Zukunftsfähige Wirtschaftsförderung für Altonas Quartierszentren Dringlicher Antrag der Fraktion Grüne (NEUFASSUNG)
Letzte Beratung: 30.05.2024 Bezirksversammlung Ö 9.7
Zusammenzentren
Quartierszentren sind wertvolle Orte in unseren Stadtteilen, die wir erhalten und fördern wollen. Hier treffen sich Nachbar*innen auf einen Plausch beim Einkaufen, Geschäftsleute tauschen sich beim Kaffee aus oder Initiativen planen Projekte, vielleicht soll ein Straßenfest stattfinden, eine Sharing Station für ein Lastenrad gemeinschaftlich in der Nachbarschaft entstehen oder eine Bepflanzungsaktion stattfinden. Diese Ideen werden gern in Gemeinschaftsräumen oder der Gastronomie im Quartierszentrum diskutiert.
Schaufensterstaunen
Kinder und Jugendliche schauen nach der Schule beim Spielwarengeschäft oder beim Bäcker vorbei. Quartierszentren sind der Ort für den Austausch, die Gemeinschaft und ein großer Teil der Identifikation mit dem Stadtteil. Wir wollen Vielfalt in den Zentren fördern. Das kann Einzelhandel sein, aber auch kulturelle Angebote oder Bildungsräume.
In den Dorfkernen gab es früher kleine Handwerksbetriebe, bspw. den Dorfschmied. Heute wären dies Galerien, Tischlereien oder Reparaturläden. Das Schaufenster zum Handwerk ist ein (Messe-) Konzept um Nachwuchs zu aktivieren.
Struktur im Wandel
Nach dem Lockdown des Einzelhandels und der Gastronomie durch die Eindämmungsmaßnahmen der Coronapandemie war uns schnell klar: Der Strukturwandel wird beschleunigt, da die Menschen zu Hause geblieben sind und noch mehr online bestellt haben als zuvor. Seit der Pandemie hat die Lebensmittelindustrie und der Versandhandel an Umsatz und Gewinn deutlich zugelegt.
Warenhäuser haben weiter an Substanz verloren. Der eigentlich stabile Einzelhandel hat durch die Eindämmungsmaßnahmen an Resilienz verloren. Der Angriffskrieg von Putins Russland führte zu einem Energiepreisschock, den wir mittlerweile einigermassen überstanden haben. Auch dieses Ereignis nagte an der Substanz des Einzelhandels, kleiner Kulturbetriebe und der Gastronomie. Die in den vergangenen Jahren immer weiter steigenden Gewerbemieten haben ebenso zum Resilienzverlust beigetragen. Sie sind ein Hauptgrund für aktuell wieder auftretenden Leerstand in den Quartierszentren. Letztendlich schwächen sie auch die Löhne und Kaufkraft der Angestellten.
Wir haben aus Altona heraus im Bündnis mit einigen Interessengemeinschaften und den Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft empfohlen, einen Fonds zur Sichtbarmachung des Einzelhandels nach den Lockdownphasen in der Pandemie einzurichten und ein Programm zur Förderung von Zwischennutzungen bei Leerständen aufzulegen.
Da dieser Bedarf in der ganzen Stadt vorhanden war, legte der Senat den Neustartfonds City und Zentren, sowie das Programm Frei_Fläche stadtweit auf.
Erfolgreich mit dem Onlinehandel umgehen
Der Neustartfonds regte Aktionen, Stadtmöblierung, Beleuchtung, Bewerbung und Bepflanzungen zur Sichtbarkeit und Attraktivitätssteigerung der öffentlichen Räume und der Geschäfte an und finanzierte sie über Anträge der Interessengemeinschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder ähnlichen Zusammenschlüssen. Das Programm war ein Erfolg, wie die Zahlen belegen:
Für die Sichtbarmachung des Altonaer Einzelhandels wurden 2021 und 2022 aus dem Neustartfonds rund 300.000 EUR bspw. für Laternenumzug, Weihnachtsmärkte, Werbemaßnahmen offline und online, digitale Schnitzeljagd, Bepflanzungen, Aufwertung von Aufenthaltsqualität und eine digitale Schnitzeljagt abgerufen.
Der lokale Einzelhandel braucht Ideen, um den Onlinehaldel für sich zu nutzen und Kund*innen in die Standorte einzuladen. Dabei wären Ansätze zur Kooperation des Onlinehandels mit den Ladengeschäften zu verfolgen. Hier ist das Engagement der Einzelhandelsinteressengemeinschaften entscheidend.
Kreative Flächen
Das Programm Frei_Fläche bringt Kreativschaffende und Vermietende zusammen und fördert über eine Teilfinanzierung der Miete für einen begrenzten Zeitraum die kreative Zwischennutzung von Leerständen. Bekanntestes Beispiel ist der Jupiter aber auch in Altona gab es 5 Projekte.
