Alternative Wärmeerzeugung in Boberg
Letzte Beratung: 30.03.2023 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 4.1
Kleine Anfrage der BAbg. Emrich, Froh, Zaum, Wegner und der CDU-Fraktion
Die Gebäude in Boberg im Geltungsbereich des Bebauungsplans Lohbrügge 97 werden durch Fernwärme beheizt. Dies ist im B-Plan geregelt und unter §2 Nr. 13 planungsrechtlich festgesetzt. Die Wärme wird durch ein Blockheizkraftwerk erzeugt, dass unseres Wissens nach zu etwa 80% mit Erdgas betrieben wird.
Die Festsetzungen des B-Plans in Bezug auf den Anschlusszwang haben den Hintergrund, dass dadurch eine wirtschaftliche und ressourcenschonende Wärmeversorgung sichergestellt werden sollte. Durch kürzliche Preiserhöhungen des Betreibers beträgt der Wärmepreis für den Endkunden mittlerweile 23,7 ct / kW. Die Betroffenen haben mit der Monopolstellung des Fernwärmebetreibers und dem Ausschluss alternativer Wärmequellen keinerlei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Jedweder Wettbewerb ist faktisch ausgeschlossen.
Was 1999 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-Plans mit den Regelungen zur Fernwärme sinnvoll war, muss neu überdacht werden. Dezentrale, regenerative Energiequellen sind nötig zur Energiewende und können zu einer Dämpfung der Energiekosten für die Betroffenen führen.
Das Bezirksamt beantwortet die Kleine Anfrage vom 08.02.2023 wie folgt:
Vorbemerkung
Das Bezirksamt geht davon aus, dass sich die Kleine Anfrage auf den Bebauungsplan Lohbrügge 87 und nur auf § 2 Nummer 13 Satz 1 bezieht.
§ 2 Nummmer 13 regelt:
„Die Neubebauung ist an ein Blockheizkraftwerk-Fernwärmenetz anzuschließen. In Bereichen, in denen ein Wärmeversorgungsnetz nicht besteht, sind Feuerstätten für leichtes Heizöl und gasförmige Brennstoffe sowie Sonnenenergie oder Wärmerückgewinnungsanlagen zulässig.“
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
Rechtlich obsolet wäre die Festsetzung, wenn a) eine entgegenstehende Gesetzgebung bestünde, die auch rückwirkend auf bestehende Bebauungspläne anzuwenden ist, b) Klagen gegen den Anschlusszwang erfolgreich waren oder c) wenn die Festsetzung funktionslos geworden wäre. Dass die Voraussetzungen a) oder b) erfüllt wären, ist dem Bezirksamt nicht bekannt. Zu c) sei darauf hingewiesen, dass die Festsetzung nicht funktionslos ist, da sie weiterhin angewendet werden kann; insbesonsdere besteht weiterhin die technische Möglichkeit, Anschlüsse an ein Fernwärmenetz herzustellen.
Vgl. Antwort zu der weitergehenden Frage 3.
Die Regelung bezieht sich nur auf eine Wärmeversorgung der Neubebauung mit einem Blockheizkraftwerk-Fernwärmenetz. Zusätzliche Wärmequellen sind nicht explizit ausgeschlossen, dürften aber dem Sinn der Vorschrift widersprechen, eine solche Wärmeversorgung zu etablieren und könnten in Bezug auf Gas-/ Ölheizungen, Kamine, Öfen etc. ökonomisch und ökologisch fragwürdig sein. Siehe auch Antworten zu Frage 7 und 10.
Die Regelungen des Bebauungsplans betreffen nicht die Zulässigkeit dieser Anlagen.
Nur die Neubebauung ist an das Fernwärmenetz anzuschließen, soweit ein solches Wärmenetz vorhanden ist.
Ja.
Wenn ja, welche Ausnahmen bzw. Befreiungen wurden bezüglich der Regelungen nach §2 Nr. 13 im Gebiet bereits genehmigt?
