Ist das Wohnlagenverzeichnis ausreichend für eine angemessene Berechnung der Grundsteuer in den Vier- und Marschlanden?
Letzte Beratung: 16.10.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 6.8
Auskunftsersuchen
der BAbg. Veit, Kramer, Jarchow und SPD-Fraktion
Das Hamburger Wohnlagenverzeichnis war einer breiteren Öffentlichkeit bislang wegen seiner Funktion bei der Einstufung von Mietwohnungen in die Wohnlagenkategorien „gut“ oder „normal“ als Grundlage zur Erstellung des Hamburger Mietenspiegels bekannt.
Seit der Einführung des neuen Hamburger Grundsteuermodells erfüllt das Wohnlagenverzeichnis jedoch eine weitere Funktion, nämlich als Reduktionsfaktor für die jeweilige Grundsteuerlast: „normal“ eingestufte Lagen zahlen weniger. Die Einstufung erfolgt auf Grundlage der Kriterien Bodenrichtwert, Statusindex des Sozialmonitorings, Einwohnerdichte, Lärmbelastung durch Flug-, Schienen-, Gewerbe- und Verkehrslärm, Art der Straße (vier- und mehrspurig), Grünflächenanteil im Umkreis von 800 Metern, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr (Entfernung zur nächsten U-/S-Bahn-/AKN-Haltestelle), Entfernung zur nächsten Metrobusstation und Entfernung zum Einzelhandel (Nahversorgungsmöglichkeiten im Wohnumfeld) (vgl. Punkt 6.5 der Erläuterungen zum Mietenspiegel 2023).
Im Zuge der Diskussion über in Einzelfällen um mehr als das Fünfzigfache höhere Grundsteuersätze in der Kategorie B ist das Wohnlageverzeichnis in den Fokus gerückt. Es gibt insbesondere in Teilen der Vier- und Marschlande ohne Kanalisation, ohne nennenswerte Nahversorgung, ohne öffentliche Grünflächen und mit Nahverkehr, der nur im Stundentakt verkehrt, ein großes Unverständnis über die jeweilige Einstufung.
Wir fragen deshalb die Behörde für Finanzen und Bezirke:
1. Auf Grundlage welcher Faktoren ergeben sich die Wohnlagenkennwerte der Blockseiten im Bezirk Bergedorf? Bitte je Blockseite aufschlüsseln.
2. Das Wohnlagenverzeichnis berücksichtigt bestimmte Kriterien, die als örtlich enger begrenzte Lagekriterien gelten, nicht. Dazu zählt bspw. die Entfernung zu medizinischer (Grund-)Versorgung, zu kulturellen Angeboten, zu Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen oder der Zustand der öffentlichen Infrastruktur. Bei der Mietpreisbildung werden diese Kriterien neben der rechnerischen Wohnlageneinstufung einbezogen (vgl. BSW: „Erläuterungen zum Mietspiegel“ 2023, S. 14f). Für die Bewertung der Grundsteuer bleiben solche Kriterien jedoch gänzlich außer Acht.
Wie bewertet die zuständige Behörde diese Situation in Bezug auf das Ziel einer gerechten, dem Grundstück und seiner Lage angemessenen Belastung?
2.1 Geht die zuständige Behörde bei einer Berücksichtigung der o.g. weiteren Lagekriterien von einer Veränderung der Grundsteuerbelastung bei einem signifikanten Anteil der Steuerfälle aus?
2.2 Sind Anpassungen der Kriterien zur Erstellung des Wohnlageverzeichnisses oder andere Maßnahmen zur stärkeren Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnlage geplant?
2.3 Sind Härtefallregeln denkbar, um zur tatsächlichen Situation unpassende Einstufungen auch im Bereich der Grundsteuer zu korrigieren?
3. Es gibt politisch gewollte und z.B. in Bebauungsplänen oder durch Regelungen des BauGB und der HmbBauO vorgegebene Freiflächen, die z.B. wegen fehlender wirtschaftlicher Nutzbarkeit in Grundsteuerkategorie B fallen. Diese nehmen teils einen enormen Teil der Grundfläche ein und erhöhen die Steuerlast für einzelne Steuerfälle erheblich.
3.1 Wie werden die mit der neuen Grundsteuer verbundenen Auswirkungen auf entsprechende Steuerfälle und eine einhergehende Verschiebung von Vermögens- und Einkommensstrukturen in betroffenen Stadtteilen aus stadtsoziologischer Sicht betrachtet?
3.2 Sollen derzeit politisch gewollte aufgelockerte Bebauungen und Kulturlandschaften wie die Vier- und Marschlande trotz des erheblichen Anreizes zur vollständigen Bebauung entsprechender Flächen erhalten werden?
3.3 Wenn ja: Welche Maßnahmen sind zur Unterstützung dieses Erhalts denkbar?
3.4 Wenn nein: Ist geplant, die betroffenen Bezirke mit weiteren Mitteln zur Aufstellung flächendeckender Bauleitplanungen und Bebauungsplänen auszustatten?
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