Grippeimpfung für Obdachlose Mitteilungsdrucksache zum Beschluss des Hauptausschusses vom 26.11.2020
Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona hat in seiner Sitzung vom 26.11.2020 stellvertretend für die Bezirksversammlung anliegende Drucksache 21-1422 beschlossen.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) hat hierzu mit Schreiben vom 11.01.2021 wie folgt Stellung genommen:
Die spezifischen gesundheitlichen Bedarfe und Bedürfnisse obdachloser Menschen nehmen einen wichtigen Stellenwert im sozialen Hilfesystem der Stadt Hamburg ein. Für diese oftmals besonders vulnerable Zielgruppe werden eigens differenzierte Angebote vorgehalten, die beispielsweise multiple Problemlagen berücksichtigen oder den Zugang zu medizinischer Hilfe bestmöglich barrierefrei gestalten, wenn etwa den Betroffenen die Inanspruchnahme der Leistungen aus dem Regelsystem nicht möglich ist.
Die drei Hamburger Schwerpunktpraxen für Wohnungslose bieten im Rahmen ihres breiten Angebots an niedrigschwelligen Gesundheitshilfen auch regelhaft Grippeschutzimpfungen für obdachlose Menschen mit Anspruch auf medizinische Betreuung an. Als fester Bestandteil der Patientenansprache erfolgt hierbei zunächst stets auch eine Klärung im Hinblick auf den jeweiligen Krankenversicherungsstatus. Für Nichtversicherte bzw. Nichtleistungsberechtigte wird die diesbezügliche Versorgung durch die Schwerpunktpraxen abseits der öffentlichen Förderung über trägereigene Spendenmittel finanziert. Die Einrichtungen sind von den Tagesaufenthaltsstätten, den Standorten des Notunterbringungs- und Versorgungsprogramms sowie des Winternotprogramms aus gut erreichbar und stellen zielgruppenspezifische und das medizinische Regelsystem sinnvoll ergänzende Angebote dar, mit besonders niedrigen Zugangsbarrieren. Der entsprechende Impfstoff ist grundsätzlich als Teil des Sprechstundenbedarfs vorrätig bzw. kann jederzeit über das Amt Gesundheit der Sozialbehörde auf Anfrage problemlos und in auskömmlichen Mengen bezogen werden.
Eine Impfung „dort […], wo Obdachlose sich aufhalten“, wie im Beschluss gefordert, ist im Rahmen dieses regelhaften Angebots niedrigschwellig und sachgemäß durchführbar und daher bereits etablierte Praxis. Aufsuchende Impfungen außerhalb von Einrichtungen, etwa unmittelbar „auf der Straße“, sind aus Sicht der Sozialbehörde nur eingeschränkt geeignet. Mobile Gesundheitsangebote können häufig vor Ort keine hinreichenden Kühlmöglichkeiten für den Impfstoff gewährleisten. Das Krankenmobil der Caritas Hamburg beispielsweise verweist bei entsprechendem Bedarf an die Schwerpunktpraxis Norderstraße.
Ferner bietet eine aufsuchende Impfung im öffentlichen Raum keine geeigneten Bedingungen für eine angemessene Aufklärung und Anamneseerhebung. Die notwendige Privatsphäre für das vertrauliche Gespräch zwischen medizinischem Personal und Patientinnen und Patienten ist stark eingeschränkt bzw. situationsabhängig nicht gegeben. Auch die besonderen Hygieneauflagen, denen ein solches medizinisches Angebot unterliegt, sind unter diesen Umständen nicht oder nur schwer zu erfüllen.
Vorrangiges Ziel des sozialen Hilfesystems für wohnungs- bzw. obdachlose Menschen in Hamburg ist es, Hilfebedürftige in die Regelangebote sowie in die Gesellschaft insgesamt zu integrieren. Schwerpunktpraxen bieten vor diesem Hintergrund nicht nur eigene niedrigschwellige Gesundheitshilfen, sondern können darüber hinaus durch Vermittlung in weiterreichende Angebote auch als wertvolles Bindeglied zum Regelsystem fungieren.
Dieser Ansatz wird seitens der Sozialbehörde kontinuierlich konzeptionell weiterentwickelt und im Falle sich verändernder oder neuer Bedarfe regelmäßig angepasst bzw. ausdifferenziert. Hierbei fließen u.a. auch entsprechende fachliche Expertisen und Rückmeldungen der freien Träger, freiwillig engagierter Bürgerinnen und Bürger sowie von Wissenschaft und Politik in die Überlegungen mit ein. Vor diesem Hintergrund bedarf es der seitens der Bezirksversammlung Altona beschlossenen zusätzlichen konzeptionellen Neuangänge in Bezug auf diese Thematik jedenfalls im Augenblick aus Sicht der Sozialbehörde nicht.