Die größte Konkurrenz für die Vermietenden stellt der Online Handel dar. Denn wenn dem Strukturwandel nicht mit attraktiven Räumen begegnet werden kann, bleiben die Kund*innen aus. Da der Einzelhandel an sich generell durchschnittlich stabil insbesondere zu den Großwarenhäusern dasteht, ist hier geboten, weiter in die Zentren zu investieren um die Stabilität zu erhalten und regionale, strukturelle Defizite in Vierteln mit Menschen, die weniger Kaufkraft haben, auszugleichen.
Zukunftsfonds City und Zentren
Eine Weiterentwicklung des Neustartfonds zu einem bezirklichen Strukturerhaltungsfonds City und Zentren kann ein nächster Schritt sein, um stetig die Attraktivität und Strahlkraft der Quartierszentren zu fördern.
Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Green Deal das Programm "New European Bauhaus" (NEB) aufgelegt. Hier sollen unter den Leitbegriffen beautiful sustainable together (schön nachhaltig zusammen) Projekte gefördert werden, die einen längerfristigen Mehrwert erzeugen und mit denen bspw. Quartierszentren deutlich attraktiver und ansprechender gestaltet werden können. Dabei ist im Programm auch die Einbindung aller Stakeholder, Nutzende (Konsument*innen) und Bürger*innen (Nachbar*innen) vorgesehen.
Mit Durchführung von Beteiligungsmodellen zur Einbringung von Ideen kann Hamburg das Programm als 50% Kofinanzierung nutzen. Anträge von Interessengemeinschaften oder Vereinen, die Quartiersentwicklung betreiben, wie bspw. Unternehmer ohne Grenzen, können aus freiwillig beigetragenen Mitteln der Vermietenden des lokalen Einzelhandels und den Mitteln aus dem NEB oder anderen Bundes- wie auch EU Programmen zur Regionalförderung finanziert werden.
Flexibles Quartiersmenagement
Die Forderung nach einem bezirklichen Quartiersmanagement konnte bislang nicht umgesetzt werden. Hier böte sich auch in Altona die Chance vor dem Hintergrund früherer Erfahrungen mit zum Teil konkurrierenden Zentren an, ein zusammengefasstes Management benachbarter Quartierszentren zu etablieren. Das Management wird mit der Kreativgesellschaft und dem zu verstetigenden Programm Frei_Fläche oder einer Folgevermittlungsgesellschaft im ständigen Austausch sein und durch die Kenntnisse vor Ort Verhandlungen mit Vermietenden und Verwaltungen einleiten.
Baumaßnahmen in den Zentren und in ihrem Umfeld haben sich immer wieder als notwendig herausgestellt, um die Attraktivität der Standorte zu sichern und zu verbessern. Die Hamburger Stiftung Baukultur (HSBK) legt ebenso großen Wert auf die Erhaltung der Quartierszentren und sieht den notwendigen Umbau in autoarme Quartiere als umsatzsteigernd und notwendig an, um öffentliche Orte attraktiv zu halten.
Verschlafenes rächt sich und trifft die Falschen
Weitere notwendige Baustellen werden im Rahmen der Wärme- und Energiewende, Kanalarbeiten, Straßenbelagserneuerungen sowie im Rahmen des Stadtumbaus zur Schaffung resilienter Quartiere gegen Extremwetterereignisse, wie Starkregen oder Hitzeperioden, durch Schaffung von blaugrüner Infrastruktur nötig werden. Viele dieser Maßnahmen sind in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden, so dass diese nun gehäuft anfallen können. Die Sichtbarkeit von Flächen und Angeboten neben Baustellen sollte dabei durch verschiedene Maßnahmen gefördert werden.
Umverteilung
Die Vermietenden sollen motiviert werden, in einen Fonds einzuzahlen, um die Attraktivität der Zentren zu steigern. Bspw. könnte die Stadt diese Einzahlungen verdoppeln, äquivalent zu Sanierungsmaßnahmen, um so für zusätzliches Budget zur Erhaltung und Attraktivitätsteigerung der Quartierszentren zu sorgen.
Vor dem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:
Gemäß § 27 BezVG werden die zuständigen Fachbehörden gebeten, die obigen und folgenden Anregungen in die Konzepte entsprechender Programme aufzunehmen, zu finanzieren und der bezirklichen Wirtschaftsförderung Altona zur Verfügung zu stellen.
Weiterhin wird die Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI) federführend gemäß § 27 BezVG sowie das Bezirksamt in seinem Zuständigkeitsbereich gemäß § 19 BezVG gebeten, in Kooperation mit den anderen Hamburger Bezirken und den zuständigen Fachbehörden, wie der Behörde für Stadtentwicklung (BSW) und der Finanzbehörde (FB),
Dem Ausschuss für regionale Stadtteilentwicklung und Wirtschaft ist in der neuen Wahlperiode zu berichten.
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Die Bezirksversammlung wird um Zustimmung gebeten.
Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Drs. 22-14492
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