Mobilitätswende über die Landesgrenze hinausdenken Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 27.04.2023
Die Bezirksversammlung Altona hat in ihrer Sitzung vom 27.04.2023 anliegende Drucksache 21-3992B beschlossen.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) hat mit Schreiben vom 21.06.2023 wie folgt Stellung genommen:
Zu 1:
Seit der Pandemie wirken nach wie vor unterschiedliche, größere Veränderungen auf die Verkehrsnachfrage und das wirtschaftliche Umfeld. Dazu zählen die wegen des Ukraine-Krieges veränderten Energie – und Verbraucherpreise sowie die Einführung neuer ÖPNV-Ticketangebote mit erheblichen Preissenkungen. Die seit der Pandemie erhobenen Daten zur Verkehrsnachfrage sind, genau wie aktuell zu erhebenden Daten, mit größeren Unsicherheiten behaftet. Angesichts der drängenden Probleme des Klimawandels ist jedoch ein Abwarten auf einen wieder ‚normalisierten‘ Zustand keine Option.
Für Planungsvorhaben wie die Überprüfung eines Hochleistungsbussystems auf der Magistrale Luruper Hauptstraße, Luruper Chaussee, Bahrenfelder Chaussee und Stresemannstraße, aber auch für Gebietsentwicklungen wie die Science City wird das gesamtstädtische Verkehrsmodell verwendet. Verkehrsmodelle dienen u.a. der Bewertung bzw. Wirkungsbetrachtung von infrastrukturellen, aber auch strukturellen Maßnahmen.
Das gesamtstädtische Verkehrsmodell ist ein synthetisches Verkehrsnachfragemodell, welches den Verkehr durch Strukturdaten (Einwohner:innen, Beschäftigte, Schulen, Kitas, usw.) erzeugt und aufgrund von Verhaltensdaten auf die unterschiedlichen Verkehrsarten und Zielorte verteilt. Die Kalibrierung erfolgt anhand von Zähldaten. Dabei wird ein Analysejahr gewählt in dem die Datengrundlage möglichst gut und vollständig ist. Eine Fortschreibung dieser Modelle, ist wesentlich von der zur Verfügung stehenden Datengrundlage abhängig. Aktuell liegt für das Verkehrsmodell die Analyse 2018 vor. Aufbauend auf der Analyse folgt die Prognose. Im Fall des gesamtstädtischen Verkehrsmodells ist dies die Prognose 2030. Hier werden neben Strukturveränderungen auch ein verändertes Infrastrukturangebot untersucht.
Grundlage für die Wirkungsbetrachtungen für das Hochleistungsbussystem sind, weil für dieses Jahr umfangreiche und plausible Daten vorliegen, das Analysejahr 2018 und die Prognose 2030, die Maßnahmen aus der Verkehrsentwicklungsplanung enthält. Die Maßnahmen führen zu einem geringeren Modal Split (Anteil an Wegen) des Motorisierten Individualverkehrs.
Da Hamburg Quelle und Ziel für Pendler ist, wird in dem gesamtstädtischen Verkehrsmodell die gesamte Metropolregion und deren verkehrlichen Verflechtungen dargestellt.
Neben der Anwendung des Verkehrsmodells, werden auch aktuelle Entwicklungen in die grundsätzliche Bewertung des BHNS einbezogen. So fließt zum Beispiel die Verkehrsentwicklung an den Pegeln in die Bewertung ein.
Eine über das Beschriebene hinausgehende Erhebung von aktuellen Verkehrsdaten wird aufgrund des oben beschriebenen Vorgehens als nicht notwendig erachtet.
Zu 2.a:
Die Förderfonds der Metropolregion Hamburg fördern seit Jahrzehnten Park+Ride- und Bike-Ride-Anlagen sowie den Austausch der Akteure zu diesem Thema, um den Nahverkehr zu stärken und die Stadtzentren zu entlasten In Schleswig-Holstein erfolgt ergänzend zur Förderung durch die LVS eine Förderung von P+R- und B+R-Anlagen durch den Förderfonds Hamburg/Schleswig-Holstein der MRH. In den vergangenen Jahren sind beispielsweise P+R- bzw. B+R-Anlagen in Pinneberg, Elmshorn und Tornesch gefördert worden
Zu 2.b:
Zunächst sei angemerkt, dass Angebotsplanungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im Gebiet der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) bereits heute über Landesgrenzen hinausgedacht werden. Die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und den Umlandsaufgabenträgern zeichnet sich durch ein enges und konstruktives Verhältnis aus.
Im Rahmen des kürzlich verabschiedeten ersten gemeinsamen Nahverkehrsplans der an Hamburg grenzenden schleswig-holsteinischen Kreise Pinneberg, Segeberg, Ratzeburg und Herzogtum Lauenburg wird das Angebot des ÖPNV in diesen in einem nie dagewesenen Tempo und Umfang weiterentwickelt. Dazu zählen z.B. erstmalige Erschließung des Luruper Wegs zwischen Schenefeld und Halstenbek oder des Pinneberger Ortsteils Eggerstedt. Ebenso werden Fahrtenangebot und Takte sukzessive an die für vergleichbare Räume in Hamburg geltenden Angebotsstandards angenähert (z.B. erweiterter 10-Minuten-Takt der S3 ab/bis Pinneberg, Einführung/Erweiterung des durchgehenden Angebots in Wochenendnächten u.a.).
Eine Expressbuslinie aus Schenefeld nach Pinneberg ist darin nicht enthalten und wäre somit erst im Rahmen der nächsten Nahverkehrsplanperiode ab 2030 zu prüfen.
Auch die Planungen für ein Bussystem hoher Qualität und Leistungsfähigkeit enden nicht an der Landesgrenze, sondern die Stadt Schenefeld beabsichtigt, dies auf ihrem Stadtgebiet nahtlos weiterzuführen.
Die Stadt Pinneberg ist mit der S-Bahn sowie mit den Zügen des Regionalverkehrs aus weiten Teilen Hamburgs schnell zu erreichen. Die dabei erzielten Reisezeiten liegen in den meisten Fällen unter jenen, die mit einer Buslinie über Schenefeld erzielt werden können. Die vorgeschlagene Verlängerung der bereits langen Expressbuslinien aus der Hamburger Innenstadt über Schenefeld hinaus scheint daher nicht zielführend.
P+R-Angebote sind an allen S-Bahnhöfen im Kreis Pinneberg vorhanden. Für die Stadt Schenefeld als Endpunkt der vorgesehenen, leistungsfähigen ÖPNV-Achse aus Lurup, ist eine Prüfung vorgesehen.
Die L103 (‚Landstraße Schenefeld – Elmshorn‘) ist bis heute unvollendet. Ein Weiterbau ist aufgrund ihrer begrenzten verkehrlichen Bedeutung nicht vorgesehen. Ihre Bedeutung beschränkt sich insbesondere auf die westlichen und südlichen Stadtteile Pinnebergs. Daraus resultiert nur ein begrenztes Potenzial für Fahrten in die Stadtteile Lurup und Bahrenfeld, welche keine eigenständigen Angebote im ÖPNV ermöglichen. Zunächst liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau der hier bereits verkehrenden Stadtbuslinie 285.
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Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.