutzamtes liegt vor. Die jüdische Gemeinde Hamburg hat den genehmigten Maßnahmen zugestimmt.

 

 

  1. Wie sieht die Auslegung des Planrechts des Bezirksamtes aus bzw. wie lässt der vorhandene Bebauungsplan den Bau des neuen Weges im Hinblick auf § 2 Abs. 12 der Verordnung über den Bebauungsplan Bergedorf 95 und auf die Begründung zum Bebauungsplan B 95, Punkt 4.7 sowie in Bezug zu § 172 ff. BauGB zu?

 

Der Bereich des jüdischen Friedhofs ist in dem Bebauungsplan Bergedorf 95 als Private Grünfläche - jüdischer Friedhof ausgewiesen. Hierzu trifft die Verordnung in § 2 Abs.4 die folgende Regelung:

 

„Innerhalb der privaten Grünflächen sind oberirdische bauliche Anlagen unzulässig. Erschließungswege und -treppen sind zulässig. Wege sind in wasser- und luftdurchlässigem Aufbau herzustellen.“

 

Abs.12 trifft weiterhin die folgende Regelung:

 

„Die Fläche des jüdischen Friedhofs ist allseitig einzufrieden. Bauliche Anlagen, Aufhöhungen und Abgrabungen innerhalb der Friedhofsfläche sind unzulässig.“

 

Eine städtebauliche Erhaltungsverordnung existiert für dieses Grundstück nicht.

 

 

  1. Hat sich das Bezirksamt vor Erteilung der Baugenehmigung  einen eigenen Eindruck von der Situation vor Ort gemacht?

 

Nein. Da sowohl dem Denkmalschutzamt wie auch der jüdischen Gemeinde die vollständigen Unterlagen vorlagen und beide Stellen zugestimmt haben, wurde die Notwendigkeit einer vorherigen Ortsbesichtigung nicht gesehen.

Die Zustimmung der bezirklichen  politischen Gremien lag unter Berücksichtigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages ebenfalls vor.

 

Im Übrigen wurde kein Bürogebäude genehmigt. Die Flächenaufteilung der Gedächtnisstätte mit angegliederter Büronutzung wurde genauestens in dem erwähnten öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt.

 

 

  1. Wenn nein, warum ist dies bei einem derart historisch belasteten und mit größter Vorsicht und Fingerspitzengefühl zu behandelnden Grundstück nicht geschehen?

 

Siehe Antwort zur Frage 3.

 

 

  1. Weshalb hat der zuständige Mitarbeiter des Bauamtes sich lediglich auf den vom neuen Eigentümer selbst vorgelegten Plan verlassen, der einen angeblich existierenden  Weg an dieser Stelle enthielt und nicht das existierende, offizielle Planwerk zum Abgleich hinzugenommen?

 

Siehe Antwort zur Frage 3.

 

 

  1. Was gedenkt das Bezirksamt gegen diese und weitere Eingriffe in das historische Gelände zu unternehmen?

 

Das Bezirksamt handelt in Abstimmung mit der jüdischen Gemeinde nach den Regelungen des Bebauungsplans Bergedorf 95.

 

Bereits am 20.04.2007 wurde mit dem damaligen Landesrabbiner Herrn Barsilay eine Übereinkunft für einen würdevollen Umgang mit dem Jüdischen Friedhof vereinbart.

 

 

  1. Wann wird endlich die zwischen Bezirksamt und dem neuen Eigentümer vertraglich vereinbarte Gedächtnisstätte in dem zum Bürohaus genutzten Gebäude auf dem Friedhof umgesetzt und wer stellt von offizieller Seite sicher, dass der Inhalt der Ausstellung sich in würdiger und angebrachter Weise und in dem entsprechenden Umfang mit dem jüdischen Friedhof befasst? 

 

Der Eigentümer hat sich vertraglich verpflichtet für die Konzeption der Gedächtnisstätte (Ausstellung) einen anerkannten Historiker hinzuzuziehen. Die Eröffnung der Gedächtnisstätte ist zwischenzeitlich erfolgt.

 

 

  1. Inwiefern wird das Bezirksamt kurzfristig darauf einwirken, dass der sich auf dem Privatgelände befindliche Bauschutt entfernt wird und ein ordnungsgemäßer und würdiger Zustand hergestellt wird?

 

Der Bauschutt ist entfernt und ordnungsgemäß entsorgt worden. Der Eigentümer ist bereit nach Abschluss der gärtnerischen Arbeiten einen Gedenkstein/Tafel, nach Abstimmung mit der jüdischen Gemeinde und dem Denkmalschutzamt, aufzustellen.

 

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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