Gemäß § 31 Absatz 2 BauGB wäre zu prüfen, ob die Grundzüge der Planung berührt sind. § 2 Nummer 13 Satz 1 der Verordnung über den Bebauungsplan stellt einen Grundzug der Planung dar, weil sie die grundlegende bzw. übergeordnete Wärmeversorgung regelt und für die gesamte Neubebauung ein Blockheizkraft mit Leitungsnetz zur Folge hatte. Ausführungen zu § 31 Abs. 3 BauGB greifen nur, sofern es sich um Neubauvorhaben durch die neue WE geschaffen werden handelt. Auf bestehende Wohnungen ist § 31 Abs. 3 BauGB nicht anwendbar.
Bei einer Befreiung gemäß § 31 Absatz 3 BauGB wäre jedoch für Wohnungsbauvorhaben nicht zu prüfen, ob die Grundzüge der Planung berührt sind. Allerdings wäre mit Beteiligung der Fachbehörde u.a. zu prüfen, ob die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Zu den öffentlichen Belangen zählen z.B. ökologische und städtebauliche Gesichtspunkte. Des Weiteren wäre der Betreiber vom Blockheizkraft bzw. vom Leitungsnetz zu beteiligen um zu prüfen, ob bzw. inwiefern dessen nachbarliche Belange berührt sind.
Zurzeit müssen Wärme-Pumpen den nachbarrechtlich geschützten Mindestabstand von 2,50 m zur Grundstücksgrenze einhalten.
Die Muster Bauordnung (MBO) sieht vor, dass Wärmepumpen auch an der Grundstücksgrenze privilegiert sind (Höhe bis zu 2 m, max. Länge 3 m). Immissionsschutzrechtliche Belange bleiben davon unberührt. Eine Umsetzung dieser Regelung in Hamburger Landesrecht hat der Gesetzgeber noch nicht beschlossen.
Eine Wärmepumpe ist zurzeit im Mindestabstandsbereich nicht zulässig. In diesem Fall muss der Bauherr eine Nachbarzustimmung für die Unterschreitung der Abstandsfläche einholen.
c. Inwiefern spielen Schallemissionsgrenzwerte bei den Abstandsflächen eine Rolle?
Wärmepumpen erzeugen Betriebsgeräusche, wodurch dem Nachbarschutz eine besondere Bedeutung zukommt. Es geht hier um Immissionsschutzrechtliche Betreiberpflichten
nach § 22 Abs. 1 BImSchG. Je nach Baugebiet sind die Werte der TA-Lärm für die Beurteilung der Zulässigkeit von Anlagen notwendig, von denen Geräusche ausgehen.
Insbesondere zu beachten sind hierbei schützenswerte Wohnräume wie z.B. Schlafzimmer der eigenen Bebauung, ebenso wie die der Nachbarbebauung.
Die Dauer von Bebauungsplanverfahren kann nicht prognostiziert werden, da sie nicht nur ein technisches und rechtliches Verfahren darstellt, sondern auch ein Verfahren ist mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der politischen Gremien. Darüber hinaus ist die Dauer abhängig von der Personalausstattung, der Verfügbarkeit von Fachgutachtern sowie der Prioritäten.
10. Wie bewertet das Bezirksamt den Ansatz, den Bebauungsplan zwecks Zulässigkeit für alternative Wärmeversorgungsmöglichkeiten zu ändern?
Hierfür bedarf es einer Voruntersuchung um zu klären, welche Regelungen sinnvoll sind und welche Vor- und Nachteile eine Änderung hat. Gemäß dem Hamburgischen Klimaschutzgesetz wäre hierfür ein Energiefachplan zu erarbeiten, der unter wirtschaftlichen Aspekten auch das bestehende BHKW und das Leitungsnetz zu berücksichtigen hätte.
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